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Freitag, den 22. März 2019

Der Kampf um Demokratie 1918/19 und 1989 – Buchvorstellungen und Gespräche am Wochenende vom 23./24. März 2019 im Rahmen von "Leipzig liest" in der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke"

Kategorie: Pressemitteilung

Ebenso wie der Beginn der Weimarer Republik 1919 und die Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 ist die Friedliche Revolution von 1989 ein zentrales Datum der Demokratiegeschichte in Deutschland, dem wir uns wieder stärker bewusst werden sollten. Die mit ihr wiedererrungenen Werte – Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – sind heute für ein gemeinsames Zusammenleben in Europa grundlegend und unveräußerlich. Zu einer Diskussion mit Experten lädt die Gedenkstätte am Samstag um 20.00 Uhr.

Weitere Themen aus dem Leben in der SED-Diktatur erwarten die Besucher am Wochenende zur Buchmesse in der Gedenkstätte: Darunter die Wahrnehmung einer Tochter, dessen Vater Stasi-Spitzel war, der Zeit im Frauenzuchthaus Hoheneck, zum Antisemitismus in der DDR oder zur alternativen Modeszene der 1980er Jahre. Am Sonntag folgen zwei abschließende Matinee-Lesungen, darunter mit einem der erfolgreichsten Fluchthelfer aus den 1960ern und einem DDR-Oppositionellen. Der Eintritt zu den Lesungen ist frei.

100 Jahre Weimarer Republik – 70 Jahre Grundgesetz – 30 Jahre Friedliche Revolution – Buchvorstellung mit Gespräch am Samstag, den 23. März 2019, um 20.00 Uhr

Als vor 100 Jahren die Weimarer Republik ausgerufen wurde, war es ein bis dahin einmaliger Akt politischer Selbstbestimmung, der in der Endphase des Ersten Weltkrieges mit dem Sturz der Monarchie einherging. Am 11. August 1919 wurde schließlich die Weimarer Verfassung verkündet. Es war die erste effektive demokratische Verfassung Deutschlands. Mit ihr wurde das Deutsche Reich zu einer föderativen Republik mit einem parlamentarischen Regierungssystem. Viele der dort festgeschriebenen Artikel flossen in das heute geltende Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Katastrophe des „Dritten Reichs“, mit der die Weimarer Republik endete, führte zu einem schlechten Ruf. Der Beginn der Weimarer Republik gehört jedoch wie die Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 und die Friedliche Revolution 1989 zu den zentralen Daten der Demokratiegeschichte in Deutschland. Um dies bewusster im öffentlichen Raum zu etablieren, widmet sich die Veranstaltung den Anfängen der Demokratie in Deutschland und zieht Vergleiche zu heute. Denn Demokratie war auch 1918/19 nicht selbstverständlich, sondern muss stets aktiv mitgestaltet werden. Auch heute gilt es für diese Werte zu sensibilisieren, gerade im Hinblick auf die zunehmende Gefährdung des demokratischen und antitotalitären Grundkonsenses.

Bei der Veranstaltung um 20.00 Uhr stellt zuerst der Verfassungshistoriker und Jurist Heiko Holste sein Buch „Warum Weimar? Wie Deutschlands erste Republik zu ihrem Geburtsort kam“ vor. Danach kommt er mit Stephan Zänker, Geschäftsführer des Weimarer Republik e.V., und Tobias Hollitzer, Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, ins Gespräch. Sven-Felix Kellerhoff, Geschichtsredakteur bei der Tageszeitung „Die Welt“ und Autor des Buches „Lob der Revolution. Die Geburt der deutschen Demokratie“, moderiert das Gespräch.

Weitere Veranstaltungen zur Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur am Samstag, 23.03.2019

Das breite Themenspektrum bei „Leipzig liest“ wird besonders am Samstag deutlich. Tiefe Einblicke in persönliche Geschichten gewährt einerseits die Buchvorstellung um 12.00 Uhr von Tatjana Böhme-Mehner, die mit „Warten auf den Vater“ Erinnerungen an ihren Vater Ibrahim Böhme niedergeschrieben hat. Böhme wäre 1990 fast der erste frei gewählte Ministerpräsident der DDR geworden, ist dann aber als Stasi-Spitzel enttarnt worden. Andererseits stellt um 21.00 Uhr Marie-Luise Knopp ihr Buch „Eingesperrte Gefühle bahnen sich ihren Weg“ vor, worin sie von ihrer Zeit im DDR-Frauengefängnis Burg Hoheneck, ihre zuvor geplante Republikflucht und ihre Zwangstrennung von ihrem Kind berichtet. Auch der um 19.00 Uhr von Markus Ziener vorgestellte Roman „DDR, mon amour“ zeigt auf einer ganz anderen, aber sehr persönlichen Ebene, wie bizarr die Realitäten im geteilten Deutschland teils waren und was es bedeutete eine deutsch-deutsche Freundschaft zu Zeiten der Mauer zu führen.

