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Freitag, den 07. November 2014

11.11.2014, 19.00 Uhr: Buchvorstellung und Gespräch: "OPPOSTION, WIDERSTAND UND REVOLUTION – Widerständiges Verhalten in Leipzig im 19. und 20. Jahrhundert"

Kategorie: Pressemitteilung

Prof. Dr. Rainer Eckert stellt in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ sein neues Buch über die Tradition des widerständigen Verhaltens in Leipzig vor. Seine These: Die Ereignisse der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 haben eine lange Tradition. Schon seit dem 19. Jahrhundert haben sich die Leipzigerinnen und Leipziger gegen Bevormundung und Unterdrückung zur Wehr gesetzt.

Der 9. Oktober 1989 gilt bis heute als Wendepunkt der Friedlichen Revolution. Zum ersten Mal hatten die Bürger der DDR ihrem Staat erfolgreich die Stirn geboten und ihn zum Rückzug gezwungen. Das die Ereignisse vor 25 Jahren fast gänzlich gewaltfrei blieben, grenzt bis heute an ein Wunder. Doch die Leipziger Bürger waren sich der Gefahr bewusst, weshalb man von Anfang an zur Gewaltfreiheit und Dialogbereitschaft aufrief. Und das mit Erfolg, obwohl die SED und die Stasi damals mit allen Mitteln versuchten, die Bürgerrechtsbewegung zu unterdrücken und mundtot zu machen.

Schon vor der Friedlichen Revolution haben sich die Leipzigerinnen und Leipziger gegen Unterdrückung und Bevormundung gewehrt. Im 19. und 20. Jahrhundert war die Stadt geprägt vom Wechselspiel zwischen Kultur und Gegenkulturen, das Protest und Widerstand hervorbrachte. Zentrale Figuren wie Robert Blum, Revolutionär von 1848, und die Begründung der Arbeiter-, Frauen- und später Bürgerrechtsbewegungen aber auch jugendlicher Widerstand im Nationalsozialismus oder die vielfältigen musikalischen Gegenkulturen in der DDR formten den Oppositionsgeist in Leipzig. Aber vor allem die Friedensgebete und Massendemonstrationen sind im kollektiven Gedächtnis der Stadt bis heute Ausdruck für widerständiges Verhalten.

Neuer Blick auf Leipziger Stadtgeschichte

Großen Anteil daran haben die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leipzig. Prof. Eckert meint, dass hierfür ihre Erfahrungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, mit den Revolutionen von 1848/49 und 1918/19, dem Widerstand gegen die nationalsozialistische Barbarei und dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 gegen das stalinistische Herrschaftssystem der SED wichtig waren. Ihren Höhepunkt fanden sie mit der Friedlichen Revolution der Jahre 1989/90, insbesondere mit dem Tag der Entscheidung, dem 9. Oktober 1989.

Mit seinem neuen Buch präsentiert Rainer Eckert erstmals eine Perspektive auf die Geschichte des Protests in Leipzig, die weit über die bisherigen Untersuchungen zur Friedlichen Revolution hinausgeht. Mit Schwerpunkt auf die Zeit der DDR spürt er in einem Längsschnitt widerständiges Verhalten und Eigensinn sowie bürgerliches und christliches Engagement der Leipzigerinnen und Leipziger auf. Das Werk des Historikers und Direktors des Zeitgeschichtlichen Forums entstand in Zusammenarbeit mit dem Archiv Bürgerbewegung Leipzig und erschien im September 2014 im Mitteldeutschen Verlag.

Das besondere, weshalb sich die Friedliche Revolution in das kollektive Gedächtnis der Stadt eingeprägt hat, ist ihre Gewaltfreiheit. Denn bisher verliefen alle Revolutionen auf deutschem Boden nicht ohne Blutvergießen. Und auch im Herbst 1989 deutete vieles darauf hin, dass die SED nicht davor zurückschrecken würde, ihre Macht auch mit Waffengewalt zu sichern. Und dennoch fiel am Abend des 9. Oktober kein einziger Schuss. Damit bildet die Friedliche Revolution für Rainer Eckert eine wichtige Grundlage für die Zukunft Europas. Denn mit dem Ende des Kommunismus in Osteuropa eröffneten sich den Menschen des ehemaligen Ostblocks völlig neue Wege zu Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung.

Buchvorstellung und Diskussion

Prof. Dr. Rainer Eckert, Historiker und Politikwissenschaftler, seit 2001 Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur deutschen Geschichte, Mitglied in verschiedenen wissenschaftlichen Gremien, u.a. im Stiftungsbeirat der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, und seit 2006 apl. Professor für politische Wissenschaften an der Universität Leipzig, hat sich intensiv mit der Tradition des Widerstandes in Leipzig befasst und präsentiert die Ergebnisse nun in seinem neuen Buch: „OPPOSTION, WIDERSTAND UND REVOLUTION – Widerständiges Verhalten in Leipzig im 19. und 20. Jahrhundert"

Nach einer Präsentation seines Buches erörtert Prof. Rainer Eckert im Gespräch mit Experten seine Ergebnisse. Ist widerständiges Verhalten ein originäres Leipziger Spezifikum? Welche Proteste und Selbstbehauptungen prägten und prägen das gesellschaftliche Bewusstsein in der Stadt? Hatten die verschiedenen Revolutionen in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert Einfluss auf die Friedliche Revolutio in der DDR 1989? Warum wurde Leipzig 1989 zur „Stadt der Friedlichen Revolution“? Diese und andere Fragen diskutiert er mit Prof. Hartmut Zwahr sowie dem DDR-Bürgerrechtler und Gedenkstättenleiter Tobias Hollitzer unter Moderation des Sächs. Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Lutz Rathenow..

Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Archiv Bürgerbewegung Leipzig und dem Mitteldeutschen Verlag. Die Buchpräsentation findet im ehemaligen Stasi-Kinosaal statt. Der Eintritt ist frei.