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Freitag, den 19. Januar 2007

"Antifaschismus" - Schein und Wirklichkeit

Kategorie: Pressemitteilung

Unfehlbare, durch nichts zu brechende, treue Parteisoldaten – so sah die sozialistische Propaganda in der DDR die kommunistischen Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Antifaschistische Überzeugungen wurden instrumentalisiert, der Widerstand mythologisiert. Die Ideologie verknüpfte Kommunismus und Antifaschismus. Wer gegen den Kommunismus war, geriet schnell in die Gefahr, zum Faschisten oder dessen Helfer erklärt zu werden. Kommunistische Funktionäre erhielten noch nachträglich den Ehrentitel Antifaschist.

 

Buchpräsentation und Vortrag im Museum in der „Runden Ecke“ am 22.01.2007

Dass es sich bei diesen Geschehnissen nicht etwa um Einzelfälle, sondern vielmehr um die Regel handelte, kann am 22.01.2007 im ehemaligen Stasi-Kinosaal im Museum in der „Runden Ecke“ nachvollzogen werden. Ab 19.00 Uhr präsentiert das Bürgerkomitee Leipzig e.V. in Zusammenarbeit mit dem Verein Zeit-Geschichte(n) Halle und dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung Dresden das neu erschienene Buch „Fälschung und Instrumentalisierung antifaschistischer Biographien. Das Beispiel Halle/Saale 1945 – 2005“ von Dr. Frank Hirschinger.

Der Autor analysiert die in der DDR praktizierte Fälschung antifaschistischer Biografien im Sinne von Identitätsstiftung und kommunistischer Traditionspflege am Beispiel mehrerer SED-Funktionärsbiographien aus Halle/Saale. Darüber hinaus zeigt er an aktuellen Beispielen auf, wie aus der SED und dem MfS hervorgegangene Repräsentanten PDS-naher Antifa-Verbände bis heute gefälschte Biographien zur Erinnerung moralischer Autorität und zur Durchsetzung politischer Interessen einsetzen. Die Geschichtspolitik von Antifa-Verbänden und PDS belegt die Funktion ihres „Antifaschismus“ als Integrations- und Ausgrenzungsinstrument, als Bündnisstrategie zur Gewinnung von Anhängern und zur Aufrechterhaltung persönlicher Lebenslügen früherer SED-Funktionäre.

Schließlich referiert Dr. Ehrhart Neubert, langjähriger Mitarbeiter der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, in einem Vortrag über den Mythos „Antifaschismus“ in der DDR, der vor allem auch der Legitimation und Selbstentschuldung diente und der bis heute in der Geschichtspropaganda der SED/PDS und ihr nahe stehender Antifa-Organisationen fortwirkt.

 

Die falsche Identität – „Traditionspflege“ in der DDR

Es wurden in der DDR also nicht nur einzelne Aspekte aus dem Leben bedeutender Funktionäre bei Bedarf einseitig überhöht oder bagatellisiert, sondern auch gefälscht. In diesem Sinne legte der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke 1985 fest, dass „die persönlichen Aktivitäten und Kampferlebnisse der Veteranen stets richtig in die nationalen und internationalen Klassenauseinandersetzungen der jeweiligen historischen Epoche“ einzuordnen seien und ein „emotional wirkendes Bild“ vermittelt werden müsse. „Vertiefung der tschekistischen Traditionspflege“ hieß das im Jargon der Staatssicherheit.

Die antifaschistischen Biographien hatten in der DDR zwei Funktionen zu erfüllen: Zum einen wurden ermordete Widerstandskämpfer und verstorbene Parteifunktionäre zu Idolen stilisiert, zum anderen ließ sich die politische und moralische Autorität von Funktionären, die aus dem antifaschistischen Widerstand hervorgegangen waren, erhöhen. Hintergrund dieser Ideologisierung war die Tatsache, dass in der DDR eine tiefere Analyse der Inhalte des Nationalsozialismus nie stattgefunden hatte. Als Hauptziel der NS-Diktatur wurde stets die Vernichtung der Kommunisten herausgestrichen, die in der Hierarchie der Opfer demzufolge an erster Stelle standen. Mithilfe ihrer Funktionen im Partei- und Staatsapparat bestimmten sie die offizielle Darstellung des antifaschistischen Widerstandes.