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Montag, den 11. März 2019

"Heute vor 30 Jahren" – Am 13. März 2019 folgt die zweite Veranstaltung zur Geschichte der Friedlichen Revolution in Leipzig mit Filmen und Zeitzeugen der Ausreisedemonstration während der Frühjahrsmesse 1989

Kategorie: Pressemitteilung

An jenem Montag vor 30 Jahren, am 13. März 1989, versammelten sich während der Frühjahrsmesse etwa 650 Menschen zum Friedensgebet in der Nikolaikirche. Anschließend zogen vorwiegend Ausreisewillige demonstrierend durch die Leipziger Innenstadt und skandierten lautstark „Wir wollen raus!“. Wegen der zur Messe anwesenden westlichen Journalisten verhielten sich Polizei und Staatssicherheit zurückhaltend. Bereits am Abend konnten auch die DDR-Bürger Berichte und Filmaufnahmen von den Leipziger Protesten im Westfernsehen sehen. Aus diesen, anfänglich noch kleinen, politischen Protesten entwickelte sich die Friedliche Revolution, die im Herbst 1989 zum Sturz der SED-Diktatur in der DDR führte. In der neuen Gesprächsreihe sprechen Protagonisten und Zeitzeugen über die damaligen Ereignisse.

Bei der Veranstaltung am Mittwoch, den 13. März 2019, um 19.00 Uhr im ehemaligen Stasi-Kinosaal sind u.a. zwei Teilnehmer der Demonstration anwesend, die kurz danach die DDR verlassen konnten, ein ehemaliger Pfarrer, dessen Kirche oppositionellen Gruppen Schutz bot, und ein einst akkreditierter ARD-Korrespondent aus der Bundesrepublik. Vor der Veranstaltung können Besucher um 18.00 Uhr an einer kostenfreien Schwerpunktführung durch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ teilnehmen. Der Eintritt ist frei.

Aus Anlass des 30. Jahrestages der Friedlichen Revolution lädt das Bürgerkomitee Leipzig e.V. zu einer neuen Gesprächsreihe mit Zeitzeugen ein. Im Mittelpunkt der Veranstaltungsreihe „Heute vor 30 Jahren – Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ stehen herausragende Ereignisse des politischen Protestes in Leipzig, die zur Friedlichen Revolution, zum Sturz der SED-Diktatur und zu einem demokratischen Neuanfang führten. Ebenso wie der Beginn der Weimarer Republik 1919 und die Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 in der Bundesrepublik ist die Friedliche Revolution von 1989 ein zentrales Datum der Demokratiegeschichte in Deutschland, dem wir uns wieder stärker bewusst werden sollten. Die mit ihr wiedererrungenen Werte – Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – sind heute für ein gemeinsames Zusammenleben in Europa grundlegend und unveräußerlich.

13. März 1989 – Friedensgebet und Ausreisedemonstration während der Frühjahrsmesse

Nachdem die Reihe am 15. Januar 2019 die erste ungenehmigte Demonstration für demokratische Grundrechte in Leipzig in den Blick genommen hatte, an der sich nach der Verteilung von über 4.000 Flugblättern etwa 500 Bürger beteiligt hatten, von denen 53 Teilnehmer festgenommen worden sind, befasst sich die chronologisch fortlaufende Reihe mit der nächsten zentralen Aktion, die zur Friedlichen Revolution führte.

Im März 1989 nutzten die Ausreisewilligen die besondere Situation zur Leipziger Frühjahrsmesse, um auf ihr Anliegen öffentlich aufmerksam zu machen. Neben Ausstellern und Besuchern waren in Messe-Zeiten auch viele westliche Journalisten in Leipzig. Schon seit dem Herbst 1987 hatten Leipziger an den Montagen der Messe für ihre Ausreise nach Westdeutschland demonstriert. Im Anschluss an ein Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche gingen an diesem 13. März 1989 mehr als 500 DDR-Bürger, vorwiegend Ausreisewillige, auf die Straße. In Sprechchören riefen sie: „Wir wollen raus! Wir wollen raus!“ Weil viele westliche Journalisten an diesem Montag vor Ort waren, wurde der Demonstrationszug im Anschluss an das Friedensgebet nicht durch die Sicherheitskräfte behindert oder aufgelöst, so dass die Menschen ungehindert durch die Grimmaische Straße bis zum Markt Richtung Thomaskirche laufen konnten. Die westlichen Kameras filmten den Protestzug und bereits am Abend sahen die DDR-Bürger Berichte von den Leipziger Protesten in den Hauptnachrichtensendungen des westdeutschen Fernsehens.

Ausreiser waren entscheidende Kraft gegen die SED-Diktatur

Die Staatssicherheit reagierte in den folgenden Wochen mit der Aktion „Auslese“: Um die Situation im Bezirk Leipzig zu entspannen, sollten 4.000 Antragsteller bis zum Kirchentag im Juli 1989 nach Westdeutschland entlassen werden. Der erhoffte Beruhigungseffekt trat jedoch nicht ein – immer mehr Menschen gingen nun zu den Friedensgebeten, um ihre Ausreise zu beschleunigen. Die Menschen, die die DDR für immer verlassen wollten, waren eine – wenn nicht die – entscheidende Kraft gegen die SED-Diktatur.

Gesprächsteilnehmer waren aktive Demonstranten vor 30 Jahren

Bei der neuen Veranstaltungsreihe „Heute vor 30 Jahren: Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ werden die jeweiligen Ereignisse aus dem Jahr 1989 und deren Hintergründe zunächst in einem einführenden Vortrag beleuchtet. Auch das zeitgenössische Filmmaterial aus den ARD- und ZDF-Nachrichten wird zu sehen sein. Im Anschluss kommen Zeitzeugen über das damalige Geschehen, aber auch über dessen Bedeutung für die heutige Gesellschaft miteinander und mit dem Publikum ins Gespräch:

Olaf Jäger, Teilnehmer an der Demonstration am 13. März 1989; war im Arbeitskreis Gerechtigkeit aktiv, dem in der Nikolaikirche bei Pfarrer Führer Raum gegeben wurde; nach der Demonstration durfte er einen knappen Monat später ausreisen.

Jens Nietzschmann, Teilnehmer an der Demonstration am 13. März 1989, konnte vier Monate später, drei Tage vor dem Kirchentag in Leipzig, ebenfalls ausreisen.

Gotthard Weidel, ehemaliger Pfarrer in der Gohliser Friedenskirche; auf Beschluss des Kirchenvorstandes gab er den Ausreisewilligen der Gruppe „Hoffnung“ Raum.

Hans-Jürgen Börner, damals akkreditierter ARD-Korrespondent aus der Bundesrepublik; er filmte die Demonstration; seine Aufnahmen wurden bereits am Abend in den westlichen Nachrichtensendungen ausgestrahlt; die an der Veranstaltung des Bürgerkomitee Leipzig e.V.s teilnehmenden Protagonisten Olaf Jäger und Jens Nietzschmann sind in den Filmbeiträgen zu sehen.

Im Gespräch geht es unter anderem um die Demonstration vom 13. März 1989 und ihre Hintergründe, um die nicht immer komplikationslose Unterstützung oppositioneller Gruppen von Seiten der Kirche und die Zusammenarbeit mit den Ausreiseantragstellern sowie um die Rolle der Westmedien beim Kampf gegen die SED-Diktatur in der DDR.

Vor der Veranstaltung können Besucher um 18.00 Uhr an einer kostenfreien Schwerpunktführung durch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ teilnehmen.

Veranstaltungsort: ehem. Stasi-Kinosaal der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. Eintritt frei.

Der nächste Termin der Reihe ist der 7. Mai 2019.

Die Pressemitteilung als PDF-Datei.