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Dienstag, den 19. März 2002

Stasi-Überprüfung beim MDR lässt Fragen offen

Kategorie: Pressemitteilung
Trotz umfangreicher Zahlen-Bilanz bleiben Zweifel an konsequenter Aufarbeitung

Ein detailliertes Zahlenwerk hat der Mitteldeutsche Rundfunkt zum Abschluss der neuerlichen Überprüfung seiner Mitarbeiter auf eine mögliche Stasi-Vergangenheit vorgelegt. Diese umfassende Information der Öffentlichkeit ist löblich - und doch bleibt bei genauer Betrachtung der Zahlen ein schaler Nachgeschmack. Es sind vor allem drei Fragen, die der Abschlussbericht aufwirft.

Mehr als die Hälfte der "nicht zumutbaren" Mitarbeiter bleiben

Zum ersten lässt die Erklärung des MDR offen, wieso von 13 Mitarbeitern, deren weitere Beschäftigung der Personalausschuss für "nicht zumutbar" hielt, nur sechs gehen mussten. Arbeitsrechtliche Hemmnisse dürften als Grund ausgeschlossen sein, da es sich um neue Erkenntnisse aus der Stasi-Unterlagen-Behörde über die betreffenden Personen handelte. Besonders unverständlich ist die mildtätige Entscheidung, da Intendant Udo Reiter immer wieder betont hatte, sich bei der ersten Überprüfung als "West-Intendant" lieber an die Empfehlung des mit Ostdeutschen besetzten Rundfunkrats gehalten zu haben. Warum er das heute nicht mehr für nötig hält, bleibt offen.

Zum zweiten hüllt sich der MDR in Schweigen darüber, welche Zukunft diejenigen Mitarbeiter im Sender haben, deren Stasi-Verstrickungen ab Oktober 2000 gleich reihenweise von verschiedenen Medien publik gemacht worden waren. Offiziell wurden sie vorläufig von ihren Aufgaben entbunden und sollten nicht mehr auf dem Bildschirm auftauchen. Dass viele inzwischen wieder produzieren und programmprägende Entscheidungen treffen, erfuhr der Zuschauer entweder zufällig oder gar nicht. Selbst wenn über einige der betreffenden Mitarbeiter keine neuen Erkenntnisse von der Birthler-Behörde vorliegen mögen - eine klare Aussage hätte der Glaubwürdigkeit des Senders gut getan.

Zum dritten kann der kritische Gebührenzahler nur hoffen, dass der Personalausschuss in 31 Fällen die Einschätzung "zumutbar" und "bedingt zumutbar" mit der nötigen Sorgfalt getroffen hat. Ein wenig getrübt wird diese Hoffnung durch das Ergebnis der ersten Überprüfung. Diese überstanden auch solche Mitarbeiter unbescholten, die laut Aktenlage in ihrer Zeit als IM zur Verhaftung "feindlich negativer Elemente" beigetragen hatten. Nachdenklich stimmt schließlich auch die Tatsache, dass der MDR nur in einem einzigen Fall den Rat der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einholte, obwohl diese ihre Hilfe mehrmals und ausdrücklich angeboten hatten.

MDR wird Imgage eines Stasi-Senders nicht los

So muss sich Udo Reiter nicht wundern, wenn dem MDR trotz der nun abgeschlossenen Überprüfung der Festangestellten das Image eines Stasi-Senders noch eine Weile anhaften wird. Und auch die - unbescholtenen - Mitarbeiter der Rundfunkanstalt werden sich aufgrund der inkonsequent umgesetzten Empfehlungen des Personalausschusses wohl noch einige Zeit mit dem Misstrauen manches Gesprächs- oder Interviewpartners herumschlagen müssen.