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Montag, den 03. Dezember 2001

DDR-Strafvollzug in Stasi-Hand - Buchpremiere in der "Runden Ecke"

Kategorie: Pressemitteilung
Von: Bürgerkomitee Leipzig e.V.

Erstmals stellen am 04.12.2001 Karl Wilhelm Fricke und Silke Klewin ihre Publikation "Bautzen II. Sonderhaftanstalt unter MfS-Kontrolle 1956 bis 1989" der Öffentlichkeit vor. Der Publizist und die Leiterin der Gedenkstätte Bautzen präsentieren das Buch in der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" in Leipzig im Rahmen der Veranstaltung "DDR-Strafvollzug in Stasi-Hand. Bautzen II als Sonderobjekt für Staatsfeinde". An dieser beteiligen sich auch der Sächsische Minister der Justiz, Manfred Kolbe, und der Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Wolf-Dieter Legall.

Anlass der Veranstaltung ist ein Jahrestag: Am 04.12.1989 besetzten Bürger die Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Ausrichter sind das Bürgerkomitee Leipzig e.V. und die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung.

Strafvollzug in Diktatur und Demokratie

Im Mittelpunkt des Abends steht die Frage nach dem Einfluss des MfS auf den DDR-Strafvollzug. Das besondere Interesse gilt dabei der Haftanstalt Bautzen II - einer Einrichtung, die im Alltagsbewusstsein der Deutschen das Synonym für politische Verfolgung und unmenschliche Haftbedingungen schlechthin ist. Zwei weitere Themen werden vor diesem Hintergrund von Interesse sein: Zum einen das Ende der Willkürjustiz und die Überführung von Rechtsprechung und Strafvollzug in demokratische Strukturen, zum anderen die Notwendigkeit, die Diktaturgeschichte der DDR aufzuarbeiten. Bedeutsam dafür sind sowohl Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer der Gewaltherrschaft als auch die offenen Stasi-Akten, dank deren Erhalt Dokumentationen wie die von Karl Wilhelm Fricke und Silke Klewin erst entstehen können.

Heute vor 12 Jahren: Das Ende der SED-Diktatur

Die Geschichte der Aufarbeitung begann 1989. Überall in der DDR besetzten zum Jahresende Bürger die Bezirkszentralen des MfS, so auch am 4. Dezember in Leipzig. Anlässlich der ersten Kontrollen in den Dienstgebäuden des MfS bildete sich noch in der Nacht zum 5. Dezember das Bürgerkomitee Leipzig.

Im Mittelpunkt der Arbeit stand sowohl die Auflösung der Staatssicherheit als auch die Sicherung der Akten, die heute einen einmaligen Einblick in das Herrschaftswissen der SED-Diktatur geben.

In Bautzen II waren es 1989 die Häftlinge, die von innen her die Strukturen aufzubrechen versuchten.

Am 3. Dezember 1989 traten die aus der Bundesrepublik und Westberlin stammenden Inhaftierten in einen Arbeits- und Hungerstreik. Sie schlossen sich damit ähnlichen Aktionen in anderen Strafvollzugsanstalten der DDR an. Am Folgetag streikte die komplette Belegschaft, während das MfS im Kesselhaus des Gefängnisses Akten vernichtete. Am 8. Dezember wurden infolge einer Amnestie die ersten politischen Gefangenen aus Bautzen II entlassen. Einem Kamerateam des WDR gelang es am Folgetag mit Hilfe des Neuen Forums, in der Strafvollzugseinrichtung Bautzen II zu drehen.

Buchvorstellung mit Vortrag, Film und Diskussion

Diese ersten Bilder aus der Haftanstalt werden zu Beginn der Veranstaltung als Dokumentarfilm zu sehen sein. Der Sächsische Staatsminister der Justiz, Manfred Kolbe beschreibt anschließend in seinem Vortrag "Ein Jahrzehnt Rechtsstaat in Sachsen" den Weg von der Willkürjustiz der SED hin zu einer unabhängigen Rechtsprechung und zum humanen Strafvollzug am Beispiel Sachsens am Beispiel Bautzen II.

Den spezifischen Charakter dieser Sonderhaftanstalt und deren Stellung innerhalb des Strafvollzugssystems der DDR erörtern anschließend die beiden Buchautoren, die sich dabei auf Rechercheergebnisse der Gedenkstätte Bautzen stützen. Eine abschließende Podiumsdiskussion, moderiert von Deutschlandfunk- Redakteur Bernhard Holfeld, soll unter anderem nach der Bedeutung der offenen Stasi-Akten und einer demokratischen Erinnerungskultur fragen. Die Veranstaltung beginnt 19.00 Uhr.

Das Buch "Bautzen II. Sonderhaftanstalt unter MfS-Kontrolle", das innerhalb einer Reihe der Stiftung Sächsische Gedenkstätten beim Kiepenheuer-Verlag erscheint, ist während der Veranstaltung zu erwerben.