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Samstag, den 09. Oktober 2010

"Orte der Friedlichen Revolution" Stelenausstellung im Leipziger Stadtraum feierlich eröffnet

Kategorie: Pressemitteilung

Am 9. Oktober 2010 wurde die erste Stele zur Friedlichen Revolution auf dem Augustusplatz enthüllt – Bürgerkomitee freute sich über lobende Worte der geladenen Gäste

„Identitätstiftend für Leipzig“ sei dieses Stelenprojekt, betonte Oberbürgermeister Burkhard Jung in seinem Grußwort anlässlich der Enthüllung der ersten Stele, die auf dem Augustusplatz dauerhaft an die entscheidende Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 erinnert. Zur Eröffnung der ersten von insgesamt 20 geplanten Erinnerungspunkten im Leipziger Stadtraum richteten neben dem Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung auch der Vorsitzende des Stiftungsrates der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sowie der Sprecher der sächsischen Staatsregierung Johann-Adolf Cohausz ein Grußwort an die etwa 100 anwesenden Gäste und Interessierten und waren vollen Lobes für dieses Projekt. Gemeinsam mit dem Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ Tobias Hollitzer enthüllten sie im Anschluss die erste Stele.

Als „Sternstunde der Menschheit“ bezeichnete Burkhard Jung die entscheidende Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 und bezog sich damit auf das weltberühmte Buch von Stefan Zweig, der „heute sicherlich die Friedliche Revolution in seine Aufzählung aufgenommen hätte.“ Die Stele stünde aber nicht nur für die Erinnerung an die Friedliche Revolution sondern solle gleichzeitig heute zum demokratischen Handeln motivieren. Jung forderte außerdem die Leipziger auf, ihre Meinung zu dem Projekt zu äußern. „Schreiben Sie uns, was Sie von den Stelen halten.“

Markus Meckel erinnerte in seinem Grußwort daran, dass „in dieser Stadt etwas begonnen hat, was für ganz Deutschland und Europa von Bedeutung war.“ Der Vorsitzende des Stiftungsrates der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur begrüßte die Errichtung von dauerhaften Erinnerungspunkten, die auch über die „Flüchtigkeit der runden Jubiläen und Jahrestage“ hinaus wirkten. Meckel fand lobende Worte für die mächtigen Montagsdemonstrationen auf dem Leipziger Ring im Herbst ´89, für die Massen auf den Straßen, die der sehr kleinen DDR-Opposition den Rücken stärkten und dem demokratischen Umbruch zum Erfolg verhalfen. Diese Umwälzung sei auch in anderen kommunistischen Ländern gelungen, so dass man heute sogar von einer „Ostmitteleuropäischen Revolution“ sprechen könne, so Meckel.

Der Sprecher der sächsischen Staatsregierung Johann-Adolf Cohausz, der in Vertretung für Staatsminister Dr. Johannes Beermann, ein Grußwort sprach, gratulierte dem Bürgerkomitee und der Stadt Leipzig auch im Namen der Staatsregierung und des Ministerpräsidenten Stanislav Tillich zu diesem Projekt. Cohausz bewunderte die Entschlossenheit und den Mut der Menschen, die vor 21 Jahren auf die Straße gingen und sich einer Diktatur entgegen stellten. Dass aus dem Ruf „Wir sind das Volk!“ bald die Parole „Wir sind ein Volk“ wurde und die Friedliche Revolution das Bild Deutschlands in der Welt zum Positiven veränderte, darüber zeigte sich Cohausz besonders glücklich.

Nach einer inhaltlichen Einführung in das Projekt von Tobias Hollitzer, dem Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, wurde die erste Stele der Öffentlichkeit übergeben. Bis zum Ende des Jahres 2010 wird das Projekt in enger Abstimmung mit der Stadt Leipzig realisiert.

 

In Leipzig werden 20 Stelen an Originalschauplätzen über die Friedliche Revolution informieren

Die Stele steht an dem Ort, an dem sich vor 21 Jahren, am 9. Oktober 1989, 70.000 DDR-Bürger trotz massiver Drohungen des SED-Regimes versammelten um friedlich auf dem Leipziger Ring zu demonstrieren. Angesichts dieser Masse mussten sich die bereitstehenden 8.000 bewaffneten Kräfte zurückziehen. An diesem Tag entschied sich in Leipzig, ob die Revolution eine blutige oder eine friedliche werden würde. Mit der Friedlichen Revolution errangen die Menschen im ganzen Land die Freiheit und schufen gleichzeitig wichtige Voraussetzungen für die deutsche Wiedervereinigung sowie den europäischen Einigungsprozess.

