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Mittwoch, den 16. Mai 2007

Die Zersetzungsmethoden der Stasi - Der leise Terror

Kategorie: Pressemitteilung

In den ersten zwei Jahrzehnten seines Bestehens ging das Ministerium für Staatssicherheit vordergründig mit brutalem Terror gegen Oppositionelle vor. Erst ab den 70er Jahren – unter anderem als Folge des KSZE-Prozesses – verfeinerte es seine Methoden und begann mit der so genannten „Zersetzung“ von vermeintlichen und wirklichen Feinden der SED-Diktatur. Ohne sich als Urheber zu erkennen zu geben, führte das MfS Lebenskrisen bei den Betroffenen herbei, zerstörte Familien und Partnerschaften und diskreditierte Menschen nachhaltig. So konnte es Gegner weiterhin bearbeiten und umging das Risiko einer internationalen Ächtung. Oftmals war diese Vorgehensweise außerdem effektiver, da die Opfer die Ursachen der persönlichen und beruflichen Probleme nicht erkennen konnten.

Kriminalisierung oder Diskreditierung sind aber nur einige Beispiele der Maßnahmen, die die Stasi-Offiziere ersannen. Mit Hilfe der „Zersetzung“ wollte ein Staat unter Anwendung sämtlicher Macht- und Repressionsmöglichkeiten einzelne Menschen oder ganze Gruppe „eliminieren“ – sie also von so genannten „feindlich-negativen Handlungen“ abhalten. Das MfS sprach von Entpolitisierung und Neutralisierung und für dieses Ziel sollten die Hauptamtlichen Mitarbeiter auch ihre Phantasie einsetzen, um sich „kreative“ Möglichkeiten für die Zersetzung auszudenken.

 

Anlässlich des Internationalen Museumstags am 20. Mai 2007 lädt das Museum in der „Runden Ecke“ zu thematischen Sonderführungen ein

Operative Psychologie spielte bei der Zersetzung eine entscheidende Rolle. Psychologisches Wissen wurde eruiert und gelehrt, angewendet und evaluiert – mit dem Ziel, Menschen in ihrer Seele anzugreifen und zu zerstören. Zersetzung und Bearbeitung dienten der Ablenkung von oppositionellem Tun und sollten eine Selbstbeschäftigung bewirken, die bestenfalls den völligen Rückzug des Menschen aus „feindlich-negativen“ Kreisen erzwang. Die oft schweren psychischen Folgen für die Betroffenen, die bis heute fortwirken, nahm die Staatssicherheit bewusst in Kauf.

Die konkreten Zersetzungs-Strategien des MfS und die Rolle der „Operativen Psychologie“ werden zum Museumstag in Sonderführungen durch die Dauerausstellung anhand von Beispielen erläutert.

Ein solches Beispiel ist ein Vorhaben der Abteilung XX/4 der MfS-Bezirksverwaltung in Berlin. In ihm ging es um ein verfolgtes Ehepaar, das im Rahmen eines Operativen Vorgangs zersetzt werden sollte. Die MfS-Mitarbeiter wollten unbemerkt in die Wohnung der Familie eindringen und Geld stehlen, um die Kinder in den Verdacht des Diebstahls zu bringen. Die Eltern sollten das Vertrauen zu ihnen verlieren, die Kinder hingegen das Verständnis für die Eltern. Ziel der Maßnahme war eine Entfremdung innerhalb der Familie. Dieser schriftlich ausgearbeitete Plan konnte glücklicherweise nicht realisiert werden.

Die Führungen beginnen jeweils 11.00 Uhr, 13.30 Uhr und 15.00 Uhr und kosten 3 Euro pro Person (2 Euro ermäßigt). Voranmeldungen sind nicht nötig. Das Museum in der „Runden Ecke“ ist von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.