Sie sind hier: Runde-Ecke-Leipzig.de / Presse

einzelne Meldung

Mittwoch, den 29. Juni 2005

Freiheit kostet Sicherheit. Wieviel Überwachung verträgt die Demokratie?

Kategorie: Pressemitteilung
Von: Bürgerkomitee Leipzig e.V.

Experten diskutieren am 01.07.2005, 19.00 Uhr, in der „Runden Ecke“

Reisepässe werden demnächst biometrische Daten enthalten. Der genetische Fingerabdruck könnte in Ermittlungsverfahren bald eine zentrale Rolle spielen. Die Rasterfahndung wurde wieder eingeführt, die Videoüberwachung verstärkt, die Kontrolle von Telefonaten erheblich ausgeweitet. Droht die Bundesrepublik zu einem Überwachungsstaat zu werden? Über diese Frage und über das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit debattieren Experten am 01.07.2005 in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. Die Podiumsdiskussion bildet den Höhepunkt des Begleitprogramms zur Sonderausstellung „Ein offenes Geheimnis. Post- und Telefonkontrolle in der DDR“.

Das Bürgerkomitee will mit der Veranstaltung eine dringend notwendige Debatte um die aktuelle deutsche und europäische Sicherheitspolitik anregen. Hintergrund sind die Erfahrungen des Vereins aus der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit 1989/90.

 

Die Veranstaltung beginnt 19.00 Uhr. Einlass ist bereits ab 18.00 Uhr zur Besichtigung der Sonderausstellung zum ermäßigten Preis von 2 Euro (Eintritt in Ausstellung und Veranstaltung).

 

„Sicherheit ermöglicht erst Freiheit“ oder Deutschland auf dem Weg zum Überwachungsstaat?

In der DDR verstießen viele Überwachungsmaßnahmen sogar gegen die geltende Verfassung. Die Staatssicherheit beschaffte alle ihr nötig scheinenden Informationen über die Bürger des Landes, ohne dabei gesetzliche Schranken zu beachten. Die SED-Regierung als offizieller Weisungsgeber befürwortete diese Rechtsverstöße und ordnete sie ausdrücklich an. Legislative und Judikative unterstützten sie darin.

Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte gibt es auch in der heutigen Bundesrepublik. Sie sind jedoch gesetzlich legitimiert und bedürfen – wenn es sich um weit reichende Einschränkungen handelt – richterlicher Zustimmung. Im Zeichen der Terrorbekämpfung nach dem 11. September wurde jedoch eine Reihe von Gesetzen erlassen, die unter bestimmten Voraussetzungen erhebliche Eingriffe in die freiheitlichen Grundrechte erlauben. Sicherheit ermöglicht erst Freiheit, lautet die Maxime.

Befürworter der „Sicherheitspakete“ halten die neuen Bestimmungen für eine unabdingbare Basis der Terrorismusabwehr. Sie argumentieren, dass individuelle Freiheiten zugunsten der allgemeinen Sicherheit zurücktreten müssen. „Wenn die Menschen damit rechnen müssen, umgebracht zu werden, dann sind sie auch nicht frei“, kommentierte Innenminister Otto Schily seine Gesetzesinitiativen für mehr staatliche Kontrolle. In diesem Sinne sei es legitim, die Sicherheitspolitik zu verschärfen, weil der Mensch ohne das Gefühl, sicher zu sein, seine Freiheit nicht genießen kann. Die neuen Gesetze schränken nach Ansicht der Befürworter die Freiheitsrechte in vertretbarem Maß ein.

Kritiker befürchten hingegen, dass der Rechtsstaat seine eigenen Grundsätze untergräbt und sich auf dem Weg zum Überwachungsstaat befindet. Sie argumentieren, dass jede Ausdehnung der Sicherheitsmaßnahmen die Bürgerrechte zunehmend einengt.

 

Überwachungsmechanismen gestern wie heute?

Experten diskutieren am Abend über dieses Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit. Sie fragen nach dem Ausmaß und der Notwendigkeit der neuen rechtlichen Regelungen: Gibt es Freiheit und Sicherheit nur auf Kosten der jeweils anderen oder lässt sich ein Gleichgewicht herstellen? Warum gibt es keinen massiven Protest der Bürger gegen die Gesetzesinitiativen? Greift der Staat gegen den Willen seiner Bürger in dessen Persönlichkeitsrechte ein oder kommt er deren Ansprüchen nach mehr Sicherheit nach? Nähern wir uns langsam den Verhältnissen in der DDR an, in denen die Staatssicherheit jeden Bürger für einen potentiellen Feind des Systems hielt und die flächendeckende Überwachung anstrebte?

 

Folgende Experten diskutieren im Podium:

Rainer Griesbaum, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Abteilungsleiter

Gisela Kallenbach, Mitglied des Europaparlaments (Bü90 / Die Grünen)

Uwe Matthias, Leiter der Kriminalinspektion Leipzig

Martin Schultze-Giebler, Referatsleiter im Sächsischen Staatsministerium der Jusitz

Thilo Weichert, Landesbeauftragter für den Datenschutz Schleswig-Holstein

Annette Wilmes, Journalistin (Moderation)

 

Die Diskussion findet im ehemaligen Stasi-Kinosaal der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ statt, in dem derzeit die Sonderausstellung „Ein offenes Geheimnis – Post- und Telefonkontrolle in der DDR“ zu sehen ist. Anhand zahlreicher Objekte und Dokumente verdeutlicht die Exposition die flächendeckende und nach Perfektion strebende Überwachung der Kommunikation zwischen Menschen in Ost und West. Inwieweit sich Parallelen aufzeigen lassen, soll am Abend durch Rückschau auf den historischen Kontext ermittelt werden.

 

Sonderausstellung verlängert

Die Exposition zur Post- und Telefonkotrolle in der DDR wird bis 14. August 2005 verlängert. Ursprünglich sollte die Schau bereits am 30.06. zu Ende gehen; nun steht sie Interessenten sechs Wochen länger offen. Die Ausstellung war in vier großen deutschen Städten zu sehen und hat in Leipzig, dem Herkunftsort eines Großteils der ausgestellten Exponate, ihren letzten Standort.

 

Ausstellungsdauer:

20.01. – 14.08.2005, geöffnet täglich 10.00 – 18.00 Uhr

 

Führungen:

öffentliche Führungen sonnabends, 16.30 Uhr, und sonntags, 11.00 Uhr

Führungen für Gruppen auf Anfrage

 

Ausstellungsort:

Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, ehemaliger Stasi-Kinosaal

Dittrichring 24, 04109 Leipzig

 

Podiumsdiskussion:

Freitag, 01.07.2005, 19.00 Uhr


Dateien: