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Donnerstag, den 04. Dezember 2008

Sammlung der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" jetzt online

Kategorie: Pressemitteilung

Bürgerkomitee hat Datenbank mit 1.000 Objekten zur Staatssicherheit freigeschaltet

Wie funktionierte konspirative Fotografie? Welche Orden und Abzeichen erhielten MfS-Mitarbeiter für ihre Dienste? Und was tat eigentlich die Abteilung M der Staatssicherheit? Diese und zahlreiche weitere Fragen zur kommunistischen Geheimpolizei der DDR lassen sich seit heute mithilfe der Onlinedatenbank der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ beantworten. Mehr als 1.000 Objekte aus der Sammlung der Gedenkstätte sind dort detailliert beschrieben. Fotos und Hintergrundtexte bieten einen zusätzlichen Service. 

Die Texte gehen stets vom konkreten Objekt aus. Der Nutzer erhält Informationen darüber, woher das Objekt stammt, wozu es benutzt wurde und welche Bedeutung ihm zukam. Auf dieser Basis werden allgemeine Schlussfolgerungen über Geschichte, Wirkungsweise und Struktur des MfS gezogen. Die einzelnen Objekte sind durch Links miteinander verknüpft. So kann der User sich etwa eine Verbindung von einem „Schlüsselabdruckkasten“, den die Staatssicheheit benutzte, um heimlich fremde Schlüssel zu kopieren, zu den gefälschten Schlüsseln selbst und zu weiteren Gegenständen, die das MfS für konspirative Wohnungsdurchsuchungen verwendete, aufbauen. Weitere Links führen zu Hintergrundtexten, die dann zum Beispiel erläutern, was unter konspirativen Wohnungsdurchsuchungen zu verstehen ist.

 

Arbeitsfelder der Staatssicherheit lassen sich in ihrer Komplexität darstellen

Die ausgewählten Objekte stammen aus fast allen Sammlungsbereichen und geben einen breiten Überblick über die Arbeitsweise und alle Arbeitsbereiche der kommunistischen Geheimpolizei. Dank der beschriebenen Verknüpfungen zwischen Objekten, Fotografien und Vertiefungstexten lassen sich viele Arbeitsfelder der Staatssicherheit in ihrer ganzen Komplexität darstellen. Präsentiert werden zudem zahlreiche Objekte, die aus restauratorischen oder Platzgründen nicht in die ständige Ausstellung integriert sind und der Öffentlichkeit sonst überhaupt nicht zugänglich wären. Die Datenbank ist somit weit mehr als ein bloßer virtueller Ausstellungsrundgang. Anders als in der Exposition kann der Nutzer hier auch selbst festlegen, in welcher Reihenfolge er sich die Objekte anschaut.

Dieser umfangreiche Service ist einmalig für Objektdatenbanken im zeitgeschichtlichen Bereich und soll noch ausgebaut werden. Die Mitarbeiter der Gedenkstätte arbeiten bereits daran, die Objektzahl mehr als zu verdoppeln.

Angesprochen sind mit dem Online-Angebot sowohl interessierte Laien, die sich einen fundierten thematischen Zugang verschaffen können, als auch Fachbesucher mit wissenschaftlichem Interesse. In diesem Sinne ist die Datenbank gleichzeitig ein Beitrag zur politischen Bildung, auf den Schüler und Studenten bei Recherchen zurückgreifen können. Sie steht nicht zuletzt anderen Gedenkstätten und Museen für die Suche nach Leihgaben für Sonderausstellungen zur Verfügung. Die integrierte Merker- und Bestellfunktion erleichtert den Leihvorgang für beide Seiten wesentlich.

 

Freischaltung am Jahrestag der Stasi-Besetzung

Die Datenbank wurde am 4. Dezember, dem Jahrestag der Stasi-Besetzung, offiziell frei geschaltet. Anwesend war dabei auch Dr. Sabine Roß von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Mit ihrem umfangreichen finanziellen Engagement hat die Stiftung die Erstellung dieser einmaligen Online-Datenbank in mehrjähriger wissenschaftlicher Arbeit überhaupt erst ermöglicht. „Die Bundesstiftung Aufarbeitung beglückwünscht die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ und ihre Mitarbeiter zu dieser einmaligen Online-Datenbank. Vor allem auch nachkommende Generationen werden hierdurch in die Lage versetzt, sich umfassend über den Geheimdienst der SED-Diktatur zu informieren. Wir hoffen, dass es dem Museum gelingt, die Datenbank sukzessive auszubauen“, sagte Dr. Roß.

Der 4. Dezember 1989 ist für die Gedenkstätte alljährlich ein besonderer Termin, war er 1989 doch einer der Höhepunkte der Friedlichen Revolution in Leipzig: An jenem Abend besetzten Bürger im Anschluss an eine Montagsdemonstration die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit, in der auch nach Mauerfall und Grenzöffnung weiter gearbeitet wurde. Sie legten die Arbeit des MfS lahm und stoppten die seit Wochen laufende Aktenvernichtung. Noch in der Nacht zum 5. Dezember gründete sich das Bürgerkomitee, das in der Folge die Bezirksverwaltung auflöste und sich gleichzeitig als Mittler zur Öffentlichkeit verstand. Seit 1990 ist der Verein Träger der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker. Nach der Besetzung hatte er Arbeitsutensilien und Einrichtungsgegenstände der Staatssicherheit für die Nachwelt bewahrt und damit den Grundstein für eine Sammlung gelegt. Auch ein Teil jener ersten Objekte ist nun online für einen breiten Interessentenkreis zugänglich.