Sie sind hier: Runde-Ecke-Leipzig.de / Presse

einzelne Meldung

Montag, den 11. September 2017

Zum Tag des offenen Denkmals am 10. September 2017 öffnet das Bürgerkomitee Leipzig drei authentische Orte der SED-Diktatur

Kategorie: Pressemitteilung

Unter dem Motto „Macht und Pracht“ findet in diesem Jahr der bundesweite Tag des offenen Denkmals statt. Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker in Machern und der ehemaligen zentralen Hinrichtungsstätte der DDR in Leipzig zeigen die Kehrseite dieses Mottos. Als Symbole für den Machtmissbrauch und die Instrumentalisierung von Pracht demonstrieren diese drei authentischen Orte der SED-Diktatur in Leipzig die Repression gegenüber der eigenen Bevölkerung. Zum Tag des offenen Denkmals sind die drei Orte geöffnet. Rundgänge, Sonderführungen und eine neue Ausstellung erwarten die Besucher.

Am Sonntag, den 10. September 2017, bekommen Besucherinnen und Besucher die seltene Gelegenheit, abseits von den Ausstellungsräumen die „Runde Ecke“ zu erkunden und sich vom heutigen baulichen Zustand der einstigen Hinrichtungsstätte und des Stasi-Bunkers zu überzeugen. Mit besonderen Rundgängen und Sonderführungen informiert das Bürgerkomitee Leipzig über die Symbolkraft der Gebäude und ihrer Räume für die DDR-Geschichte und was hinter den so prachtvollen historischen Fassade oder unter einem prächtigen Naturschutzgebiet vor sich ging.

Der Erhalt authentischer Orte ist dem Bürgerkomitee ein besonderes Anliegen, weil so das damalige Geschehen und die historischen Entwicklungen besser erfasst und Geschichte dadurch sicht- und erlebbar wird. Mit der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ und dem Museum im Stasi-Bunker bietet das Bürgerkomitee eine bundesweit einmalig erhaltene Gedenkstättenkombination an und auch die ehemalige zentrale Hinrichtungsstätte der DDR in Leipzig ist in dieser Form einzigartig in Deutschland.

Rundgänge durch den mächtigen Bau der „Runden Ecke“ von 11.00 bis 16.00 Uhr

Die „Runde Ecke“ prägt seit über 110 Jahren das Bild der Stadt. Das zwischen 1911 und 1913 erbaute Versicherungsgebäude war seit der Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit im Jahr 1950 die Leipziger Stasi-Zentrale. Da der Platz in der „Runden Ecke“ für die expandierende Staatssicherheit schon Mitte der 1950er Jahren nicht mehr ausreichte, wurde 1955 bis 1958 ein Anbau mit Kinosaal und Kegelbahn fertig gestellt. Zwischen 1978 und 1985 wurde das Gebäude durch einen Neubau für ca. 65 Mio. DDR-Mark nochmals erheblich erweitert. Seit dieser Zeit thront der Stasi-Komplex am Dittrichring wie eine „Zwingburg der SED-Diktatur“ mitten in der Stadt. Die aktuelle Debatte zur Entwicklung des Areals auf dem Matthäikirchhof zu einem „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ zeigt, wie uneins sich die Leipziger Bürger beim weiteren Umgang mit dem Areal sind und darüber, ob die historischen Gebäude erhalten bleiben sollen. Die Bedeutung der original erhaltenen Räumlichkeiten auch im Stasi-Neubau für die Vermittlung der Geschichte von Unterdrückung und Unrecht in der DDR zeigt einen Rundgang durch den gesamten Komplex.

Zwischen 11.00 und 16.00 Uhr können Besucher am Tag des offenen Denkmals sonst nicht zugängliche, aber original erhaltene Räume im Komplex der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung besichtigen. Halbstündlich beginnen neue Führungen unter dem Motto „Stasi intern. Rundgang durch die ehemalige Zentrale des MfS – Vom Keller zum Boden und anderen Orten des (un)heimlichen Gebäudekomplexes“. Besichtigt werden können unter anderem der „Schutzbunker“ für den Ernstfall im 2. Keller des Neubaus, die Kegelbahn und der Stasi-Kinosaals im Saalanbau der „Runden Ecke“. Die öffentliche Führung durch die Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ um 15.00 Uhr findet statt.

Mit dem Stadtrundgang um 11.00 Uhr die Marschroute der Demonstranten im Herbst ’89 nacherleben

Das Ende der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung wurde während der Friedlichen Revolution herbeigeführt. In Leipzig hielten während ganzen Jahres 1989 eine Vielzahl öffentlicher Aktionen von Bürgerrechtsgruppen, wie die Demonstration für Meinungs- und Pressefreiheit im Januar, der Pleißepilgerweg und das Straßenmusikfestival im Juni oder die entscheidende Massendemonstration am 9. Oktober, die SED und vor allem die Staatssicherheit in Atem.

Der Stadtrundgang „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“ erinnert an markanten Punkten der Leipziger Innenstadt an die historische Entwicklung des Jahres 1989. Unter anderem führt er Interessierte zum Nikolaikirchhof, wo schon im Frühjahr ’89 der Ruf nach Freiheit laut wurde, zum Augustusplatz, auf dem im Herbst Massenkundgebungen stattfanden, und am Leipziger Ring entlang, der Marschroute der Demonstrationen. Besucher, die teilnehmen möchten, finden sich 11.00 Uhr am Treffpunkt Hauptportal der Nikolaikirche ein.

Ständige Führungen in der ehemaligen zentralen Hinrichtungsstätte der DDR von 11.00 bis 16.00 Uhr

Hinter einer prächtigen Gründerzeit-Fassade mitten in einem belebten Wohnviertel wurden in der letzten Hinrichtungsstätte auf deutschem Boden mindestens 64 Todesurteile vollstreckt. In der Leipziger Südvorstadt besteht die seltene Möglichkeit, die Zentrale Hinrichtungsstätte der DDR zu besichtigen. Unter dem Titel „Todesstrafe in der DDR – Hinrichtungen in Leipzig“ bietet das Bürgerkomitee Interessierten in der Zeit von 11.00 bis 16.00 Uhr Führungen durch die weitgehend authentisch erhaltenen Räume an und gibt Erläuterungen zu diesem Themenbereich. In der ehemaligen Hausmeister- und Heizerwohnung der Strafvollzugseinrichtung wurden in der Zeit von 1960 bis 1981 unter strengster Geheimhaltung die Todesurteile für die gesamte DDR vollstreckt. Erst im Dezember 1987 wurde diese Strafart auch in der DDR abgeschafft. Ihr Ende stand im Zusammenhang mit Erich Honeckers Visite in Bonn bei Helmut Kohl vom 7. bis 11. September 1987. Honecker wollte dieses erste deutsch-deutsche Gipfeltreffen nutzen, um die internationale Anerkennung der DDR als eigenständigen Staat weiter auszubauen. Der Verzicht auf die Todesstrafe sollte dies propagandistisch unterstützen.

Die ehemalige zentrale Hinrichtungsstätte der DDR in Leipzig ist nach wie vor nur zur Museumsnacht und zum Tag des offenen Denkmals zu besichtigen. Bis 2022 soll sie zu einem justizgeschichtlichen Erinnerungsort ausgebaut werden. Ziel ist es, neben dem Erhalt der originalen Räumlichkeiten eine entsprechende moderne Ausstellung zum Thema zu erarbeiten und die dafür notwendigen Flächen vorzurichten, so dass der authentische und bundesweit bedeutsame Ort ab dem 35. Jahrestag der Abschaffung der Todesstrafe regelmäßig besucht werden kann.

Museum im Stasi-Bunker mit neuer Ausstellung und Sonderführungen von 10.00 bis 16.00 Uhr geöffnet

Getarnt als Ferienanlage des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Leipzig liegt in prachtvollen Natur das Naherholungsgebiet Lübschützer Teiche bei Machern die einstige Ausweichführungsstelle (AFüSt) des Leiters der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig. Kern der Anlage ist der von 1968 bis 1971 gebaute Bunker. Im Spannungs- und Mobilmachungsfall hätte der Leipziger Stasi-Chef mit seinem Stab, insgesamt etwa 100 hauptamtliche Mitarbeiter sowie Verbindungsoffiziere des sowjetischen Geheimdienstes KGB, seinen Dienstsitz aus der Bezirksverwaltung in der „Runden Ecke“ nach Machern verlagert. Die Ausweichführungsstelle war ein heimlich geschaffener Komplex, mit dem die Führungsriege des MfS den Machtanspruch der SED auch im Fall eines Ausnahmezustands, beispielsweise während eines Atomschlags, sichern wollte. Während der Führung erhalten die Besucher Einblick in die zentral geregelte Mobilmachungsplanung und die speziellen Aufgabe des MfS im Ernstfall – bis hin zur geplanten Einrichtung von Isolierungslagern für Oppositionelle.

Am 10. September 2017 können Besucher zwischen 10.00 und 16.00 Uhr an einer der ständigen Führungen durch die ehemalige Ausweichführungsstelle teilnehmen oder sich die Dokumentation „Die Direktive 1/67“ ansehen, die Einblick in die Mobilmachungsplanung des MfS im Bezirk Leipzig gibt. Erstmals zu sehen ist die neue Plakatausstellung „Der Kommunismus in seinem Zeitalter“, die von der Stiftung Aufarbeitung zur SED-Diktatur erarbeitet wurde. Anlässlich des diesjährigen 100. Jahrestages des kommunistischen Umsturzes in Russland beschreibt die Ausstellung den Aufstieg und Niedergang des Kommunismus sowie ihrer Millionenfachen Opfer.

Das gesamte Programm des Tags des offenen Denkmals finden Sie online unter www.runde-ecke-leipzig.de.


Dateien:
pm_491_tdod2017.pdf146 K