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Montag, den 02. Juli 2001

Zum Prozess um die Herausgabe der Stasi-Akten Helmut Kohls

Kategorie: Pressemitteilung
Von: Bürgerkomitee Leipzig e.V.
Extrawurst für Helmut Kohl?

Sonderbehandlungen für Prominente sind in den bundesdeutschen Gesetzen nicht vorgesehen. Dennoch versucht Ex-Kanzler Helmut Kohl gerade, eine solche für sich durchzusetzen. Am Mittwoch entscheidet das Oberverwaltungsgericht Berlin über seinen Antrag, die Akten, die die Staatssicherheit der DDR über den einstigen Regierungschef angelegt hatte, unter Verschluss zu halten.

Ex-Kanzler unterläuft Stasi-Unterlagengesetz

Kohl unterläuft mit dieser Forderung das Stasi-Unterlagengesetz (StUG). Denn dort ist eindeitiggeregelt: Akten über Funktions- und Amtsträger dürfen zu Forschungszwecken an Wissenschaftler und Journalisten herausgegeben werden. Die Entscheidung für diese Regelung fiel während des Gesetzgebungsverfahrens nach intensiver Debatte ganz bewusst und kann deshalb heute nicht erneut zur Diskussion stehen. Fast zehn Jahre lang hat den betreffenden Passus des StUG niemand infrage gestellt - schon gar nicht die Regierung Kohl. Zahlreiche Politiker unterschiedlicher Coleur - freilich weniger prominent als der ehemalige Kanzler - mussten sich gefallen lassen, dass die Öffentlichkeit ihre Akten unter die Lupe nahm. Denn das StUG wurde bewusst als ein Gesetz konzipiert, das den allgemeinen Datenschutzregelungen vorgeht.

Aufarbeitung muss glaubwürdig bleiben

Nun, wo es ihn selbst betrifft, sieht Kohl plötzlich seine Persönlichkeitsrechte verletzt und ruft die Justiz zu Hilfe. Doch das StUG ist so eindeutig formuliert, dass der Politiker die Herausgabe privater oder gar intimer Informationen gar nicht zu fürchten braucht. Die Veröffentlichung von Material über sein amtliches Wirken muss Kohl sich - genauso wie Tausende vor ihm - jedoch gefallen lassen. Wenn die Aufarbeitungsbestrebungen in der Bundesrepublik weiterhin glaubwürdig bleiben sollen, darf der Ex-Kanzler keine Sonderbehandlung erfahren.