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Freitag, den 18. Mai 2018

Anmeldung zu Schüler-Veranstaltungen möglich: Film und Gespräch mit Regisseurin Freya Klier und einer Zeitzeugin zum 65. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 53 gegen die SED-Diktatur

Kategorie: Pressemitteilung

Anlässlich des 65. Jahrestages des ersten antidiktatorischen Volksaufstandes im Jahr 1953 in der DDR bietet die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ am Montag, den 18. Juni 2018, um 9.00 und 11.30 Uhr zwei Schülerveranstaltungen an. In Anwesenheit der Filmemacherin Freya Klier und einer Zeitzeugin sollen bei einer Filmvorführung mit Gespräch die Ereignisse für die Schüler und Schülerinnen greifbar werden und somit ein Stück Erinnerungsarbeit geleistet werden. Eine Anmeldung ist ab sofort möglich.

Der 17. Juni, der vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 in der alten Bundesrepublik Nationalfeiertag war, gerät zunehmend in Vergessenheit. Doch gerade dieser friedliche Volksaufstand vom 17. Juni 1953 als erster Aufstand gegen die kommunistische Diktatur in der DDR, bei sich die Menschen für Freiheit und Demokratie einsetzten, zeigt eindrücklich, wie wichtig unser heutiger demokratischer Rechtsstaat ist und dass wir uns für dessen Erhalt immer wieder einsetzen müssen. Daher lädt die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ Schulklassen ein, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.

Einmalige Dokumentation „Wir wollen freie Menschen sein!“

Am Beginn der Schülerveranstaltungen am Montag, den 18. Juni 2018, steht die Vorstellung des Filmes „Wir wollen freie Menschen sein!“, von dem einige Szenen im Hof der „Runden Ecke“ mit Requisiten aus der musealen Sammlung der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ gedreht wurden. Die Filmvorführung ist kombiniert mit einem Gespräch mit der Autorin, Dokumentarfilmerin und Bürgerrechtlerin Freya Klier. Die Regisseurin schuf eine großartige Dokumentation des Volksaufstandes in Leipzig, die durch Spielszenen den historischen Ablauf illustriert und mit Zeitzeugenberichten den Zuschauer fesselt. Zur Rekonstruktion der tragischen Ereignisse nutzte sie historische Bild- und Tondokumente, führte Gespräche mit Beteiligten des Aufstandes und mit den Familienangehörigen eines Opfers. Zentrale Figuren sind der 15-jährige Schlosserlehrling Paul Ochsenbauer, der während des Aufstandes ums Leben kam und eines der jüngsten Todesopfer des 17. Juni 1953 war, sowie Peter Schmidt, ebenfalls ein Zeitzeuge, der als damals zehnjähriger Schüler einen Bauchschuss erlitt und nur knapp überlebte. „Der Film soll ein Stück Erinnerungsarbeit leisten und die Ereignisse um den 17. Juni 1953 für junge Menschen lebendig werden lassen“, so Freya Klier.

Im Anschluss können die Schüler und Schülerinnen mit der Regisseurin sowie einer Zeitzeugin ins Gespräch kommen und Fragen stellen, beispielsweise um über Hintergründe, Verläufe oder die eigene Wahrnehmung des ersten antidiktatorischen Massenaufstandes oder um über die Entwicklung des Films, zur Recherche oder zum Umgang mit Zeitzeugen zu reden. Abgerundet wird das Programm mit einer anschließenden Kurzführung durch die Ausstellungen „Stasi – Macht und Banalität“ bzw. „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“. Ergänzend ist es möglich, nach der Veranstaltung mit den Schülern einen Rundgang durch die Leipziger Innenstadt zu machen und dabei die kostenfreie Museums-App „Leipzig 1953“ zu nutzen, die als Hörführung an 13 Originalschauplätze und drei heutige Gedenkorte in Leipzig führt.

