Sie sind hier: Runde-Ecke-Leipzig.de / Presse

einzelne Meldung

Freitag, den 06. Oktober 2017

Die neue Ausgabe von HORCH UND GUCK mit dem Schwerpunkt „Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“

Kategorie: Pressemitteilung

Gerade hat sich der Tag der Deutschen Einheit zum 27. Mal gejährt. Oft wird dieses Ereignis nur mit dem Mauerfall in Berlin verbunden. Doch ohne die Aktionen und Demonstrationen der Opposition wäre dies nicht denkbar gewesen. Um die Bedeutung der Friedlichen Revolution für die Deutsche Einheit zu verdeutlichen, widmet sich die Doppelausgabe 82-83 im Schwerpunkt dem Thema „Friedlichen Revolution und Deutsche Einheit“.

Die jüngste Ausgabe von HORCH UND GUCK liefert als Doppelheft auf insgesamt rund 180 Seiten einen umfassenden Rückblick auf die Friedliche Revolution im Herbst 1989, auf die Entwicklungen, die den damaligen Umwälzungen vorausgingen und auf die Jahre danach im wiedervereinigten Deutschland. Insbesondere konnte dabei auch die wichtige Rolle Sachsens im Zuge der revolutionären Ereignisse und ihrer Vorgeschichte verdeutlicht werden.

Die zahlreichen Beiträge zeigen, dass die Aufarbeitung zur Friedlichen Revolution von 1989/90 längst nicht abgeschlossen sind und nach wie vor Bedarf besteht, darüber zu reden. Es ist eine wichtige Aufgabe, dieses herausragende Ereignis der deutschen Demokratiegeschichte auch abseits runder Jubiläen zu würdigen und die Erinnerung daran wachzuhalten. Insbesondere Schüler und Schülerinnen sowie jüngere Menschen und Bürger, die in den alten Bundesländern aufgewachsen sind, zeigen nach wie vor große Defizite.

Überblicksdarstellungen, Bilanzen und ein Blick zu den Diktaturen in Osteuropa

Allein in 19 Artikel berichten namhafte Historiker, Bürgerrechtler und Zeitzeugen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zum Thema. Neben Überblicksdarstellungen zu den Geschehnissen im Herbst 1989 kommen auch die Wegbereiter der Revolution, also die Oppositionsbewegungen der 1980er Jahre, sowie die Folgen der Wiedervereinigung nach 1990 nicht zu kurz. Bilanziert werden u.a. der Forschungsstand zur SED-Aufarbeitung nach mehr als 25 Jahren, die juristische Aufarbeitung der SED-Verbrechen in den 1990er Jahren sowie die anhaltenden Mentalitätsunterschiede in Ost und West. Dass viele Autoren trotz ihrer unterschiedlichen Perspektiven nicht umhin kommen, immer wieder auch auf die revolutionären Geschehnisse in Sachsen zu verweisen, spricht für die bedeutende Rolle, die die Entwicklungen im heutigen Freistaat für den Verlauf der Friedlichen Revolution gespielt haben. Schließlich bleiben aber auch die historischen Umwälzungen im übrigen Europa keineswegs außen vor. Indem sich gleich mehrere Artikel mit dem Sturz der kommunistischen Diktaturen in Osteuropa befassen, wird auch diese Themenausgabe der internationalen Dimension von 1989 gerecht.

Im Einführungsartikel lässt der Theologe und Mitbegründer des Demokratischen Aufbruchs, Ehrhart Neubert, noch einmal jene Monate im Herbst 1989 Revue passieren, als der SED die Macht über die Menschen zunehmend entglitt. Exemplarisch macht der Autor diesen Prozess am Medium der Sprache fest – vor dem Machtverlust stand der Verlust der sprachlichen Dominanz, mithin die Deutungshoheit über das Geschehen. Unterstützung erfährt Neuberts These durch Hans-Hermann Hertle, Historiker am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, der den Mauerfall am 9. November ebenfalls auf kommunikative Defizite zurückführt, genauer: auf eine Fehlinterpretation westlicher Journalisten, die Schabowskis Worte irrtümlicherweise so verstanden, als stünde die Grenze bereits offen und diese Botschaft auch so vermittelten. Erst jetzt gab es für Tausende DDR-Bürger kein Halten mehr. Vor diesem Hintergrund gebührt es dem tschechischen Politologen Karel Vodi?ka, auf die Rolle der tschechoslowakischen Genossen hinzuweisen, deren Druck die DDR-Grenzöffnung maßgeblich beschleunigt hat. Schließlich rufen die Historiker Karsten Brüggemann und Manfred Wilke ins Gedächtnis, dass sich die Umwälzungen des Jahres 1989 keinesfalls nur auf die DDR beschränkten, sondern vielmehr ein gesamteuropäisches Phänomen darstellten.

Von regionalen Schwerpunkten zu überregional angelegten Beiträgen

Jenseits des Schwerpunktthemas enthält die aktuelle Ausgabe von HORCH UND GUCK noch einmal 19 Artikel, die sich auf die Rubriken „Themen“, „Aktuell und kontrovers“, „Lebensläufe“ und „Orte der Erinnerung“ verteilen. Auch wenn der Fokus hier nicht mehr unbedingt auf Sachsen liegt, weisen gleich mehrere Artikel einen regionalen Schwerpunkt auf: Erwähnt seien nur die Beiträge zur Leipziger Beatdemo im Herbst 1965, die Würdigung des Torgauer Pfarrers Christian Sachse sowie die Vorstellung des Lern- und Gedenkortes Kaßberg-Gefängnis in Chemnitz.

