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Donnerstag, den 17. März 2022

„Leipzig liest trotzdem“ in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“– Buchpremieren, Lesungen und Diskussionen am 18. März 2022

Kategorie: Pressemitteilung

Auch am zweiten Tag der Lesereihe „Leipzig liest trotzdem“ in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ werden Bücher vorgestellt, die die Auseinandersetzung mit Staatssicherheit und kommunistischer Diktatur in SBZ und DDR thematisieren. Darunter das Buch „Elbe 511“ – ein auf einer wahren Begebenheit beruhender Roman über eine spektakuläre Flucht über die Elbe, drei Jahre nach dem Mauerbau, im Jahr 1964. Im Anschluss wird die facettenreiche, ausdrucksstarke Graphic Novel „Meine freie deutsche Jugend“ nach dem Beststeller von Claudia Rusch über die Macht und das Wirken der Staatssicherheit präsentiert – eine Veranstaltung, zu der auch Kinder und Jugendliche herzlich eingeladen sind. Am Abend widmet sich eine Podiumsdiskussion nach der Buchvorstellung „Erschossen in Moskau …“ dem Verbot der russischen Menschenrechtsorganisation MEMORIAL, das trotz vieler Proteste von Wladimir Putin durchgesetzt wurde, und stellt dabei die aktuelle Situation in Russland sowie die politische Verfolgung durch sowjetische Behörden am Beispiel der Arbeit der Stiftung „Die letzte Adresse“ in den Mittelpunkt. Wie immer werden die Buchvorstellungen von einer Diskussionsrunde und Gesprächen mit dem Publikum umrahmt. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. Es gelten die 3G-Regeln.

Im Rahmen des Programms „Leipzig liest trotzdem“ finden am Freitag, den 18. März 2022 insgesamt fünf Veranstaltungen in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ statt, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur und deren Auswirkungen bis heute auseinanderzusetzen. Neben den Lesungen lädt die Gedenkstätte auch wieder zu verschiedenen Führungen und Rundgängen ein. Im folgenden nähere Hinweise zu ausgewählten Veranstaltungen:

„Erschossen in Moskau …“ und Gespräch über das Verbot der russischen Menschenrechts-organisation „Memorial“ (20.00 Uhr)

Annähernd eintausend Deutsche wurden zwischen 1950 und 1953 von östlichen Geheimdiensten verhaftet, von sowjetischen Militärtribunalen in der DDR wegen angeblicher Spionage und antisowjetischer Agitation zum Tode verurteilt und in Moskau hingerichtet. Die Toten wurden im Krematorium des Moskauer Friedhofs Donskoje verbrannt und in einem Massengrab verscharrt. Über Jahrzehnte hatten Moskau und Ostberlin die Spuren der Opfer verwischt. Die Angehörigen wussten nichts vom Schicksal ihrer Eltern, Geschwister oder der eigenen Kinder. Erst durch ein gemeinsames Forschungsprojekt der russischen Menschenrechtsorganisation MEMORIAL, des Historischen Forschungsinstitutes „Facts & Files“ und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ist es in den 1990er Jahren gelungen, Akten über die Verurteilungen und Hinrichtungen aufzufinden und die Biografien im vorliegenden Band zu dokumentieren.

Nach der Buchvorstellung durch Frank Drauschke thematisiert ein Podiumsgespräch das von Wladimir Putin trotz vieler Proteste durchgesetzte Verbot der russischen Menschenrechtsorganisation MEMORIAL. Davon berichtet Anke Giesen, Mitglied des Vorstands von MEMORIAL Deutschland. Der Journalist und Regisseur Mario Bandi erläutert die Arbeit der Stiftung „Die letzte Adresse“, die an den letzten Wohnhäusern von Menschen, die von 1918 bis 1991 im Rahmen politischer Verfolgung durch sowjetische Behörden schuldlos ihr Leben verloren, Gedenktafeln anbringt. Moderation: Tobias Hollitzer (Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“)

Verfolgung durch sowjetische Behörden schuldlos ihr Leben verloren, Gedenktafeln anbringt. Moderation: Tobias Hollitzer (Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“)

Nicole Weis: „Elbe 511“ (14.00 Uhr)

Der Roman basiert auf der wahren Lebensgeschichte des Vaters, der 1960 nach einem mehrmonatigen Arbeitsaufenthalt in Westberlin wegen sogenannter Republikflucht und angeblicher Spionage in der DDR zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Bautzen darf Wolfgang G. nicht mehr in seinem Heimatdorf leben und wird so erneut seiner Freiheit beraubt. Er beschließt zu flüchten und schwimmt am 18. Oktober 1964 von Rüterberg nach Landsatz über die Elbe. Glücklich im Westen angekommen, baut er sich in der Bundesrepublik eine neue Existenz auf, heiratet und gründet eine Familie.

