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Donnerstag, den 03. September 2015

Zahlreiche Besucher feierten am Wochenende das 25-jährige Bestehen der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke"

Kategorie: Pressemitteilung

Am 31. August 2015 feierte die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ ihr 25-jähriges Bestehen. Zahlreiche Besucher folgten der Einladung zu den verschiedenen Veranstaltungen bereits zum Festwochenende vom 29. bis 30. August 2015. Den zentralen Festakt begingen am Montag, den 31. August, 18.30 Uhr, 250 Gäste im Festsaal des Neuen Rathauses.

Zahlreiche Besucher bei Veranstaltungen am Festwochenende Über das gesamte Wochenende sowie am Montag nutzten die Gäste der „Runden Ecke“ die Möglichkeit, sich von Zeitzeugen durch die Ausstellungen „Stasi-Macht und Banalität“ sowie „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ führen zu lassen. Am Samstag, den 29. August 2015, startete das Veranstaltungswochenende im ehemaligen Stasi-Kinosaal mit einem spannenden Vortrag des Kölner Kameraspezialisten Detlev Vreisleben. Multimedial unterstützt gab er Einblicke in die umfangreiche museale Sammlung der Gedenkstätte am Beispiel der verschiedenen Observationstechnik der Stasi.

Am Sonntagnachmittag feierte das Bürgerkomitee mit seinen Gästen bei Sonnenschein mit Kaffee und Kuchen das 25-jährige Jubiläum. Danach loste der bekannte Leipziger Kabarettisten Meigl Hoffmann (Central-Kabarett Leipzig) in seiner Rolle als Hausmeister der Stasi-Bezirksverwaltung mit viel Witz und Humor die Gewinner des Museumsquiz, welches in Kooperation mit der Leipziger Volkszeitung entstanden ist, aus. Bei diesem Quiz musste die frühere Verwendung von insgesamt 10 originalen Stasiobjekten aus der musealen Sammlung der Gedenkstätte, die auch in der Dauerausstellung zu sehen sind, genannt werden. Die Gewinner konnten Gutscheine für das Leipziger Central-Kabarett, einen Ausstellungskatalog sowie Gutscheine für verschieden Führungen der Gedenkstätte gewinnen.

Podiumsdiskussion „Leipzig – Stadt der Friedlichen Revolution und die Gedenkstätte

Museum in der ‚Runden Ecke‘“ am Samstagabend 29. August 2015, 18.30 Uhr Die Stadt Leipzig feiert in diesem Jahr ihr 1000-jähriges Jubiläum. Leipzig definiert sich selbst als Stadt der Friedlichen Revolution und wird von den Besuchern auch so wahrgenommen. Ebenso ist sie aber auch als Musik- und Messestadt bekannt. Die Besucher der „Runden Ecke“ sind zum großen Teil Touristen aus dem In- und Ausland. Mit dem Völkerschlachtdenkmal, dem Zeitgeschichtlichen Forum und dem Museum der Bildenden Künste gehört die „Runde Ecke“ seit Jahren zu den vier bestbesuchten Museen der Stadt Leipzig.

Zunächst wünschte der Leipziger MdB Dr. Thomas Feist in seinem Grußwort dem Museum, dass es auch in den nächsten 25 Jahren ein Ort der lebendigen Auseinandersetzung mit der Geschichte bleibt. Danach kamen der Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums Prof. Rainer Eckert, der Vorsitzende von interDaF e.V. der Universität Leipzig Dr. Peter Gutjahr-Löser, der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Dr. Volker Rodekamp, der Ballettdirektor der Oper Leipzig Mario Schröder sowie der Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ unter der Moderation des MdL a.D. Michael Weichert miteinander ins Gespräch.

Ausführlich wurde über Erhalt, Konservierung und Überarbeitung der Dauerausstellung „Stasi- Macht und Banalität“ diskutiert sowie ebenso die verschiedenen Meinungen über die Kommunikation der Bedeutung des 9. Oktober ’89 im Rahmen des Lichtfestes erörtert. Dr. Peter Gutjahr-Löser plädierte dafür, das Lichtfest künftiger weniger als Projekt einer Marketingfirma darzustellen. Prof. Eckert unterstützte dies und warb dafür, die Initiativgruppe „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“ stärker in den Fokus zu rücken. Für den Leiter des Balletts der Oper Leipzig, Mario Schröder, ist es wichtig, eine Identifikation für die jungen Tänzer verschiedener Länder, die nach Leipzig kommen, zu schaffen. Dafür leiste das Lichtfest einen sehr wichtigen Beitrag, denn es transportiere Historie auch auf eine künstlerische Art in die Gegenwart.

Prof. Rainer Eckert thematisierte in seinem Beitrag die „restauratorische Gefährdung“ der im Kern nun 25 Jahre alten Dauerausstellung. Grundsätzlich müsste man darüber nachdenken, ob man sie so belasse oder eine vorsichtige Neugestaltung unter museumsdidaktischen und restauratorischen Gesichtspunkten anstrebe. Dr. Rodekamp betonte die Wichtigkeit des Museums am originalen Ort: „Ich glaube nicht, dass dieses ein normales Museum sein sollte […], sondern ich würde eher die Zukunft und den Erfolg dieser Einrichtung darin sehen, diese Authentizität zu konservieren […].“

Festakt mit Podiumsdiskussion am 31. August 2015 um 18.30 Uhr im Festsaal des Neuen Rathauses