Das Projekt markiert 20 „Orte der Friedlichen Revolution“ im Leipziger Stadtraum, an denen Aktionen stattfanden, die zum Sturz der SED-Diktatur und zum demokratischen Umbruch beitrugen: von der Demonstration für Bürger- und Menschenrechte im Januar 1989 über die Aufdeckung der Wahlfälschung im Mai 1989 bis zur entscheidenden Montagsdemonstration am 9. Oktober, der Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale oder der ersten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990.

Mit der Errichtung thematischer Stelen werden die Topographie und die zeitliche Entwicklung der Friedlichen Revolution erlebbar. Sie sollen an die Kraft der demokratischen Idee erinnern, die den Bürgern zur Selbstbefreiung von der Diktatur verhalf, und zeigen, dass sich Zivilcourage und Einsatz für einen freiheitlichen und demokratischen Staat lohnen. Die Leipziger und die Besucher der Stadt werden so mit einem wichtigen Kapitel der deutschen Geschichte konfrontiert und die besondere Rolle Leipzigs als Stadt der Friedlichen Revolution für den demokratischen Aufbruch 1989 eindrucksvoll präsentiert. Die Standorte zeigen die Besonderheit, Vielschichtigkeit und Einmaligkeit des Gesamtereignisses Friedliche Revolution in Leipzig.

Bereits 2004 informierte das Bürgerkomitee mit temporären Stelen über die Ereignisse von 1989. Dies wurde von den Bürgern und Gästen der Stadt mit großem Interesse aufgenommen. Im März 2007 beschloss die Ratsversammlung auf Ihrer 33. Sitzung den Antrag „Leipzig und ’89: Erinnern, Bewahren und für die Zukunft nutzbar machen“ einstimmig. Darin hieß es unter anderem: „An geeigneten Orten sollten dauerhafte Stelen an die DDR-Diktatur und an die friedliche Veränderung vom Herbst 1989 erinnern.“

Das Bürgerkomitee griff diese Idee auf, entwickelte ein Konzept und warb Fördermittel ein. Nach einer beschränkten Ausschreibung im Jahr 2009 wählte ein Gremium, bestehend aus Vertretern der Stadtverwaltung, den Fraktionen des Stadtrates sowie weiteren Fachleuten einen Entwurf aus. Die Wahl fiel auf das Leipziger Büro „Studio KW“ und den von Klaus Hübner eingereichten Gestaltungsvorschlag.

Die Gestaltung der Stelen symbolisiert Diktatur und deren friedliche Überwindung

Die Stelen werden aus Streckmetall gefertigt. Durch die Materialwahl erscheinen die 3 Meter hohen Stelen nicht als geschlossene Fläche, sondern nehmen sich in ihrer durchbrochenen Struktur im Stadtbild zurück. Außerdem besteht ein historischer Bezug zum Material – Streckmetall wurde in der DDR für Grenzsicherungsanlagen eingesetzt. Die Mauer war eine zentrale Voraussetzung für die SED-Diktatur und wurde mit der Friedlichen Revolution beseitigt. Auf jeder Stele informieren grafisch gestaltete Informationsflächen über das jeweilige Ereignis der Friedlichen Revolution und ihrer Vorgeschichte. Die Idee der Informationstafeln ist angelehnt an Formen der Erinnerungskultur, wie man sie nach einschneidenden Erlebnissen an vielen Orten des Geschehens findet: Menschen hängen Zettel, Schildchen und anderes an Zäune, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. So etwa auch während der Friedlichen Revolution, als Leipziger Bürger auf diese Art und Weise für die Freilassung von politischen Gefangenen demonstrierten.

Die Umsetzung des Projektes wird möglich durch die finanzielle Unterstützung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, des Freistaates Sachsen aus dem Programm „20 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ sowie der Stadt Leipzig. Die Arbeit des Bürgerkomitee Leipzig e.V. wird unterstützt durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten (StSG) und den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM).

 

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