Ablauf und Anmeldung der Schülerveranstaltungen am Montag, den 18. Juni 2018, 9.00 und 11.00 Uhr

Die Schülerveranstaltungen dauern je zwei Stunden und beinhalten die 45-minütige Filmvorführung, die 45-minütige Gesprächs- und Fragerunde sowie die 30-minütige Kurzführung durch eine der beiden Ausstellungen. Beginn ist 9.00 Uhr und 11.30 Uhr.

Die Veranstaltungen sind geeignet für Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klasse. Die Veranstaltungen finden im ehemaligen Stasi-Kinosaal der Gedenkstätte statt, einem original erhaltenen Relikt der SED-Diktatur. Da die Plätze dort begrenzt sind, werden die Schulen um eine verbindliche Anmeldung gebeten unter Angabe des Terminwunsches, der Schüleranzahl, der Klassenstufe und der Wahl der Ausstellungsführung.

Hintergründe und Bildungsarbeit der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“

Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, die in original erhaltenen Räumen der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig über die Stasi als Garant der SED-Diktatur und über deren Überwindung durch die Friedliche Revolution informiert, erinnert seit vielen Jahren auch den ersten Massenaufstand gegen die kommunistische Diktatur in der DDR. Zur Erinnerung veranstaltet sie jeweils am 17. Juni eines Jahres eine Gedenkveranstaltung. Auch entwickelte sie die Museums-App „Leipzig 1953“ und schließlich steht der Aufstand, dessen Forderungen nach freien Wahlen, Freiheit und Demokratie sich erst mit der Friedlichen Revolution von 1989 erfüllten, auch am Beginn ihrer Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“.

Widerstand gegen die kommunistische Diktatur in der DDR gab es bereits seit ihrer Errichtung im zuvor sowjetisch besetzten Teil Deutschlands, also seit 1945. Einen ersten Höhepunkt fand die Entwicklung jedoch in den Protesten vor nun 65 Jahren. Am 17. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der damaligen DDR zu Demonstrationen und Streiks von insgesamt mehr als einer Million Menschen. In Leipzig legten etwa 27.000 Arbeiter und Angestellte in über 80 Betrieben die Arbeit nieder. Am Nachmittag demonstrierten bereits über 40.000 Menschen auf verschiedenen Routen durch die Stadt. Schon damals waren „Deutsche Einheit“ und „Freie Wahlen“ zentrale Forderungen des friedlichen Protestes. So zeigte sich in diesem ersten antidiktatorischen Aufstand das Streben der Menschen in der DDR nach Freiheit und demokratischem Rechtsstaat.

Mit dem Einsatz der Schusswaffen der Volkspolizei sowie dem militärischen Eingreifen der sowjetischen Besatzungsmacht und der Verhängung des Ausnahmezustandes wurden alle Hoffnungen auf Veränderungen zerstört. Neun Tote und mindestens 95 Verletzte waren allein im Bezirk Leipzig zu beklagen. Unmittelbar nach dem Aufstand setzte eine große Verhaftungswelle ein. Von den durch Stasi und Volkspolizei allein in Leipzig fast 1.000 Verhafteten wurden in den Folgemonaten über 100 Personen – teils in Schauprozessen – zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, einer auch zum Tode. Erst mit der Friedlichen Revolution wurden die Forderungen des Volksaufstandes 1989 erfüllt.

Ziel der historisch-politischen Bildungsarbeit der Gedenkstätte ist es, die Erinnerung an das Unrechtsregime in der DDR wach zu halten und den Tendenzen der Ostalgie entgegenzuwirken. Zugleich wird ausgehend von den Erfahrungen der SED-Diktatur sowie deren Überwindung der hohe Wert des heutigen demokratischen Rechtsstaates erfahrbar. Im gesellschaftlichen Diskurs will die Gedenkstätte auch den Blick für die aktuellen Gefahren totalitärer Ideen und diktatorischer Systeme schärfen.

Die Pressemitteilung als PDF-Datei.