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vendredi, den 24. mars 2017

"Das lässt einen nicht mehr los" - Vorstellung des Buches über Opfer politischer Gewalt von Nancy Aris

Categorie: Pressemitteilung

Anlässlich der jährlich in Leipzig stattfindenden Buchmesse mit dem Literaturfest „Leipzig liest“ haben Besucher und Neugierige auch 2017 wieder die Möglichkeit, an zahlreichen Veranstaltungen und Diskussionen in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ teilzunehmen. Sie finden sowohl in den Räumen der Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ als auch im ehemaligen Stasi-Kinosaal statt. Zusammen mit zahlreichen Autoren und Zeitzeugen werden unter anderem Themen wie politische Gewalt im SED-Staat, Opposition in der DDR und das Leben von DDR-Heimkindern den Mittelpunkt der insgesamt 19 Veranstaltungen bilden.

Am 24. März 2017, um 19.00 Uhr: „Überleben nicht erwünscht“ – die unglaubliche Lebensgeschichte von Karin Bulland

Karin Bulland wächst in der DDR auf und ist vom Sozialismus überzeugt. Mit 18 Jahren tritt sie in die SED ein und begeistert fortan andere Jugendliche für Politik und Gesellschaft. Ihre Euphorie wird ihr allerdings zum Verhängnis, als sie beginnt, Missstände und Ungerechtigkeit offen zu kritisieren. Schließlich wird sie kaltgestellt und mit dem Tod bedroht. In ihrem autobiografischen Werk schildert sie, wie sie als „politische Patientin“ ohne medizinischen Befund in die Psychiatrie kam. Dort verbrachte sie drei Jahre lang jeden Tag und erst im Nachhinein erfährt sie, was tatsächlich in ihrer Patientenakte stand: Rückkehr unerwünscht.

Heute berichtet Karin Bulland, geboren im Jahr 1954, als Zeitzeugin in Organisationen, Gemeinden und Schulen von ihrem Leben und davon, wie sie nach der Wiedervereinigung als überzeugte Marxistin ihren Weg zum Christentum fand. Bei ihren Reisen besucht sie vor allem kommunistische Länder, um von der Friedlichen Revolution 1989 in der DDR zu erzählen.

Am 24. März 2017, um 20.00 Uhr: Vorstellung des Buches „Das lässt einen nicht mehr los“ durch die Autorin mit anschließendem Sektempfang und Gesprächen

Über viele Jahre hinweg führten Mitarbeiter des damaligen Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Interviews mit Opfern politischer Gewaltherrschaft. Aus diesen teils sehr umfangreichen Gesprächen destillierte Nancy Aris nun die Essenz. Entstanden sind 32 Porträts, die ein facettenreiches Bild der DDR mit ihrer Vor-und Nachgeschichte zeichnen. So erschütternd die Schilderungen sind, so hoffnungsfroh stimmen kleine Zeichen der Mitmenschlichkeit, die es trotzdem gab.

Die Autorin Nancy Aris stellt das Buch vor und gibt Einblicke in seine spannende Entstehungsgeschichte. Danach werden ausgewählte Passagen von den Schauspielern Lynne Eichhorst und Ullrich Reuscher gelesen und Originalausschnitten aus den Interviews gegenübergestellt. Im Anschluss spricht die Autorin mit einer Zeitzeugin unter der Moderation des sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Lutz Rathenow über Chancen und Schwierigkeiten solcher Verdichtungen. Dabei wird auch diskutiert, wie glaubwürdig Zeitzeugenberichte sind und welchen Wert sie für die zukünftige Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur haben können.

Nähere Informationen zu allen Veranstaltungen dieses Tages in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ können Sie der folgenden Programmübersicht entnehmen:

Alle Veranstaltungen am Freitag, den 24. März 2017, im Überblick:

12.00 Uhr:
BUCHVORSTELLUNG UND GESPRÄCH
ARIANE ZABEL
MAN WILL ES VERGESSEN UND VERGISST KEINEN TAG – ERINNERUNGEN AN POLITISCHE GEFANGENSCHAFT

Seit 2014 befragt der Landesverband Sachsen der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. (VOS) seine Mitglieder zu ihren Lebensgeschichten. Damit möchte er an die kommunistische Gewaltherrschaft erinnern, damit dieser Teil der Vergangenheit auch in der heutigen Gesellschaft nicht in Vergessenheit gerät, vor allem aber die Zeitzeugnisse für die zukünftige Aufarbeitung der SED-Diktatur sichern. Die Autorin Ariane Zabel spricht mit der Zeitzeugin Christine Liszewski, deren Geschichte verdeutlicht, welche Konsequenzen Kinder politisch Inhaftierter aufgrund des Schicksals ihrer Eltern ertragen mussten. Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

