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Mittwoch, den 20. März 2019

Seit 25 Jahren „Leipzig liest“ in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ – Buchpremieren und Lesungen am 21. März 2019

Kategorie: Pressemitteilung

Seit 1994 beteiligt sich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ am Lesefest „Leipzig liest“ zur Buchmesse und bietet seitdem besonders jenen Autoren eine Plattform, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur und deren Repressionen befassen.

In diesem Jahr lädt das Bürgerkomitee Leipzig e.V. am 1. Tag von „Leipzig liest“, am Donnerstag, den 21. März 2019, ab 12.00 Uhr zu insgesamt sieben Veranstaltungen mit Buchpremieren, Lesungen und Gesprächsrunden ein. Diese befassen sich u.a. mit Kindesentzug und Adoptionen, Heimerziehung als Umerziehungsmaßnahme, Vertreibungen im Kommunismus, Hafterfahrungen im einzigen Militärgefängnis der DDR sowie den Todesurteilen in den DDR-Geheimdiensten und dem Moderator der DDR-Propagandasendung „Der Schwarze Kanal“, Karl-Eduard von Schnitzler. Der Eintritt ist frei.

 

Als sich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ vor 25 Jahren das erste Mal an „Leipzig liest“ beteiligte, boten nur wenige Einrichtungen Büchern über die Aufarbeitung der SED-Diktatur in der DDR Raum. Der Gedenkstätte war und ist es jedoch ein zentrales Anliegen, die Aufarbeitung der DDR-Geschichte und der Friedlichen Revolution als Teil des Programms von „Leipzig liest“ zu etablieren und sowohl die Einwohner als auch Besucher der Stadt für diese Aspekte der jüngsten deutschen Geschichte zu sensibilisieren. Mittlerweile präsentiert die Gedenkstätte ein umfangreiches Programm mit Büchern – von Belletristik bis hin zu Sachbüchern mit wissenschaftlichem Anspruch.

In diesem Jahr lädt die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ vom 21. bis 24. März 2019 zu insgesamt
22 Veranstaltungen an 2 Veranstaltungsorten im ehemaligen STASI-Kinosaal und im Ausstellungsraum des Museums. Sowohl namhafte Historiker und Vorsitzende von Aufarbeitungseinrichtungen als auch DDR-Oppositionelle und Opfer der kommunistischen Diktatur in der DDR präsentieren ihre neuen Werke.

Zu den Höhepunkten des breiten Themenspektrums gehört beispielsweise anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Weimarer Verfassung die Vorstellung von Heiko Holstes Werk „Warum Weimar? Wie Deutschlands erste Republik zu ihrem Geburtsort kam“ (Sa, 20.00 Uhr) mit einem anschließenden Podiumsgespräch mit Stephan Zänker vom Weimarer Republik e. V. und Tobias Hollitzer, dem Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. An die Buchvorstellung am Freitag (20.00 Uhr) von Anna Kaminsky, der Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, zum neuen Band über die weltweiten Gedenkstätten und Museen für die Opfer der kommunistischen Diktatur schließt sich ebenfalls eine Gesprächsrunde an, an der sich u.a. Roland Jahn, der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen beteiligt. In dem Gespräch geht es insbesondere um die Erinnerungsorte für die Opfer der SED-Diktatur in der DDR und ihre Bedeutung für die Vermittlungs- und Bildungsarbeit im Kontext internationaler Erfahrungen.

Höhepunkt am Donnerstag: Doppel-Lesung um 20.00 Uhr zum einzigen Militärgefängnis der DDR

Ein Opfer der SED-Diktatur sowie ein Wissenschaftler berichten am Donnerstag, den 21. März 2019, um 20.00 Uhr in einer Doppel-Lesung im ehemaligen Stasi-Kinosaal über den DDR-Militärstrafvollzug aus dem Blick der Stasi und von einem ehemaligen Häftling. Das einzige Militärgefängnis der DDR befand sich in der nordostbrandenburgischen Stadt Schwedt an der Oder und war ab 1968 das zentrale Militärgefängnis der DDR. Es wurde zur Disziplinierung von Angehörigen der Nationalen Volksarmee genutzt. Für nahezu jeden männlichen DDR-Bürger war Schwedt deshalb ein negativ besetzter Begriff. Die dort praktizierte Kombination von Freiheitsentzug mit Schichtarbeit, militärischer Ausbildung und politischer Schulung bedeutete gegenüber anderen Gefängnissen eine verschärfte Situation, auch wenn die in Schwedt maximal zu verbüßende Strafhöhe „nur“ zwei Jahre betrug. Diese Zeit musste allerdings in der NVA „nachgedient“ werden.

Der Historiker Arno Polzin wertete für sein Buch „Mythos Schwedt. DDR-Militärstrafvollzug und NVA-Disziplinareinheit aus dem Blick der Staatssicherheit“ über 900 Akten aus den Beständen des Ministeriums für Staatssicherheit aus, so dass nun viel zum Innenleben des Militärstrafvollzugs bekannt wurde, inklusive der Einbindung der Staatssicherheit. Polzin wird als erstes sein Buch vorstellen. Nach ihm liest Klaus Auerswald aus seiner Autobiographie „Sonst kommst du nach Schwedt! Der Bericht eines Militärstrafgefangenen“. Darin skizziert der ehemalige Soldat seine Erlebnisse, die er als inhaftierter Militärangehöriger sammeln musste. Wegen angeblich „mehrfach begangener staatsfeindlicher Hetze“ wurde er zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Seine staatsfeindliche Hetze habe darin bestanden, dass er sich kritisch mit dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in der damaligen CSSR auseinandersetzte.

Weitere Buchpräsentationen und -premieren am 21. März 2019

Zu den jüngsten Opfern der SED-Diktatur gehören Kinder. Gleich drei Veranstaltungen befassen sich morgen mit deren Leidenswegen. Von Kindesentzug und Adoptionen, der Ideologie, Pädagogik und den Merkmale der DDR-Heimerziehung sowie einer Bestandsaufnahme der DDR-Heimerziehung, insbesondere aus rechtlicher Sicht mit einem Zeitzeugengespräch.

Bei der Vorstellung des Buches „Klassenkampf und Schafott: Todesurteile in den Geheimdiensten der DDR“ (14.00 Uhr) wird davon erzählt, wie die Stasi mit der Todesstrafe „Verräter“ oder Kriminelle aus den eigenen Reihen verschwinden ließ. Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ engagiert sich seit vielen Jahren, das Thema Todesstrafe in der DDR aufzuarbeiten und baut die ehemalige zentrale Hinrichtungsstätte der DDR in der Leipziger Südvorstadt bis 2022 zu einer Gedenkstätte aus. Nach der Buchvorstellung kommt der Autor Klaus Behling deshalb mit Philipp Bludovsky, Mitarbeiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, unter Moderation von Gedenkstättenleiter Tobias Hollitzer ins Gespräch.

Begegnungen am authentischen Ort: Veranstaltungen im Stasi-Kinosaal und in ehemaligen Büros

Veranstaltungsort ist überwiegend der ehemalige Stasi-Kinosaal, in dem auch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ gezeigt wird. Der Saal ist ein original erhaltenes Relikt der SED-Diktatur und damit ein Stück Zeitgeschichte. In dem repräsentativen Saal fanden vielfältige Veranstaltungen der Staatssicherheit statt, darunter offizielle Feiern anlässlich wichtiger Jahrestage, Schulungen und Dienstbesprechungen. Anlässlich des 40. Jahrestags der DDR ließ die Bezirksverwaltung den Kinosaal komplett renovieren und eine neue Bestuhlung anschaffen. Der Kinosaal steht heute unter Denkmalschutz und wird als authentischer Ort von der Gedenkstätte für Geschichtsvermittlung, politische Bildung und aktuelle Debatten genutzt.

Die Veranstaltung um 19.00 Uhr findet in der Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ statt. Auch hier erleben die Besucher eine Zeitzeugenlesung am authentischen Ort, denn hier befanden sich bis zur Besetzung der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung Leipzig Büro- und Arbeitsräume der Stasi-Offiziere.

Das gesamte Programm finden Sie nachstehend oder online auf der Museums-Website. Dort kann das Programm auch als PDF-Datei heruntergeladen werden: www.runde-ecke-leipzig.de. Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei.

Die gesamte Veranstaltungsreihe entstand in Zusammenarbeit mit Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur bzw. der Stasi-Unterlagen, Forschungseinrichtungen, Opferverbänden, Gedenkstätten sowie Verlagen und findet in Kooperation und mit finanzieller Förderung des Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur statt.

Alle Veranstaltungen am Donnerstag, den 21. März 2019, im Überblick:

 

12.00 Uhr:    BUCHPRÄSENTATION, KURZFILM UND GESPRÄCH

Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Mecklenburg-Vorpommern (Hg.)

Zwischen Zweifel und Akzeptanz. Frühverstorbene Kinder, Kindstode, -entzug und

Adoptionen in der DDR

Zerstörte Schicksale: Wie Eltern in der DDR ihre Kinder für immer verloren.

Moderation: Anne Drescher (Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Mecklenburg-Vorpommern)

Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

13.00 Uhr:    BUCHPRÄSENTATION UND GESPRÄCH

Burkhard Bley, Sandra Pingel-Schliemann

„Pass dich an und fall nicht auf!“ – Umerziehung in DDR-Spezialheimen. Geschichte und

Aufarbeitung der DDR-Heimerziehung

Ideologie, Pädagogik und Merkmale der DDR-Heimerziehung. Mit Biographien und Zeitzeugen-Berichten.

Moderation: Anne Drescher (Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Mecklenburg-Vorpommern)

Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

14.00 Uhr:    LESUNG UND GESPRÄCH

Klaus Behling

Klassenkampf und Schafott: Todesurteile in den Geheimdiensten der DDR

Wie die Stasi mit der Todesstrafe „Verräter“ oder Kriminelle aus den eigenen Reihen verschwinden ließ.

Nach einer Buchvorstellung kommt der Autor mit Philipp Bludovsky, Mitarbeiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, ins Gespräch.

Moderation: Tobias Hollitzer (Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“)

Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

14.00 Uhr     FÜHRUNG

Stadtrundgang: „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“

Stadtrundgang zu den Brennpunkten des Jahres 1989.

Treffpunkt: Hauptportal Nikolaikirche

15.00 Uhr     FÜHRUNG

Öffentliche Führung durch die Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“

Die Ausstellung informiert am originalen Ort über Geschichte, Struktur und Arbeitsweise des MfS.

Treffpunkt: Museum in der „Runden Ecke“, Eingang

16.00 Uhr:    BUCHPREMIERE UND GESPRÄCH

Benjamin Baumgart, Berenike Feldhoff, Philipp Mützel, Ralf Weber

Zwischen Marginalisierung und Anerkennung. Eine Bestandsaufnahme zur Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR.

Das Unrecht, dass den DDR-Heimkindern wiederfuhr, wird heute weitgehend marginalisiert.

Moderation: Gerald Diesener (Leipziger Universitätsverlag)

Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

18.00 Uhr:    BUCHVORSTELLUNG UND GESPRÄCH

Landesbeauftragter des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Hg.)

Vertreibungen im Kommunismus. Zwangsmigration als Instrument kommunistischer Politik

Die Herrschaftssicherung durch Heimatentzug – bis heute eine Bürde für das vereinte Europa.

Bei der Vorstellung des Buches sind Christian Dietrich, bis 2018 Landesbeauftragter des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, und Mitautor Horst Samson anwesend. Sie kommen im Anschluss mit Markus Meckel, dem Ratsvorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, ins Gespräch.

Moderation: Christian Dietrich (Theologe, ehem. Landesbeauftragte des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)

Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

19.00 Uhr:    LESUNG

Gunter Holzweißig

Agitator und Bourgeois. Karl-Eduard von Schnitzler

Über den Moderator der Agitationssendung  „Der Schwarze Kanal“ - einer der am meisten verachteten Propagandisten des SED-Staates.

Moderation: Christian Booß (Historiker und Vorsitzender von Bürgerkomitee „15. Januar“)

Ort: Museum in der „Runden Ecke“ in der Ausstellung

20.00 Uhr:    DOPPELLESUNG UND GESPRÄCH

Arno Polzin, Klaus Auerswald

„Mythos Schwedt. DDR-Militärstrafvollzug und NVA-Disziplinareinheit aus dem Blick der Staatssicherheit“ und „‚Sonst kommst du nach Schwedt!‘ Der Bericht eines Militärstrafgefangenen“

Über das einzige Militärgefängnis der DDR berichten ein Wissenschaftler und ein ehemaliger Häftling.

Moderation: Reinhard Bohse (Bürgerkomitee Leipzig e.V.)

Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

 Pressemitteilung als PDF-Datei