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Montag, den 08. März 2010

Erklärung von Birthler erschüttert Glaubwürdigkeit ihrer Behörde massiv

Kategorie: Pressemitteilung

Nach langem Schweigen gab die BStU am späten Nachmittag eine kurze Pressemitteilung heraus. Darin spricht die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, ihrem Direktor Hans Altendorf trotz der nun bekanntgewordenen neuen Fakten zu seiner Biografie das uneingeschränkte Vertrauen aus. Sie ignoriert die von vielen Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen in den letzten Tagen vorgebrachte Bestürzung.

Linksextreme Vergangenheit des Direktors der BStU war bisher nicht bekannt

Marianne Birthler behauptet weiterhin, in verklausulierter Form, dass die jetzt bekanntgewordenen Fakten bereits seit Jahren öffentlich bekannte gewesen seien. Dies ist schlicht falsch. Die jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe über eine linksextreme Vergangenheit des Direktors der Stasi-Unterlagenbehörde, sind gänzlich neu. Er soll in verschiedenen kommunistischen Tarnorganisationen wie dem „Weltfriedensrat“ und der „Initiative Weg mit den Berufsverboten“ die von der SED finanziert wurden, in teils führender Funktion tätig gewesen sein. Selbst in die Sowjetunion habe er Kontakte unterhalten und Reisen zu politischen Gesprächen unternommen. Im offiziellen Lebenslauf auf der Homepage der BStU, finden sich keinerlei Aussagen dazu. Seine jetzt bekanntgewordene offenkundige jahrelange Nähe zur DDR und zur kommunistischen Idee hat Herr Altendorf der Öffentlichkeit bewusst vorenthalten hat. In der heutigen Erklärung dementiert die BStU die aktuelle Berichterstattung über diesen Teil der Biografie des Direktors mit keinem Wort.

Die Ankündigung von Birthler, dass Altendorf jetzt das angeblich schon lange Bekannte in einem internen Brief an den Beirat der Behörde noch einmal darlegen will, ist ein Hohn. Der Bedeutung des Amtes entsprechend, das Altendorf inne hat, muss er die Öffentlichkeit umfassend über die jetzt im Raum stehenden Vorwürfe aufklären.

Sollten die jetzt bekanntgewordenen Fakten und Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen, so würde ja ein einfaches und kurzes Dementi von Altendorf ausreichen. Er müsste dann allerdings erklären, auf welchen Wegen sein Name auf die jetzt in den Archiven aufgefundenen Dokumente gefunden hat.

Altendorf ist für das das Amt des Direktors der Stasi-Unterlagenbehörde nicht geeignet

Birthlers Argumentation zur Verteidigung ihres Direktors erinnert in fataler Weise an die Beschwichtigungen, die immer dann vorgebracht werden, wenn Auskünften der Stasi-Unterlagenbehörde Stasi-Verstrickungen bekannt machen. Die Bundesbeauftragte zerstört damit das Ansehen der Behörde und das in sie gesetzte Vertrauen massiv.

Weiterhin verweist Marianne Birthler auf die allgemeinen Regelungen für den Öffentlichen Dienst. Auch dieser Ablenkungsversuch geht fehl, da an die Stasi-Unterlagenbehörde und ihr Personal besonders hohe Anforderungen zu stellen sind. Dies hat der Bundestag in seiner jüngsten Novelle zum Stasi-Unterlagen-Gesetz noch einmal ausdrücklich betont, indem dort die Überprüfungsmöglichkeit für BStU-Mitarbeiter unbefristet ermöglicht wurden, um „der notwendigen Sensibilität dieser Tätigkeit und dem erforderlichen Vertrauen in diese Institutionen zu entsprechen.“

Hans Altendorf war in einem Umfeld aktiv, das unter anderem die Verhaftung und Verurteilung von Rudolf Bahro und die Ausbürgerung von Wolf Biermann unterstützt und gutgeheißen hat. Selbst der Tod des SED-Diktators Walter Ulbricht wurde mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Eine solche antidemokratische Unterstützung kommunistischer Regime aus der Freiheit der Bundesrepublik heraus, fiel der DDR-Opposition in den Rücken und hat großen Schaden angerichtet.

Vor allem aber das konsequente Verschweigen und Herunterspielen seiner offenbar langjährigen Tätigkeit als Funktionär linksextremer und kommunistischer Tarnorganisationen in der alten Bundesrepublik zeigen, das Herr Altendorf als Direktor dieses überaus sensiblen Archives gänzlich ungeeignet ist.

Dringender den je: Unabhängige Kommission muss Vorwürfe umgehend prüfen

Nach der heutigen Reaktion der Bundesbeauftragen ist die Forderung nach einer umgehenden und restlosen Aufklärung der Vorgänge unter Nutzung aller zur Verfügung stehenden Mittel dringender den je. Der Kulturausschuss des Deutschen Bundestages ist ebenso wie der Bundesbeauftragte für die Kultur und die Medien dringend aufgefordert sich des Themas anzunehmen. Eine externe Untersuchung durch eine unabhängige Kommission ist umgehend zu veranlassen. In diesem Zusammenhang sollte auch geprüft werden, inwieweit die teils schleppende Aufarbeitung und Herausgabe wichtiger Aktenbestände zum Wirken der SED und ihres Ministeriums für Staatssicherheit in der alten Bundesrepublik auf die Einflussnahme des Direktors Altendorf zurückgeht.