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Donnerstag, den 25. August 2016

Stadtrat hat heute Entscheidung über die Weiterführung der Ausstellung zur Friedlichen Revolution in Leipzig im ehem. Stasi-Kinosaal verschoben

Kategorie: Pressemitteilung

Die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat hatte einen Antrag gestellt, die Wanderausstellung "Was glaubst du denn?! Muslime in Deutschland" für sechs Wochen im original erhaltenen Kinosaal der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit zu zeigen. Da dafür die seit 2009 dort gezeigte, in Ihrer thematischen Dichte einzigartige Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ abgebrochen werden müsste, haben Stadträte von Bündnis90 / Die Grünen, CDU und FDP einen Änderungsantrag gestellt, die Muslime-Ausstellung an einem anderen Ort zu präsentieren „um zu vermeiden, dass zwei wichtige Themen gegeneinander ausgespielt werden.“

Durch den Änderungsantrag wurde deutlich, dass es im Stadtrat offenbar keine sichere Mehrheit für den Antrag zum Abbruch der Ausstellung zur Friedlichen Revolution gibt. Daher hat die SPD-Fraktion diesen Antrag kurzfristig von der Tagesordnung der heutigen Stadtratssitzung genommen und vertagt. Das Bürgerkomitee erwartet, dass die Stadtverwaltung dem demokratischen Willensbildungsbildungsprozess im Stadtrat nicht vorgreift. Es dürfen jetzt keine kurzfristigen Fakten geschaffen werden, ehe nicht die grundsätzlichen Konzepte erarbeitet wurden.


Oberbürgermeister Jung gibt im Stadtrat eine falsche Darstellung des aktuellen Sachstandes

Entgegen der Aussage von Oberbürgermeister Jung in der heutigen Stadtratssitzung gibt es keinerlei aktuelle Zusage des Bürgerkomitee Leipzig e.V., die Ausstellung zur Friedlichen Revolution in Leipzig im Stasi-Kinosaal zum 31. August 2016 abzubrechen.

Bisher hatte die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Oberbürgermeister wenngleich keine konfliktfreie, aber immer eine gute Zusammenarbeit. Uns eint das Bemühen, Leipzig als „Stadt der Friedlichen Revolution“ zu stärken und die Erinnerung an die SED-Diktatur als Mahnung für die Zukunft wach zu halten. Um die dauerhafte Weiterführung der 2009 im ehemaligen Stasi-Kinosaal eröffneten Sonderausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ gab es in den zurückliegenden Jahren verschiedene Kontakte und Gespräche.

In einem ausführlichen Brief vom 7. Mai 2016 hatten wir dem Oberbürgermeister noch einmal den gesamten bisherigen Werdegang geschildert und ausführlich dafür geworben, „die Ausstellung zur Friedlichen Revolution in Leipzig am Ort der Friedlichen Revolution zu belassen um dieses Areal auch langfristig zu einem Ort der Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und der Vermittlung der Friedlichen Revolution und damit der politischen Bildung zur Festigung unserer Demokratie entwickeln zu können.“ Abschließend haben wir mitgeteilt, dass „wir die Ausstellung zum geforderten Termin abbauen, wenn Sie als Oberbürgermeister diese Entscheidung treffen und uns dies entsprechend schriftlich mitteilen.“

In seinem Antwortbrief vom 2. Juni 2016 betonte der Oberbürgermeister den bisherigen fairen Umgang derer, die sich in Leipzig für dieses Thema engagieren und schrieb weiter: „Es ist meine tiefe Überzeugung, dass wir an diesem Geist der Gemeinsamkeit festhalten müssen. Jede Einrichtung besitzt ihre besonderen Interessen, aber gerade über die Bündelung vielfältiger Akteure hat sich die Kraft unserer Idee erwiesen.“ Am Ende forderte er den Abbau der Ausstellung zur Friedlichen Dittrichring 24 · 04109 Leipzig Postfach 10 03 45 · D-04003 Leipzig Tel.: 0341 / 9 61 24 43 Fax: 0341 / 9 61 24 99 Internet: www.runde-ecke-leipzig.de E-mail: mail@runde-ecke-leipzig.de Unser Zeichen:pm_457_stasikinosaal-stadtrat.doc Revolution und die Rückkehr zu den vertraglichen Regelungen, „die eine halbjährige Nutzung des Kinosaals jeweils durch Ihr Museum und das städtische Schulmuseum vorsehen.“

Nach Eingang des Briefes wurde uns bekannt, dass es aber bereits ganz andere Konzepte und Überlegungen gab, die weit über diese Regelung hinausgehen. So hatte die SPD-Fraktion einen weiteren Antrag in den Leipziger Stadtrat eingebracht, der erreichen möchte, dass dem Schulmuseum der original erhaltene Stasi-Kinosaal dauerhaft zur alleinigen Nutzung übertragen wird. (Drucksache VI-A-02857).

