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Freitag, den 02. Januar 2009

Neue Gesprächsreihe: "Wir sind das Volk" - Montagsgespräche mit Akteuren der Friedlichen Revolution im Museum in der "Runden Ecke" (Kopie 1)

Kategorie: Pressemitteilung

Die Reihe beginnt am 05.01.2009 um 19:00 Uhr mit dem Leipziger Bürgerrechtler Michael Arnold, der 1988/89 in Leipzig wichtige Protestaktionen gegen die SED-Diktatur mitorganisierte

Es dürfte wohl einmalig sein in der Geschichte des MfS: ein Bürgerrechtler schmuggelt ein Diktiergerät in ein Gespräch mit der Staatssicherheit, um seine Überwacher selbst auszuspionieren. Zu Beginn der Gesprächsreihe hat das Bürgerkomitee mit Arnold eines der Gründungsmitglieder des Neuen Forums, den Zahnarzt Michael Arnold eingeladen. Vernehmungen durch das MfS kannte er im Jahr 1989 sehr gut, war er doch als Bürgerrechtler in Leipzig an verschiedenen Aktionen beteiligt. „Es war eine Zeit zwischen großer Anspannung und Euphorie, wenn es wieder mal gelungen war, die Staatsmacht vorzuführen“, so Arnold heute darüber.

Nachdem er drei Jahre beim Wachregiment gedient hatte, konnte er ab 1985 Zahnmedizin in Leipzig studieren. Während dieser Zeit wurde in dem bis dahin linientreuen Studenten zum ersten Mal Widerstand geweckt: Als die Regisseurin Freya Klier und der Liedermacher Stefan Krawzcyk 1988 ausgebürgert wurden, schrieb Arnold einen Beschwerdebrief an Honecker persönlich und rief damit die Staatssicherheit auf den Plan. Nur durch einen glücklichen Zufall wurde er nicht vom Studium ausgeschlossen. Michael Arnold engagierte sich von nun an aktiv in der Bürgerrechtsbewegung, etwa in der „Initiativgruppe Leben“, eine Basisgruppe unter dem Dach der evangelischen Kirche. Bei einer Flugblattaktion im Zuge der unangemeldeten Demonstration zum Luxemburg-Liebknecht-Gedenken am 15. Januar 1989 wurde er zum ersten Mal verhaftet, einige Tage später aber wieder frei gelassen. Sein Engagement war jedoch nach wie vor ungebrochen. In Arnolds Wohnung trafen sich Leute aus der Bürgerbewegung und bereiteten gemeinsam Aktionen vor. Das alles natürlich beobachtet von der Staatssicherheit, die ihn in einem Operativen Vorgang mit dem Decknamen „Pleiße“ bearbeitete. Die Überwachung und Repression der Stasi, die Arnold auch mehrmals festnahm, schreckten ihn aber nicht ab, wie das bereits erwähnte Diktiergerät beweist. Er war an der Wahlkontrolle im Mai 1989 ebenso beteiligt, wie an der Besetzung der Leipziger Stasizentrale im Dezember. Im Sommer 1989 hatte er versucht die Arbeit der verschiedenen Oppositionsgruppen zu bündeln und war Gründungsmitglied des Neuen Forums in Grünheide bei Berlin.

Zu Beginn der 1990er nutze Michael Arnold, der auch als Sprecher des Neuen Forums in Leipzig die Beseitigung der SED-Diktatur aktiv mit betrieben hat, die neuen demokratischen Möglichkeiten. Im Sächsischen Landtag engagierte er sich als Abgeordneter von BÜNDNIS 90 /Die Grünen unter anderem für die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Seit Mitte der 1990er widmet er sich seinem erlernten Beruf und seiner Familie.

 

An jedem ersten Montag im Monat lädt das Bürgerkomitee einen Protagonisten der Ereignisse von ´89 ein

20 Jahre nach der Friedlichen Revolution laden das Bürgerkomitee Leipzig e.V. und das Historische Seminar der Universität Leipzig (Prof. Günther Heydemann) zu einer Gesprächsreihe mit Zeitzeugen ein. Im Mittelpunkt der „Montagsgespräche“, die jeweils um 19:00 beginnen, stehen Einzelpersonen, die sich in besonderer Weise an der Friedlichen Revolution beteiligten, einen gleichermaßen außergewöhnlichen wie auch exemplarischen Lebensweg hatten und haben und nicht zuletzt mit Leipzig verbunden sind.

Das Besondere der Reihe ist, dass die eingeladenen Persönlichkeiten erstmalig die Möglichkeit bekommen, ausführlich und gründlich über ihr Leben vor der Friedlichen Revolution und ihre Teilnahme an derselben zu berichten. Ebenfalls thematisiert werden soll die jeweilige Biografie in den zurückliegenden fast 20 Jahren seit 1989. Die Moderatoren Reinhard Bohse und Tobias Hollitzer lassen die Gesprächspartner ausreden und nachdenken. So soll jeweils ein Resümee der Vorgänge vor und nach 1989 gezogen werden, verknüpft mit der Beurteilung der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung bis heute. Aus dem Zusammenhang wird deutlich werden, wie außerordentlich verschieden die Protagonisten der Friedlichen Revolution und ihre Motive waren, und wie unterschiedlich bis heute ihre Resümees ausfallen. Im Mittelpunkt des Gesprächs steht also die Person, nicht ein bestimmtes historisches Ereignis.

 Weitere Gäste der Montagsgespräche werden unter anderem sein: Jochen Läßig, Petra Lux, Edgar Dusdal, Cornelia Matzke und Christoph Wonneberger.