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Mittwoch, den 12. Juni 2002

CDU/CSU-Bundestagsfraktion verät das Erbe der Friedlichen Revolution

Kategorie: Pressemitteilung
Von: Bürgerkomitee Leipzig e.V

Mit der Forderung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine erneute Anhörung im Innenausschuß anzuberaumen versucht diese ausschließlich die dringend notwendige Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) zu verhindern. Mit dieser leicht durchschaubaren Aktion macht sich die CDU/CSU zum Totengräber der Aufarbeitung und Verrät das Erbe der Friedlichen Revolution von 1989. Auch die immer wieder bemängelte Spaltung in Ost und West wird dadurch massiv verstärkt.

CDU/CSU verfolgen ausschließlich Verhinderungstaktik

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat gestern erklärt, daß sie eine weitere Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf zur Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes beantragen wird. Diese erneute Anhörung ist vollkommen unötig, da bereits eine Anhörung am 05.2002 stattgefunden hat, auf der Experten zu den verschiedenen Fragen kompetent Stellung genommen haben. Im Ergebnis war sich die Mehrheit einig, daß es eine Novellierung des StUG geben muß, um die weitere Aufarbeitung zu gewährleisten. Auch einig war man sich, daß diese Novellierung verfassungsgemäß ist. Die CDU/CSU beantragt die erneute Anhörung offenkundig einzig und allein, um Zeit zu schinden und auf diesem Weg eine Abstimmung des Gesetzes im Bundesrat zu verhindern. Diese offenkundige Taktik ist durchsichtig und einzig von parteipolitischen Eigenintressen diktiert.

Einigungsvertrag verpflichtet den Gesetzgeber zur Aufarbeitung

Die offenen Akten und die Aufarbeitung der SED-Diktatur in der DDR war eine wichtige Bedingung dafür, dass die Friedliche Revolution 1989 auch tatsächlich friedlich blieb. Die Menschen wollten nach 1989 nicht die viel zitierte "Hexenjagd" auf die Täter eröffnen, aber sie wollten die Verantwortlichen benannt wissen. Nicht umsonst wurde deshalb der Deutsche Bundestag im Einigungsvertrag dazu verpflichtet, ein entsprechendes Aufarbeitungsgesetz zu verabschieden. Mit dem StUG entstand ein Regelwerk, das kein Fremdkörper im bundesdeutschen Rechtssystem ist, sondern im Gegenteil mit der bewährten Archiv- und Datenschutzpraxis konform geht. So ist es beispielsweise keine Erfindung des StUG, dass sich Personen der Zeitgeschichte sowie Funktions- und Amtsträger weniger beziehungsweise nicht auf Persönlichkeitsrechte berufen können. Es muss neuerlich betont werden, dass private und intime Informationen schon immer vom Gesetz geschützt waren und daher noch nie von der Birthler-Behörde herausgegeben wurden.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, sich - wie im Einigungsvertrag festgeschrieben - klar zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu bekennen. Sollte eine Novellierung des StUG, die die weitere Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit im bisherigen Umfang wieder gewährleistet, nicht zustandekommen, würde die Bundesrepublik gegen den Einigungsvertrag verstoßen. Dass die CDU/CSU dies mit ihrem jetzigen Handeln in Kauf nimmt, ist nicht hinnehmbar.

Wir brauchen eine sachliche, von Faktenwissen geprägte Debatte, die frei von populistischen Argumenten und Wahlkampfüberlegungen ist.

CDU/CSU betreibt neue Spaltung in Ost und West

Um den "Kanzler der Einheit" vor befürchteten Enthüllungen aus den Stasi-Akten zu schützen ist die CDU/CSU gerade dabei eines der wichtigsten Ergebnise der Verreinigung: das StUG und den Prozess der Aufarbeitung zu zerstören. Mit diesem Handeln beschädigt sie die unbestrittenen Verdienste der Partei im Prozess der deutschen Einheit nachhaltig. Die CDU/CSU macht sich damit zum Diener der Funktions- und Amtsträger der DDR und der Schlußstrichapologeten aller Couler.

Jetzt, da die Aufarbeitung zunehmend auch die alte Bundesrepublik erreicht, mehrt sich der Widerstand gegen ein Gesetz, das sich mehr als zehn Jahre lang bewährt hat. Dies fördert eine immer wieder beklagte Spaltung zwischen Ost und West. Dass es gerade die CDU/CSU ist, die das erfolgreiche Modell der Aufarbeitung, das auch im Ausland mit Interesse und Hochachtung verfolgt wird, so nachhaltig zu beschädigen beabsichtigt, wird ausschließlich die PDS und die Täter der SED- Diktatur freuen, die sich dann nicht mehr mit ihrer eigenen Verantwortung auseinandersetzen müßten.

Dass sich auch Hartmut Büttner, der gemeinsam mit vielen anderen 1991 an dem jetzigen StUG gearbeitet hat und mit half dieses Gesetzes zu einem Aufarbeitungsgesetz werden zu lassen, jetzt gänzlich entgegengesetzt argumentiert schockiert uns. Ebeso unverständlich ist uns, daß der stellv. Parteivorsitzende der CDU und DDR-Bürgerbewegte Günter Nooke sich diesen sachfremden Argumenten ebenfalls anschließt statt klar deutlich für eine Weiterführung der Aufarbeitung einzutreten.

"Koalition der Vernunft" muß Aufarbeitung gewährleisten

Der immer wieder beschworenen "Koalition der Vernunft" kann nicht angehören, wer aus sachfremden oder Eigeninteressen die weitere wissenschaftliche Aufarbeitung anhand der Stasi- Akten verhindert. Die CDU/CSU sollte ihr Tun dringend überdenken und in der heutigen Innenausschussitzung die Blokade aufgeben um so wieder der "Koalition der Vernuft" beizutreten.