Sie sind hier: Runde-Ecke-Leipzig.de / Presse

einzelne Meldung

Donnerstag, den 29. September 2005

Super-Gau deutsche Einheit? Kritische Bestandsaufnahme 15 Jahre nach der deutschen Einheit

Kategorie: Pressemitteilung

Diskussion und Ausstellungseröffnung in der „Runden Ecke“ am 2. Oktober 2005

Ist die deutsche Einheit gescheitert? In wirtschaftlicher Hinsicht ja, sagt Uwe Müller, Journalist und Autor des Buches „Super-Gau deutsche Einheit?“ Auch von einer gesellschaftlichen Einheit kann seiner Meinung nach noch keine Rede sein. Menschen, die selbst Anteil an der Friedlichen Revolution von 1989 hatten, ziehen oft eine deutlich positivere Bilanz. So fordert der Tübinger Philosophie-Professor Richard Schröder mehr gegenseitiges Verständnis und eine differenziertere Betrachtung der gegenwärtigen Lage: Den ehemaligen DDR-Bürgern solle die von der Sowjetunion aufgedrückte Diktatur nicht angelastet werden, während den Menschen in den Altbundesländern nicht per se die Schuld am Verlust der Arbeitsplätze zugeschoben werden könne.

Uwe Müller, Richard Schröder und der Berliner Publizist und Bürgerrechtler Wolfgang Templin diskutieren am 02.10.2005, 19.00 Uhr, in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ darüber, ob das aus politischer Sicht unbestritten glückliche Projekt des wiedervereinigten Deutschland wirtschaftlich gründlich misslungen ist. Denn bei immer mehr Bürgern der Bundesrepublik führt eben jene ökonomische Schieflage dazu, dass sie die Einheit insgesamt als gescheitert ansehen und das Ende der DDR teilweise sogar bedauern. Die Ostalgiewelle der vergangenen Jahre war ein unübersehbares Zeichen dafür.

Wie sollen wir mit der ökonomischen und der gesellschaftlichen Misere umgehen? Können wir die Aufbruchstimmung aus dem Jahr 1989 auffrischen und der allgemeinen Unzufriedenheit entgegensetzen? Diese Fragen werden im Mittelpunkt der Debatte stehen.

 

Vom „Aufbruch ´89“ zum vereinigten Deutschland – Im ehemaligen Stasi-Kinosaal in der „Runden Ecke“ werden zwei Ausstellungen eröffnet

„Wir sind das Volk“ und „Wir wollen Reformen“ – so riefen Tausende bei den ersten Montagsdemonstrationen des Jahres 1989. Das DDR-Regime, das auf die Demonstrationen zunächst mit brutalen Übergriffen und Massenfestnahmen reagierte, wurde allein durch die rasch anwachsende Zahl der Demonstranten zum Einlenken gezwungen – zum ersten Mal in den sächsischen Städten Plauen, Dresden und Leipzig am 7., 8. und 9. Oktober 1989. Von hier aus wurde der Weg frei für die Friedliche Revolution in der gesamten DDR.

In Plauen erreichten am 7. Oktober 1989 über 10.000 Menschen den sofortigen Abzug von Polizeihubschraubern und Kampfgruppen. In Dresden bewirkten am 8. Oktober etwa 20.000 Demonstranten nach einer brisanten Zuspitzung erstmals Verhandlungen des Oberbürgermeisters mit einer Abordnung der Demonstranten, der „Gruppe der 20“. Deren Vertreter sprachen am 9. Oktober in Leipzig. Hier stand alles auf dem Spiel: Etwa 6.000 bewaffnete Einsatzkräfte mit schwerem Gerät waren in der Leipziger Innenstadt zusammengezogen, um die Demonstration – gewaltsam – aufzulösen. Mit dem Schlimmsten wurde gerechnet. Doch 70 000 friedliche Demonstranten erwiesen sich als stärker als das Gewaltpotenzial des SED-Staates. Bereitschaftspolizei, Kampfgruppen und Stasi zogen sich zurück – der Durchbruch zur friedlichen Revolution war erreicht.

Die Ausstellung „Aufbruch ´89 – Die Friedliche Revolution in Sachsen“ des Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen verfolgt den sächsischen Weg der friedlichen Revolution von den Widerstandsbewegungen der 80er Jahre bis hin zur Herstellung der Deutschen Einheit im Jahr 1990. Sie dokumentiert die entscheidenden Großdemonstrationen im Oktober ’89 und die Besetzungen der Stasi-Zentralen durch Bürgerkomitees Anfang Dezember 1989 mit bisher größtenteils unveröffentlichte Fotos und Dokumenten. Diese werden durch 30 Aufsteller mit originellen Texten von Spruchbändern der damaligen Demonstrationen ergänzt.

Neu ins Programm aufgenommen wurde die Ausstellung „geschichts-codes: Wir sind ein Volk“. Sie versammelt die prämierten Ergebnisse eines künstlerischen Wettbewerbs der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Hunderttausende feierten vor 15 Jahren in der Nacht zum 3. Oktober 1990 inmitten des ehemals geteilten Berlins wie auch andernorts das Ende der mehr als 40-jährigen deutschen Teilung. 15 Jahre danach widmete die Stiftung Aufarbeitung ihren – zum dritten Mal ausgelobten – Plakatwettbewerb „geschichts-codes: Wir sind ein Volk“ diesem Jahrestag. Unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler waren Studierende künstlerischer Hochschulen dazu eingeladen, auf plakative Weise die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands im Oktober 1990 aufzugreifen und grafisch umzusetzen. Nahezu 120 Beiträge aus allen Teilen der Bundesrepublik wurden eingereicht. Eine unabhängige Jury ermittelte die Sieger. Die besten Arbeiten wurden in einer Wanderausstellung zusammengefasst.

Beide Ausstellungen eröffnen am 02.10.2005, 18.00 Uhr, in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal. Das Bürgerkomitee Leipzig präsentiert sie dort bis zum 31.10.2005.

Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist kostenlos.

 

Die Veranstaltungen im Überblick

01.10.2005, 14.00 Uhr: Stadtrundgang „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“, Treffpunkt: Hauptportal Nikolaikirche

02.10.2005, 18.00 Uhr: Eröffnung der Sonderausstellungen „Aufbruch ´89 – Die Friedliche Revolution in Sachsen“ und „geschichts-codes: Wir sind ein Volk“

02.10.2005, 19.00 Uhr: Diskussion „Super-Gau deutsche Einheit?“

Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ einschließlich der beiden Sonderausstellungen ist täglich (auch am 03.10.2005) von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Eine öffentliche Führung durch die Dauerausstellung findet jeden Tag 15.00 Uhr statt.