Erwähnt seien auch die überregional angelegten Beiträge. Zum Beispiel spüren die Wissenschaftlerin Katharina Kunter und der Zeitzeuge Harald Bretschneider die Rolle von Kirche und Friedensbewegung nach. Währenddessen versucht sich das Autorentrio Klaus Schroeder, Kerstin Brückweh und Christoph Schaefgen an einer vorsichtigen Bilanz der Deutschen Einheit oder zumindest der Bilanz einzelner Aspekte der Wiedervereinigung: So vergleicht der Leiter des Forschungsverbunds SED-Staat Schroeder die unterschiedlichen Mentalitäten in Ost und West, die Historikerin Brückweh zieht ein Resümee der Behandlung offener Vermögensfragen und der Generalstaatanwalt a.D. Schaefgen erinnert an die juristische Aufarbeitung des SED-Unrechts. Zu guter Letzt liefert der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen (BStU), Roland Jahn, noch einen sehr persönlichen Rückblick auf die Geschichte der Öffnung der Stasi-Akten.

Aktualität und spannende Diskussionen in der Rubrik Pro und Contra: U.a. droht Abbaggerung des ehem. Speziallagers Mühlberg

Eine Reihe von Beiträgen sind auch von großer Aktualität. Matthias Taatz und Uwe Steinhoff von der Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V. berichten exklusiv, dass die bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BBVG) plant, große Teile des früheren Speziallagers Mühlberg für den Kiesabbau zu verkaufen. Dieses Thema erreichte die HORCH UND GUCK-Redaktion erst kurz vor Redaktionsschluss. Von großer Aktualität ist auch das Thema in der Rubrik Pro und Contra über den künftigen Umgang mit den Stasi-Akten. Darüber diskutieren der BStU-Beiratsvorsitzende Richard Schröder und die frühere Thüringer Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Hildigund Neubert. Seit eine Expertenkommission des Bundestages im letzten Jahr die Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv empfohlen hat, steht das Thema wieder zur Disposition. Von ähnlicher Aktualität sind auch die Beiträge von Peter Maser und Sven-Felix Kellerhoff, die sich quasi im Nachgang zum HORCH UND GUCK-Themenschwerpunkt aus Heft Nr. 80 – Wie viel SED steckt in der Linkspartei? – noch einmal mit der SED-Aufarbeitung im seit 2014 rot-rot-grün regierten Thüringen befassen. Während Kirchenhistoriker Maser eine verhalten optimistische Bilanz zieht, fällt das Urteil des Publizisten Kellerhoff erheblich kritischer aus. Mit Linksextremismus heute befasst sich Gerold Hildebrand, Projektmitarbeiter in der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Er klärt darüber auf, was Linksextremismus ist und an Hand der Polizeilichen Kriminalstatistik wie hoch das Gewaltpotential innerhalb dieser Gruppierung ist. Die Statistik zeigt auf, dass die Zahl linksmotivierter Gewalttaten in den Jahren 2014 und 2015 jeweils deutlich höher waren als die rechtsmotivierten. Zum Schluss erinnert er an das bundesweite Seminar für Jugendliche zum Thema Linksextremismus, welches in der Gedenkstätte seit 2011 angeboten wird. Demokratiegefährdender Linksextremismus sei schließlich kein zu vernachlässigendes Phänomen.

Abgerundet wird das über 180 Seiten starke und mit zahlreichen farbigen Abbildungen illustrierte Heft von einem Serviceteil, der Literaturempfehlungen und Rezensionen umfasst. Besprochen werden unter anderem Neuerscheinungen zur Besetzung der Leipziger Nikolaikirche am 9. Oktober 1989 sowie zur Vorreiterrolle Plauens im Zuge der Friedlichen Revolution.

HORCH UND GUCK – Zeitschrift der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke

Die Doppelausgabe Nr. 82-83 der Gedenkstättenzeitschrift HORCH UND GUCK ist seit der 2013 erfolgten Übernahme vom Berliner Bürgerkomitee „15. Januar“ e.V. die dritte Ausgabe, die in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ produziert wurde. Mit der Zeitschrift will die Gedenkstätte ihre Themen vertiefen und vermitteln, aber auch Kontroversen aufgreifen. Die Ausgabe konnte mit der finanziellen Unterstützung durch den Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen sowie die Sächsische Staatskanzlei erscheinen. Da sich das Heft trotz der gesteigerten Abonnenten- und Auflagenzahl nicht allein auf Basis der Abonnenten und Einzelverkäufe gegenfinanzieren kann und die Suche nach einer künftigen Finanzierungsmöglichkeit anhält, steht bislang nicht fest, wann die nächste Ausgabe von HORCH UND GUCK erscheinen wird.

Erhältlich in der Gedenkstätte oder im Online-Shop

HORCH UND GUCK ist in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ erhältlich. Interessenten können HORCH UND GUCK auch online bestellen unter: www.horch-und-guck.info.

Hinweis für die Redaktionen: Ein Rezensionsexemplar der aktuellen Ausgabe ist zu bestellen unter: www.horch-und-guck.info

Die Pressemitteilung als PDF-Datei