In dem Roman spürt die im Westen aufgewachsene Tochter und Autorin den Ursachen und Bedingungen seiner Haft und den Folgen sowie den Hintergründen der Flucht ihres Vaters nach. Sie spannt dabei den Bogen vom Ende des Zweiten Weltkrieges zum Fall der Mauer und bis in die Gegenwart.

Moderation: Barbara Stang (Europa Verlag)

Susanne Buddenberg, Thomas Henseler: „Meine freie deutsche Jugend – Graphic Novel nach dem Bestseller von Claudia Rusch“ (16.00 Uhr)

Claudia, geboren 1971, wächst in der DDR-Bürgerrechtsbewegung auf. Zu den engsten Freunden ihrer Mutter gehören bekannte Regimekritiker. Die Familie lebt unter ständigen Repressalien und Überwachung durch die Stasi. Claudia erfährt, was es heißt, einem exklusiven Club anzugehören, obwohl sie manchmal gern wie alle anderen wäre. Sie erlebt Ausgrenzung und Eingesperrtsein, aber auch Freundschaft, Solidarität und wie ein kandierter Apfel beinahe eine Verhaftung nach sich gezogen hätte ... Es geht um die erste Liebe, mutige Aktionen, heilige Strickjacken und das Erwachsenwerden im Schatten der Mauer. Eine fast normale, glückliche Kindheit - unter nicht ganz glücklich zu nennenden Umständen.

Thomas Henseler und Susanne Buddenberg haben den autobiografischen Bestseller von Claudia Rusch mit viel Liebe in eine facettenreiche, ausdrucksstarke Comic-Adaption umgesetzt. Ein Angebot, das sich besonders an Kinder und Jugendliche richtet.

Die „Runde Ecke“ als Ort des aktuellen und gesellschaftlichen Diskurses

Täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr informiert die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ in originalen Räumen der ehemaligen Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit in Leipzig über die STASI als „Schild und Schwert“ der SED-Diktatur und über deren Überwindung durch die Friedliche Revolution. Die historische Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ zeigt zahlreiche, teils einzigartige Exponate zu Geschichte, Struktur und Arbeitsweise des MfS, darunter eine Maskierungswerkstatt, Geräte zur Postkontrolle bis hin zu einer Untersuchungshaftzelle. Die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ berichtet von den Ereignissen ’89, die die kommunistische Diktatur in der DDR zum Einsturz brachten. Seit 2012 ist die Gedenkstätte Teil des Europäischen Kulturerbes „Eiserner Vorhang“.

Die Open-Air-Ausstellung „Von der Burg zur Stasizentrale. ERINNERUNGEN an den Leipziger Matthäikirchhof“ am ehemaligen Stasi-Neubau in der Nähe der Klingertreppe erzählt auf dem Hintergrund der mehr als 1000-jährigen Stadtgeschichte Leipzigs, die hier mit der „urbe libzi“ ihren Ursprung nahm, vor allem die Entwicklung seit Anfang des letzten Jahrhunderts. Vom Verwaltungsneubau der Leipziger Feuerversicherungsanstalt 1913, über die Zerstörung der Matthäikirche und des gesamten angrenzenden Areals in der Bombennacht vom 4. Dezember 1943, der Nutzung der „Runden Ecke” nach dem Ende der NS-Diktatur unter amerikanischer und sowjetischer Besatzung sowie schließlich als Sitz der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) bis zur Besetzung während der Friedlichen Revolution am 4. Dezember 1989 und der nachfolgenden Auflösung wird die wechselvolle Geschichte dieses Areals bis in die Gegenwart erzählt.

Begegnungen am authentischen Ort: Veranstaltungen im Stasi-Kinosaal

Veranstaltungsort ist der ehemalige Stasi-Kinosaal, in dem auch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ gezeigt wird. Der Saal ist ein original erhaltenes Relikt der SED-Diktatur und damit ein Stück Zeitgeschichte. In dem repräsentativen Saal fanden vielfältige Veranstaltungen der Staatssicherheit statt, darunter offizielle Feiern anlässlich wichtiger Jahrestage, Schulungen und Dienstbesprechungen. Anlässlich des 40. Jahrestags der DDR ließ die Bezirksverwaltung den Kinosaal komplett renovieren und eine neue Bestuhlung anschaffen. Der Kinosaal steht heute unter Denkmalschutz und wird als authentischer Ort von der Gedenkstätte für Geschichtsvermittlung, politische Bildung und aktuelle Debatten genutzt.

Die Veranstaltungsreihe „Leipzig liest trotzdem“ entstand in Zusammenarbeit mit Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Forschungseinrichtungen, Opferverbänden, Gedenkstätten sowie Verlagen und findet in Kooperation und mit der Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur statt. Das gesamte Programm und aktuelle Veränderungen finden Sie nachstehend oder online auf der Museums-Website. Dort kann das Programm auch als PDF-Datei heruntergeladen werden: www.runde-ecke-leipzig.de. Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei.

Veranstaltungen am Freitag, den 18. März 2022

12.00 Uhr: BUCHPRÄSENTATION

Gottfried Meinhold

Prominente Professoren der Musikhochschule Weimar als Handlanger der Staatssicherheit 

Eine Studie über zwei Professoren der Musikhochschule Weimar, die als inoffizielle Mitarbeiter für die Staatssicherheit gearbeitet haben

Moderation: Hildigund Neubert (ehem. Landesbeauftragte des Freistaates Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR)

14.00 Uhr: BUCHPRÄSENTATION

Nicole Weis

Elbe 511

Roman nach der wahren Begebenheit einer Flucht über die Elbe am Flusskilometer 511.

Moderation: Barbara Stang (Europa Verlag)

14.00 Uhr: STADTRUNDGANG

„Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“

Herbst ´89: Die Bilder von den Friedensgebeten in der Nikolaikirche, den Montagsdemonstrationen auf dem Innenstadtring und der Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale gingen um die Welt. Die Chronik des Herbstes ´89 begann in Leipzig aber nicht erst mit den Demonstrationen im September und Oktober. Der geführte Stadtrundgang erinnert an markanten Punkten der Leipziger Innenstadt an die historische Entwicklung des Jahres 1989. Zeitgeschichte wird am Ort des Geschehens lebendig und nachvollziehbar.

Treffpunkt: Hauptportal Nikolaikirche

16.00 Uhr: LESUNG UND GESPRÄCH

Susanne Buddenberg, Thomas Henseler

Meine freie deutsche Jugend – Graphic Novel nach dem Beststeller von Claudia Rusch

Eine ausdrucksstarke Vermittlung über das Aufwachsen in der DDR-Bürgerrechtsbewegung und unter der Überwachung der Staatssicherheit. Die Veranstaltung ist besonders geeignet für Kinder und Jugendliche.

16.00 Uhr: GELÄNDERUNDGANG

Stasi – Intern

Der Rundgang gibt an originalen Schauplätzen der ehemaligen Stasi-Zentrale, die sonst nicht zugänglich sind, räumliche Einblicke in das gigantische Ausmaß, wie der DDR-Geheimdienst im Auftrag der SED bis vor reichlich 30 Jahren gearbeitet hatte. Vom Keller bis zum Boden können noch original erhaltene Räume besichtigt werden, u.a. die verbunkerten Schutzräume im 2. Kellergeschoss für den Kriegsfall, der Wartebereich der Stasi-eigenen Poliklinik oder die Kegelbahn des MfS besichtigt werden. Auch Überreste der Aktenvernichtung sind zu entdecken. Beim Rundgang wird auch über die mögliche Entwicklung des Areals gesprochen, das zu einem „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ weiterentwickelt werden soll.

Treffpunkt: Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ (Eingangsbereich)

18.00 Uhr: BUCHVORSTELLUNG

Reinhard Bohse

Von einem, der auszog in eine nicht vergangene Zeit. Leben diesseits der Mauer. Historischer Report 1945-1989

Persönlicher Bericht vom Alltag und Leben in der DDR. Wie prägten diese Erfahrungen politisches Denken, persönliche Haltungen und gesellschaftliche Fähigkeiten?

Moderation: Anne Friebel (Palomaa Publishing)

20.00 Uhr: LESUNG UND PODIUMSDISKUSSION

Arsenij Roginskij, Frank Drauschke, Anna Kaminsky (Hg.)

„Erschossen in Moskau …“ Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953

Dokumentation des Lebens und gewaltsamen Todes der in der DDR verurteilten und in Moskau hingerichteten Frauen und Männer.

Nach der Buchvorstellung durch Frank Drauschke thematisiert ein Podiumsgespräch das von Wladimir Putin trotz vieler Proteste durchgesetzte Verbot der russischen Menschenrechtsorganisation MEMORIAL, ein beredtes Signal dafür, dass im heutigen Russland die Menschenrechte wieder mit Füßen getreten werden. Davon berichtet Anke Giesen, Mitglied des Vorstands von MEMORIAL Deutschland. Der Journalist und Regisseur Mario Bandi erläutert die Arbeit der Stiftung „Die letzte Adresse“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, an den letzten Wohnhäusern von Menschen, die von 1918 bis 1991 im Rahmen politischer Verfolgung durch sowjetische Behörden schuldlos ihr Leben verloren, Gedenktafeln anzubringen.

Moderation: Tobias Hollitzer (Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“)

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