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jeudi, den 24. mai 2007

Stasi-Methoden im Vorfeld des G8-Gipfels?

Categorie: Pressemitteilung

Das Sammeln von Geruchsproben erinnert an die DDR-Staatssicherheit

Um gewaltbereite G8-Gegner schon im Vorfeld des Treffens dingfest zu machen, greift die Polizei laut einem Bericht des „Spiegel“ auf eine ebenso bekannte wie umstrittene Methode: Sie nimmt den Körpergeruch Verdächtiger ab und speichert diesen. Eigens ausgebildete Spürhunde sollen anschließend an Kleidungsstücken, Bekennerschreiben oder anderem schnüffeln und die dazu passende Geruchskonserve ausmachen.

Eine Datenbank aus Gerüchen – dabei dürften sich nicht nur die Kinozuschauer von „Das Leben der Anderen“ unangenehm an die Staatssicherheit der DDR erinnert fühlen. Denn Geruchskonserven gelten ob ihrer Kuriosität längst als das Symbol für Überwachung durch die Geheimpolizei der SED-Diktatur schlechthin. Die Bilder von Tausenden Konservengläsern, gefüllt mit geruchskontaminierten Stofflappen, die kurz nach der Friedlichen Revolution entdeckt worden waren, gingen durch die Medien und prägten sich tief ins Gedächtnis ein. Noch immer gehören die Duftspeicher zu den meistfrequentierten und –diskutierten Ausstellungsstücken in der Dauerausstellung der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“.

 

Speicherung von Gerüchen auf Verdacht ist tiefer Eingriff in freiheitliche Grundrechte

Als Erfindung der Staatssicherheit gelten die Konserven nicht, wurden sie doch bereits in der Weimarer Republik benutzt. Methode des DDR-Geheimdienstes war es jedoch, Geruchsproben möglichst aller potentiell der Staatsfeindlichkeit Verdächtigen zu sammeln – was letztlich auf jeden zutreffen konnte. Am aktuellen Vorgehen der Polizei erschreckt mithin weniger, dass sie auf eine Ermittlungsmethode zurückgreift, die auch die Staatssicherheit benutzte, sondern dass sie schon im Vorfeld die Gerüche all jener sammelt, die unter Umständen gewalttätig werden könnten. Ein Verdachtsmoment reicht aus; konkrete Pläne für kriminelle Handlungen müssen dem Betreffenden nicht nachgewiesen werden.

Das Bürgerkomitee hält dieses Vorgehen für höchst bedenklich, ähnelt es doch der gängigen Strategie der Staatssicherheit, Menschen schon vor einer Straftat (oder auch nur den Planungen dafür) für potentiell verdächtig zu halten und sie daher kriminaltechnisch zu bearbeiten. Besonders kritisch sieht der Verein die vorsorgliche Speicherung der Geruchsspuren, die ähnlich etwa der Speicherung von Verbindungsdaten aus den Bereichen Telekommunikation und Mautgebühren, viel zu tief in die Persönlichkeitsrechte der Bürger eingreift. Einmal archiviert, wissen die Betroffenen nicht, wozu die Konserve mit ihrem Körperdurft in späteren Jahren noch verwendet wird.

 

Demokratische Prinzipien nicht ad absurdum führen

Vor diesem Hintergrund fordert das Bürgerkomitee, die Abnahme von Geruchsproben ähnlich strikt zu regeln, wie beispielsweise die von DNA-Proben. Sowohl Gerüche als auch Erbgut sind ein charakteristisches Merkmal für die Identifizierung eines Menschen, sodass es keinen Grund für eine unterschiedliche Handhabung bei der Speicherung dieser Daten gibt. Vorauseilende Eingriffe in die Intimsphäre seiner Bürger sollten in einem demokratischen Staat nicht vorkommen. Anderenfalls führt er seine eigenen Prinzipien ad absurdum. Im Kampf gegen den Terror, der seit den Anschlägen vom 11.09.2001 geführt wird, dürfen wir die demokratischen Grundlagen unseres Gemeinwesens nicht selbst abschaffen. Die Gefahr zumindest besteht.