14.00 Uhr:
BUCHVORSTELLUNG UND DISKUSSION
TILMAN POHLMANN
DIE ERSTEN IM KREIS – HERRSCHAFTSSTRUKTUREN UND GENERATIONEN DER SED (1949-1971)

Die flächendeckende Durchsetzung der SED-Diktatur oblag vor allem den SED-Kreisleitungen. Eine besondere Bedeutung kam ihren jeweiligen 1. Sekretären zu. Der Autor Tilman Pohlmann untersucht in seiner Publikation erstmals die biografischen Hintergründe und internen Strukturen der SED-Kreisleitungen sowie ihr Funktionieren in der Ära Ulbricht und geht der Frage nach, mit welchen Strukturen und Funktionären die Vormachtstellung der Partei auf den unteren Rängen der DDR Gesellschaft auf- und ausgebaut wurde. Moderation: Clemens Vollnhals, amtierender Direktor des HAIT Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

16.00 Uhr:
BUCHVORSTELLUNGEN UND GESPRÄCH
TIMO MESKANK
SORBEN IM BLICK DER STAATSSICHERHEIT – DIE AKTEN DER K5 UND DES MFS DER DDR 1949-1989

Bis heute weist die sorbische Geschichtsschreibung Lücken über die DDR-Zeit auf, die besonders deutlich beim Thema Überwachung der Sorben durch die Staatssicherheit wird, das der Autor nun intensiv erforscht hat. Unter der Moderation des sächsischen Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Lutz Rathenow schildert er, wie das MfS das sorbische nationale Leben beobachtet und beeinflusst hat und versucht, die Mitarbeit Einzelner im konspirativen Netz des Ministeriums darzustellen. Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

18.00 Uhr:
BUCHVORSTELLUNGEN UND GESPRÄCH
WOLFGANG BAUERNFEIND
MENSCHENRAUB IM KALTEN KRIEG – TÄTER, OPFER, HINTERGRÜNDE

Bis zum Mauerbau 1961 entführte die Staatssicherheit Hunderte Menschen aus der Bundesrepublik und ließ sie zu langjährigen Haftstrafen verurteilen. Die Opfer waren frühere SED-Funktionäre, die die Seite gewechselt hatten, Mitglieder von Organisationen, die gegen die SED-Diktatur agitierten oder DDR-Flüchtlinge, die für aliierte und westdeutsche Geheimdienste arbeiteten. Seine spannend geschriebene Auswahl staatlicher Entführungsfälle stellt der Autor gemeinsam mit Karl Wilhelm Fricke, einem der bekanntesten Entführungsopfer, vor. Der 1929 geborene Fricke wurde als Journalist 1955 von der Staatssicherheit aus West-Berlin in die DDR entführt und saß bis 1959 in der Stasi-Sonderhaftanstalt Bautzen II. Später war er einer der konsequentesten Kritiker des SED-Regimes im Westen. Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

19.00 Uhr:
LESUNG UND GESPRÄCH
KARIN BULLAND
ÜBERLEBEN NICHT ERWÜNSCHT – MEINE GESCHICHTE

Karin Bulland wächst in der DDR auf und ist vom Sozialismus überzeugt. Sie wird eine starke Frau, die zahlreichen Menschen helfen kann. Sie riskiert viel für andere, wird aber schließlich kaltgestellt und mit dem Tod bedroht: Als Gesunde kommt sie zwangsweise in die Psychiatrie. Nach drei Jahren wird Karin Bulland entlassen. Dass ihr Tod geplant war, erfährt sie erst später; „Rückkehr unerwünscht“ lautete der Stempel auf ihrer Akte. Die Autorin schildert in ihrem autobiografischen Roman ihre Erinnerungen an die Psychiatrie und auch an ihr Leben danach. Ort: Museum in der „Runden Ecke“ in der Ausstellung

20.00 Uhr:
BUCHPREMIERE UND DISKUSSION
NANCY ARIS
DAS LÄSST EINEN NICHT MEHR LOS – OPFER POLITISCHER GEWALT ERINNERN SICH

Die Autorin Nancy Aris zeichnet in ihrem Buch ein erschütterndes Bild von 32 Personen, deren Leben in der DDR von Gewalt und politischer Verfolgung bestimmt waren und gibt so einen Einblick in die Vor-und Nachgeschichte des Regimes. Neben dem Vergleich von Textpassagen mit originalen Interviewaufnahmen wird die Frage nach er Glaubwürdigkeit von Zeitzeugenberichten diskutiert werden. Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal