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Sonntag, den 17. Juni 2018

Rund 150 Schüler informieren sich am Vormittag des 18. Juni 2018 über den Aufstand von 1953; 18.00 Uhr folgt eine öffentliche Veranstaltung mit Film und Gespräch zum "Gedenken und Erinnern" mit Regisseurin Freya Klier und einer Zeitzeugin

Kategorie: Pressemitteilung

Am Folgetag des 65. Jahrestages des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 nehmen rund 150 Schülerinnen und Schüler am Montag, den 18. Juni 2018, um 9.00 und 11.30 Uhr an einer der beiden Schülerveranstaltungen in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ teil, um mehr über den ersten antidiktatorischen Aufstand in der DDR gegen die SED-Diktatur zu erfahren, bei dem sich die Menschen für Freiheit und Demokratie einsetzten. Nach der Vorführung des Films „Wir wollen freie Menschen sein“ können sie mit Regisseurin Freya Klier und Zeitzeugin Brigitte Dienst, deren Bruder Paul Ochsenbauer am 17. Juni 1953 in Leipzig erschossen wurde, über die Geschehnisse diskutieren.

Um 18.00 Uhr folgt am Montag eine öffentliche Veranstaltung zum Thema „Gedenken und Erinnern“. Mit dabei sind ebenfalls Filmemacherin Freya Klier und Zeitzeugin Brigitte Dienst sowie August Geyler, Schauspieler der Theatergruppe „Adolf Südknecht“, die in ihrer aktuellen Staffel an den Volksaufstand von 1953 erinnert. Der Eintritt ist frei.

Neun Tote und mindestens 95 Verletzte waren allein in Leipzig nach dem ersten antidiktatorischen Aufstand gegen die SED-Diktatur in der DDR zu beklagen, bei dem rund 40.000 Menschen am Nachmittag des 17. Juni 1953 demonstrierend durch die Stadt zogen und bei dem friedlichen Protest „Deutsche Einheit“ und „Freie Wahlen“ forderten. Der Aufstand wurde mit dem Einsatz der Schusswaffen der Volkspolizei sowie dem militärischen Eingreifen der sowjetischen Besatzungsmacht und der Verhängung des Ausnahmezustandes blutig beendet.

Die tragischen Ereignisse jenes Tages rekonstruierte Autorin, Dokumentarfilmerin und Bürgerrechtlerin Freya Klier in ihrem Film „Wir wollen freie Menschen sein! Der Volksaufstand von 1953“, bei dem Spielszenen den historischen Ablauf illustrieren und Zeitzeugenberichte den Zuschauer fesseln. Dazu nutzte sie historische Bild- und Tondokumente und führte Gespräche mit Beteiligten des Aufstandes und mit Familienangehörigen eines Opfers. Zentrale Figuren sind der 15-jährige Schlosserlehrling Paul Ochsenbauer, der während des Aufstandes ums Leben kam und eines der jüngsten Todesopfer des 17. Juni 1953 war, sowie Peter Schmidt, ebenfalls ein Zeitzeuge, der als damals zehnjähriger Schüler einen Bauchschuss erlitt und nur knapp überlebte. „Der Film soll ein Stück Erinnerungsarbeit leisten und die Ereignisse um den 17. Juni 1953 für junge Menschen lebendig werden lassen“, so Freya Klier. Einige Szenen des Films wurden im Hof der „Runden Ecke“ mit Requisiten aus der musealen Sammlung der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ gedreht.

Schüler vertiefen Wissen über den Volksaufstand von 1953

Als Teil der historisch-politischen Bildungsarbeit organisierte die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ anlässlich des 65. Jahrestages des Volksaufstandes am Montag, den 18. Juni 2018, eine themenbezogene Veranstaltung speziell für Schüler. Etwa 150 Schüler haben sich für eine der beiden Schüler-Veranstaltungen mit der Filmemacherin Freya Klier angemeldet.