Das empfanden wir als Affront und es ließ alle bisherigen Informationen und Vereinbarungen in einem neuen und wesentlich grundsätzlicheren Licht erscheinen. Wir haben dem Oberbürgermeister in einem Brief vom 8. August 2016 unser Bedauern über diesen Vertrauensbruch ausgedrückt und ihm deutlich mitgeteilt: „Auf Grund der neuen Informationen und Entwicklungen werden Sie verstehen, dass ein Abbruch der Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal derzeit für uns nicht in Frage kommt.“

Originaler Stasi-Kinosaal gehört authentisch zur Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“

Die Stadtverwaltung hat ohne jeden Kontakt mit uns in den zurückliegenden Monaten Planungen erarbeitet und Fakten geschaffen, die die weitere Arbeit der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ massiv beeinträchtigen. Die jetzt von der SPD-Fraktion beantragte und von der Stadtverwaltung ausdrücklich unterstütze dauerhafte Übertragung des original erhaltenen Stasi-Kinosaals an das gänzlich themenfremde Schulmuseum würde nicht nur bedeuten, dass der wegen der Nutzung durch die SED-Geheimpolizei denkmalgeschützte Ort der Arbeit der Gedenkstätte und Ihrer Besucher nicht mehr zur Verfügung stehen würde, sondern auch, dass die Gedenkstätte keinerlei Veranstaltungsraum mehr hätte.

Eine derartige Einschränkung der Arbeit der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ ist nicht hinnehmbar.

In der Begründung des Antrags der SPD-Fraktion heißt es: „Um nach dem Einzug des Jugendparlamentes in die Räumlichkeiten des Schulmuseums zum 01. Mai 2016 auch künftig die notwendigen Wachstumsmöglichkeiten zu haben, soll der Kinosaal des Gebäudes Goerdelerring 20 dauerhaft vom Schulmuseum bzw. dem Zentrum für demokratische Bildung genutzt werden.“ Ausdrücklich wird erwähnt, dass sich „aus dessen Neuausrichtung“ künftig „neue Nutzungsbedarfe für den Saal“ ergeben würden. Im Verwaltungsstandpunkt wird noch weitergehend ausgeführt, dass zu den künftig im Saalbau unterzubringenden Institutionen „neben dem Schulmuseum, die Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention und perspektivisch auch der Bereich Kinder- und Jugendbeteiligung gehören, und das Jugendparlament“.

Im Konzept zur „Kinder- und Jugendbeteiligung“ das der Stadtrat am 22. Juni 2016 beschlossen hat, wird unter anderem noch im laufenden Haushalt 2016 eine Personalstelle geschaffen, um eine „Geschäftsstelle des Jugendparlaments“ einzurichten, der „die pädagogische Begleitung des Leipziger Jugendparlamentes sowie weitere Aufgaben der Kinder- und Jugendbeteiligung“ obliegt. Auch die Ausrichtung der aller zwei Jahre stattfindenden Demokratiekonferenz wird künftig dem im „Zentrum für demokratische Bildung“ angesiedelten „Bereich Kinder und Jugendbeteiligung“ zugeschlagen.

Es ist zwingend davon auszugehen, dass bei dieser Aufgabenkonzentration künftig deutlich mehr Platz benötigt wird. Schon 2012 heißt es in internen Konzepten: „Das Gebäude am Goerdelerring 20 sollte vollständig zur Verfügung stehen und damit die Nutzfläche auf alle vier Etagen ausgeweitet werden.“

Der Saalbau mit den original erhaltenen Räumlichkeiten wie dem Stasi-Kinosaal, der Kegelbahn im Keller, dem Treppenhaus und verschiedenen anderen Räumen steht als erster Erweiterungsbau der „Runden Ecke“ genau für diese Nutzung durch die Staatssicherheit unter Denkmalschutz. Diese Räumlichkeiten sind essentiell für die Arbeit der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. Nur in Leipzig sind Büroräume der Staatssicherheit und ein Stasi-Kinosaal sowie der Stasi-Ausweichführungsbunker in Machern original erhalten und als Gedenkstätte für die Öffentlichkeit zugänglich.

Nutzungsvereinbarungen und -konzepte den aktuellen Notwendigkeiten anpassen

Die Stadt beharrt immer wieder auf der Einhaltung einer Vereinbarung aus dem Jahr 2003 zur wechselseitigen Nutzung des Saales, arbeitet aber selbst seit Jahren daran, nicht nur den Saal, sondern schlussendlich den gesamten Saalbau dauerhaft der Gedenkstätte zu entziehen.

Die bilaterale Vereinbarung mit dem Schulmuseum zur gemeinsamen Nutzung des Stasi-Kinosaals ist vor 13 Jahren unter gänzlich anderen Voraussetzungen abgeschlossen worden: Im Jahr 2003 war nicht absehbar, dass Leipzig sich mal als „Stadt der Friedlichen Revolution“ verstehen, den 9. Oktober zum städtischen Gedenktag erheben und jedes Jahr an diesem Tag ein großes Lichtfest feiern würde. Auch ist Leipzig 2012 mit der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke, der Nikolaikirche und dem Innenstadtring Teil des Europäischen Kulturerbes „Stätten des Eisernen Vorhangs“ geworden, wegen der Bedeutung der Friedlichen Revolution für den Fall des Eisernen Vorhangs und damit der deutschen sowie der europäischen Vereinigung.

Auf dem Hintergrund dieser großen Relevanz des Themas für die Stadt Leipzig ist der Oberbürgermeister und der Leipziger Stadtrat aufgefordert Entscheidungen zu treffen, die der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ am authentischen Ort die notwendigen Arbeitsmöglichkeiten erhält und Voraussetzungen für künftige Weiterentwicklungen schafft sowie gleichzeitig ein Zukunftskonzept für das Schulmuseum, das nicht an diesen Ort der SED-Geheimpolizei gebunden ist, auf den Weg zu bringen. In diesem Sinne stehen wir natürlich nach wie vor für eine konstruktive und kooperative Zusammenarbeit zur Verfügung.