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Freitag, den 30. Januar 2009

"Wir sind das Volk!" - Montagsgespräch in der "Runden Ecke"

Kategorie: Pressemitteilung

Am 2. Februar 2009 bei der Gesprächsreihe zu Gast: Jochen Läßig, Leipziger Bürgerrechtler und Organisator des Straßenmusikfestivals am 10. Juni 1989

„Noch im Herbst 1989 glaubte ich wie viele Mitstreiter aus der Bürgerrechtsbewegung, dass die DDR reformierbar sei. Diese Vorstellung zerbrach allerdings sehr schnell“, antwortet Läßig auf die häufig gestellte Frage, ob denn die DDR reformierbar gewesen sei. „Die DDR war 1989 schlicht Bankrott, moralisch und wirtschaftlich.“ Der Leipziger Bürgerrechtler Jochen Läßig arbeitet heute als Rechtsanwalt in Leipzig. Im Juni 1989 organisierte er ein Straßenmusikfestival, das trotz Verbot in der Leipziger Innenstadt statt fand und zahlreiche Künstler aus der ganzen DDR anzog. Dies war eine wichtige Station auf dem Weg zur Friedlichen Revolution. Die Verhaftung der Musiker löste bei vielen Leipzigern kritische Diskussionen aus und führte im August sogar zu einer öffentlichen Veranstaltung im Gewandhaus mit Kurt Masur.

Geboren 1961 in Bockau (Erzgebirge), legte Jochen Läßig 1980 sein Abitur ab und ging nach seinem Grundwehrdienst verschiedenen Beschäftigungen nach, bis er 1983 in Halle ein Theologiestudium aufnahm. Er arbeitete in kirchlichen Friedensgruppen und wurde daraufhin 1985 exmatrikuliert. Nach drei Jahren nahm Läßig sein Studium an der kirchlichen Hochschule in Leipzig wieder auf, verlor aber nach Konflikten mit der Kirchenleitung sein Stipendium. Seinen Unterhalt verdiente er sich nun unter anderem als Straßenmusiker. Er gründete den „Arbeitskreis Gerechtigkeit“ mit und arbeitete später in der „Initiativgruppe Leben“, die beide auch die Friedensgebete in der Nikolaikirche gestalteten. Als dies im Herbst 1988 nicht mehr eigenverantwortlich möglich war, eskalierte der Konflikt mit der Kirchenleitung, an dem Läßig auch aktiv beteiligt war. Ein Teil der Oppositionsgruppen nutzen nun den Platz vor der Nikolaikirche als politische Bühne. Im Januar 1989 war Jochen Läßig wegen der Beteiligung an einer Flugblattaktion mehrere Tage in Stasi-Untersuchungshaft. Im Herbst 1989 gründete er das Neue Forum mit und war einer seiner Sprecher sowie Geschäftsführer des Leipziger Büros. Ein Jahr später wurde er als Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in die Leipziger Stadtverordnetenversammlung gewählt. Bis 1991 war er auch als Bundessprecher im Neuen Forum tätig. 1995 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen, 1998 erwarb er die Zulassung als Rechtsanwalt und arbeitet bis heute in einer Steuer- und Rechtsanwaltskanzlei.

 

An jedem ersten Montag im Monat lädt das Bürgerkomitee einen Protagonisten der Ereignisse von 1989/90 ein

20 Jahre nach der Friedlichen Revolution laden das Bürgerkomitee Leipzig e.V. und das Historische Seminar der Universität Leipzig (Prof. Günther Heydemann) zu einer Gesprächsreihe mit Zeitzeugen ein. Im Mittelpunkt der „Montagsgespräche“, die jeweils um 19.00 Uhr beginnen, stehen Einzelpersonen, die sich in besonderer Weise an der Friedlichen Revolution beteiligten, einen gleichermaßen außergewöhnlichen wie auch exemplarischen Lebensweg hatten und haben und nicht zuletzt mit Leipzig verbunden sind.

 

Das Besondere der Reihe ist, dass die eingeladenen Persönlichkeiten die Möglichkeit bekommen, ausführlich und gründlich über ihr Leben vor der Friedlichen Revolution und ihre Teilnahme an derselben zu berichten. Ebenfalls thematisiert werden soll die jeweilige Biografie in den zurückliegenden fast 20 Jahren seit 1989. Die Moderatoren Reinhard Bohse und Tobias Hollitzer lassen die Gesprächspartner erzählen. So soll jeweils ein Resümee der Vorgänge vor und nach 1989 gezogen werden, verknüpft mit der Beurteilung der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung bis heute. Aus dem Zusammenhang wird deutlich werden, wie außerordentlich verschieden die Protagonisten der Friedlichen Revolution und ihre Motive waren, und wie unterschiedlich bis heute ihre Resümees ausfallen. Im Mittelpunkt des Gesprächs steht also die Person, nicht ein bestimmtes historisches Ereignis.

 

Weitere Gäste der Montagsgespräche werden unter anderem sein: Edgar Dusdal (6. April), Cornelia Matzke (4. Mai), Christoph Wonneberger (1. Juni), Bernd-Lutz Lange (6. Juli), Gunter Weißgerber (3. August) und Walter-Christian Steinbach (7. September)

 

Die Reihe findet jeden ersten Montag im Monat im ehemaligen Stasi-Kinosaal um 19 Uhr im Museum in der „Runden Ecke“ statt.
Der Eintritt ist frei.