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Dienstag, den 02. Dezember 2003

"Zwölf heißt: Ich liebe dich" - Podiumsgespräch in der "Runden Ecke" in Deutschland

Kategorie: Pressemitteilung
Von: Bürgerkomitee Leipzig e.V.

Bürgerkomitee lädt zu Gespräch über die Geschichte einer Dissidentin und ihres Vernehmers ein

"Ungesetzliche Verbindungsaufnahme zu einer feindlichen Organisation im kapitalistischen Ausland" - so lautete der Vorwurf, wegen dem Regina Kaiser Im April 1981 festgenommen wurde. Die damals 31-jährige kam in die MfS-Untersuchungs-haftanstalt Berlin-Hohenschönhausen. Ihr dortiger Vernehmer war der 26-jährige Uwe Karlstedt, der noch am Beginn seiner Laufbahn beim Ministerium für Staatssicherheit stand. Schon nach kurzer Zeit verliebten sich die beiden ineinander.

Am 4. Dezember 2003, dem 14. Jahrestag der Besetzung der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit, sind Regina Kaiser und Uwe Karlstedt in der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" zu Gast, um mit dem Publikum über ihre Lebensgeschichte zu diskutieren. Seit mehreren Jahren ist diese Geschichte eine gemeinsame. Im Sommer 1981 war Regina Kaiser von Hohenschönhausen

in die Frauen-Strafvollzugsanstalt Hoheneck verlegt und 1984 von der Bundesrepublik freigekauft worden. Nachdem sie 16 Jahre keinen Kontakt zu ihm gehabt hatte, spürte sie ihren früheren Vernehmer 1997 wieder auf. Die Staatssicherheit war längst aufgelöst, Deutschland wiedervereinigt worden. Die Liebe von Regina Kaiser und Uwe Karlstedt aber hatte offenbar die Jahre überdauert.

Heute leben die beiden zusammen und haben ein Buch geschrieben, in dem sie sich klar zu werden versuchen, wie sie sich einst als Feinde gegenüberstehen und doch ineinander verlieben konnten.

Kritische Fragen zum Umgang mit Betroffenen und Repräsentanten der SED-Diktatur

Besonderes Augenmerk soll während des Podiumsgesprächs der Frage gelten, wie sich Regina Kaiser und Uwe Karlstedt mit ihrer so unterschiedlichen Vergangenheit auseinandersetzen und mit den ideologischen Gegensätzen, die früher ihr Leben prägten, umgehen. Die Geschichte des Paares ist ein wohl einmaliges und geradezu extremes Beispiel für den Prozess der persönlichen Aufarbeitung von Diktaturerfahrungen und den Umgang von "Tätern" und Betroffenen miteinander. Uwe Karlstedt gehört dabei zu den wenigen ehemaligen MfS-Angehörigen, die ihre frühere Tätigkeit bewusst und kritisch reflektieren.

Anlässlich des Jahrestages der Stasi-Besetzung hat das Bürgerkomitee zwei Menschen eingeladen, deren Lebenswege sich ohne das Ende der DDR und die Auflösung der Staatssicherheit wohl nie wieder gekreuzt hätten. Erst mit dem Sturz der SED-Diktatur standen sich Regina Kaiser und Uwe Karlstedt plötzlich nicht mehr als Gegner und Vertreter des kommunistischen Systems gegenüber, sondern konnten gemeinsam beginnen, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten.

Die Veranstaltung soll das diktatorische System der DDR nicht beschönigen, sondern auch kritische Fragen an die beiden Autoren zulassen. Zu Beginn der Veranstaltung zeigt das Bürgerkomitee daher Ausschnitte aus Dokumentarfilmen, die ein Bild vom tausendfach erlebten, für die meisten Insassen unerträglichen Haftalltag in den Gefängnissen des Ministeriums für Staatssicherheit zeichnen. Den Abend moderiert Johannes Beleites, der ausführlich zur MfS-Untersuchungshaft geforscht und publiziert hat.

Die Veranstaltung beginnt 19.00 Uhr im ehemaligen Stasi-Kinosaal.