Zum eigentlichen Museumsgeburtstag am 31. August 2015 lud das Bürgerkomitee Leipzig e.V. zu einem Festakt mit Podiumsdiskussion in das Neue Rathaus ein. Der Leipziger Oberbürgermeisters Burkhart Jung gratulierte in seinem Grußwort dem Museum zum Jubiläum und betonte, dass die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, das einzige Museum ist, dass die Arbeit einer Bezirksverwaltung an einem Original-Schauplatz zeigt. Er stellte auch die Bedeutsamkeit des authentischen Ortes heraus: „Der Ort ist wichtig, da er untrennbar und authentisch mit dem verbunden ist, was mit den Schrecken der Staatssicherheit und der DDR […] verbunden ist. Mit großem Erfolg hat das Bürgerkomitee als Träger des Museums das Maß gefunden […] authentisch zu sein, aufzuklären, zu erinnern und auch zu mahnen, mit viel Aussagekraft dessen, was original hier zu besichtigen ist.“ Auch der MdL Ronald Pohle und der MdB und Mitglied des Ausschusses für Kultur und Medien Johannes Selle wünschten der Gedenkstätte zum 25-jährigen Jubiläum alles Gute für ihre weitere wichtige Arbeit. Ronald Pohle betonte als Landtagsabgeordneter in seinem Grußwort, es sei ihm „ein wichtiges Anliegen, darauf hinzuwirken, dass die Pläne zur Gedenkstätte in der letzten Hinrichtungsstätte der DDR in der Kästner-Straße unseren Beschlüssen entsprechend umfassend umgesetzt werden.“ Der Bundestagsabgeordnete Johannes Selle stellte die Aktualität des Rufes „Keine Gewalt“ auch in der heutigen Zeit heraus. Anhand eines Mielke-Zitats, dass er bei seinem Besuch in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ gefunden hatte, machte er deutlich, wie wichtig die Arbeit der Gedenkstätte für die nachfolgende Generation ist und dass eine kritische Auseinandersetzung mit der kommunistischen Ideologie stattfinden muss.

Danach stellte der Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ Tobias Hollitzer anhand von eindrucksvollen Bildern den Gästen schlaglichtartig die Arbeit der letzten 25 Jahre vor. In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen Roland Jahn, die Geschäftsführerin der Bundesstiftung Aufarbeitung Dr. Anna Kaminsky, der Leiter der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Dr. Hubertus Knabe sowie der stellvertretende Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten Dr. Bert Pampel über den Stand und die Zukunft der Aufarbeitung.

Roland Jahn dankte der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ und betonte die Wichtigkeit gesellschaftlichen Engagements für die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur: „Es ist nicht der Staat, der dies leisten muss […], sondern es ist die Gesellschaft.“ Überall da, wo es so funktioniert wie mit der vom Bürgerkomitee Leipzig e.V. getragenen Gedenkstätte, könne sich der Staat zurückziehen und diese Aufgaben bürgerschaftlichem Engagement überlassen. Bezogen auf die Aufarbeitung stellte er heraus, dass künftig die SED als Auftraggeber der Staatssicherheit deutlich stärker in den Fokus der Betrachtung rücken sollte. Dr. Knabe unterstützte dies und forderte, dass die hinter allem stehende Ideologie stärker ins Blickfeld rücken müsse: „Die Funktionäre der SED waren nicht einfach böse und machtgierig, sondern sie fühlten sich im Recht […], weil sie das im Namen einer guten Utopie taten“. Dr. Kaminsky plädierte dafür, statt des Begriffs der SED-Diktatur, den außerhalb Deutschlands niemand verstehen würde, grundsätzlich von einer kommunistischen Diktatur zu sprechen.

Arbeit mit Jugendlichen müsse künftig stärker im Fokus stehen

Vor allem die Arbeit mit der jungen Generation war ein wichtiger Aspekt der Diskussion. Dr. Bert Pampel sieht als ein Problem der Jugendlichen bei der Beschäftigung mit geschichtlichen Themen die Fragestellung „Was hat das mit mir zu tun?“, da die mentale und zeitliche Distanz eine nicht unwesentliche Rolle spiele. Roland Jahn stellte in diesem Zusammenhang fest, dass eine Beschäftigung mit der Geschichte für Jugendliche auch entsprechende Angebote voraussetze. Auf diesem Gebiet müsse mehr geleistet und ebenso ein Blick auf aktuelle Themen gerichtet werden: „Mit Hilfe der Vergangenheit die Sinne zu schärfen, das ist unser aller Aufgabe.“ Dr. Anna Kaminsky plädierte nachdrücklich dafür, die zweite deutsche Diktatur im 20. Jahrhundert an den Schulen ebenfalls zum Prüfungsthema zu machen, anderenfalls falle aus Zeitgründen zu häufig der Lehrstoff weg, der die Zeit nach 1945 betrifft.

Die Gedenkstättenleitung betonte nach der Diskussion, dass die umfangreiche und von vielen an diesem Tag gewürdigte Arbeit der Gedenkstätte vor allem von den Mitarbeitern, aber auch den vielen ehrenamtlichen Helfern geleistet wird. Stellvertretend wurde vier Ehrenamtlichen mit einem Präsent gedankt. Das Ensemble „Lumoavis“, bestehend aus Mitgliedern des Thomanerchores, begann seinen musikalischen Beitrag mit dem Lied „Die Gedanken sind frei“. In einer persönlichen Einführung machten sie deutlich, dass sich auch Jugendliche mit der Vergangenheit auseinandersetzen und klare Bezüge zur Gegenwart sehen. Dass der Thomaner-Chor dieses Lied auf ihrer Konzertreise durch die Volksrepublik China aus ihrem Programm streichen musste, zeige, dass freie Meinungsäußerung auch heute noch nicht überall selbstverständlich ist und eine immerwährende Aufgabe bleibt. Mit diesem emotionalen Ausklang leitete das Quintett zum Sektempfang über.