Nach der Vorführung ihres Films zum Volksaufstand von 1953 haben die Schüler und Schülerinnen Zeit um Fragen zu stellen. Anwesend sind Freya Klier sowie die Zeitzeugin Brigitte Dienst, die die Schwester des am 17. Juni 1953 in Leipzig erschossenen Paul Ochsenbauer ist, dessen Schicksal im Film thematisiert wird. Dadurch können sie beispielsweise mehr über Hintergründe, Verläufe oder die eigene Wahrnehmung des ersten antidiktatorischen Massenaufstandes oder etwas über die Entwicklung des Films, zur Recherche oder zum Umgang mit Zeitzeugen erfahren. Danach nehmen sie an einer Kurzführung durch die Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ oder „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ teil. Optional können die Schüler danach auch einen selbstständigen Rundgang durch die Leipziger Innenstadt machen und dabei die kostenfreie Museums-App „Leipzig 1953“ nutzen, die als Hörführung an 13 Originalschauplätze und drei heutige Gedenkorte in Leipzig führt sowie zahlreiche originale Fotos, Dokumente, Kurzbiographien zu Todesopfern sowie zeitgenössisches Ton- und Filmmaterial bietet.

Ab 18.00 Uhr: Film und Gespräch zum „Gedenken und Erinnern“ an den 17. Juni 1953

Die Erinnerung an den 17. Juni 1953 gerät allerdings zunehmend in Vergessenheit, obwohl der Tag vor der Wiedervereinigung in der Bundesrepublik erst ein gesetzlicher Feiertag und dann ein nationaler Gedenktag war. In der DDR selbst war ein würdigeres Erinnern nicht möglich, weil das SED-Regime den Aufstand als „faschistischen“ bzw. „konterrevolutionären Putschversuch“ diffamiert hatte. Ein bewusstes Erinnern an den 17. Juni ist aber heute noch wichtig. Dieser friedliche Aufstand für Freiheit und Demokratie zeigt eindrücklich, wie wichtig unser heutiger demokratischer Rechtsstaat ist und dass wir uns für deren Erhalt immer wieder einsetzen müssen. Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ erinnert deshalb seit vielen Jahren an den Aufstand vom 17. Juni 1953 und sieht die Erinnerung auch als Teil ihrer historisch-politischen Bildungsarbeit.

Bei der öffentlichen Veranstaltung am Montag, den 18. Juni 2018, um 18.00 Uhr im ehemaligen Stasi-Kinosaal der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ zum Thema „Gedenken und Erinnern“ geht es genau darum: Zunächst wird die Dokumentation „Wir wollen freie Menschen sein! Der Volksaufstand von 1953“ vorgeführt. Im anschließenden Gespräch liegt der Fokus auf dem heutigen Umgang und dem bewussten Erinnern an den Volksaufstand und seine Opfer. Dazu diskutieren neben der Filmemacherin Freya Klier auch Zeitzeugin Brigitte Dienst und August Geyler, Schauspieler der Theatergruppe „Adolf Südknecht“.

Für die Gesprächsteilnehmer sind die Ereignisse des Aufstandes wichtige Themen. Die Theatergruppe setzt diese beispielsweise aktuell künstlerisch in ihrer Staffel „Der Aufstand“ um. Ein Thema könnte auch der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im vergangenen Jahr initiierte Stadtratsantrag sein. Ziel war es, das Erscheinungsbild an der Grab- und Gedenkanlage „Opfer der Gewaltherrschaft von 1945-1989“ auf dem Südfriedhof zu erneuern und besser in das Leit- und Wegesystem des Leipziger Südfriedhofs einzubinden. Dieser Antrag wurde auch von CDU und SPD sowie zwei weiteren Stadträten unterstützt. Die „künstlerische Würdigung der Opfer der ersten Demokratiebewegung der DDR“ auf dem Südfriedhof ist allerdings bis heute noch nicht einmal in der Vorbereitung. Über diese und andere Fragen der Erinnerungskultur an die erste Demokratiebewegung der DDR sprechen die Podiumsteilnehmer unter Moderation von Tobias Hollitzer, Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. Der Eintritt ist frei.

Die Pressemitteilung als PDF-Datei.