Die weiteren drei Buchvorstellungen befassen sich mit der alternativen Modeszene in den 1980er Jahren in der DDR (18.00 Uhr), dem Antisemitismus in der DDR (16.00 Uhr) und der Verhaftungspraxis sowjetischer Geheimdienste von 1945 bis 1955 (14.00 Uhr). Besonders letztgenanntes Werk bietet eine erste Bestandsaufnahme für das Thema am Beispiel von Bad Freienwalde.

Sonntag, 24.03.2019: Matinée-Lesungen mit einem der erfolgreichsten Fluchthelfer aus den 1960ern sowie einem DDR-Oppositionellen mit musikalischer Begleitung

Gleich zwei spannende Romane erwarten die Besucher am Sonntag, den 24. März 2019. Um 11.00 Uhr stellen Burkhart Veigel und Roswitha Quadflieg ihren neuen Roman „Frei“ über einen Fluchthelfer aus dem geteilten Berlin in den 1960er Jahren und über seine Erinnerungen, seine Liebe und sein Schicksal vor. Der Autor selbst war von 1961 bis etwa 1970 einer der aktivsten und erfolgreichsten Fluchthelfer in Berlin. Als Mitglied der sogenannten Giermann-Gruppe half er Menschen aus der DDR zu flüchten. Die Gruppe fälschte Pässe, grub Tunnel oder transportierte Ausreisewillige in umgebauten Autos über die Grenze.

Um 13.00 Uhr folgt die Vorstellung des Romans „Taucher in der Wüste“, dessen Romanfigur Carl Graff aus Rostland in der DDR ausbricht und möglichst weit weg will. Als Berber, Alkoholiker und feinsinniger Beobachter lässt er sich treiben nach Rom, Monte Carlos, Paris. Mit dem Schreiben des Romans begann der 2017 verstorbene Rundfunkjournalist Andreas B. Bengsch, der seine Widerständigkeit in der DDR mit mehreren Haftstrafen büßen musste. Udo Scheer, der in den 1970ern den oppositionellen Arbeitskreis für Literatur und Lyrik Jena gegründet hat, stellte den Roman fertig. Der Folkmusiker Andreas Schirneck begleitet die Lesung mit einem exklusiv gestalteten Programm.

Begegnungen am authentischen Ort: Veranstaltungen im Stasi-Kinosaal und in ehemaligen Büros

Veranstaltungsort ist überwiegend der ehemalige Stasi-Kinosaal, in dem auch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ gezeigt wird. Der Saal ist ein original erhaltenes Relikt der SED-Diktatur und damit ein Stück Zeitgeschichte. In dem repräsentativen Saal fanden vielfältige Veranstaltungen der Staatssicherheit statt, darunter offizielle Feiern anlässlich wichtiger Jahrestage, Schulungen und Dienstbesprechungen. Anlässlich des 40. Jahrestags der DDR ließ die Bezirksverwaltung den Kinosaal komplett renovieren und eine neue Bestuhlung anschaffen. Der Kinosaal steht heute unter Denkmalschutz und wird als authentischer Ort von der Gedenkstätte für Geschichtsvermittlung, politische Bildung und aktuelle Debatten genutzt.

Die Veranstaltung um 19.00 Uhr findet in der Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ statt. Auch hier erleben die Besucher eine Zeitzeugenlesung am authentischen Ort, denn hier befanden sich bis zur Besetzung der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung Leipzig Büro- und Arbeitsräume der Stasi-Offiziere.

Das gesamte Programm finden Sie nachstehend oder online auf der Museums-Website. Dort kann das Programm auch als PDF-Datei heruntergeladen werden: www.runde-ecke-leipzig.de. Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei.

Die gesamte Veranstaltungsreihe entstand in Zusammenarbeit mit Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur bzw. der Stasi-Unterlagen, Forschungseinrichtungen, Opferverbänden, Gedenkstätten sowie Verlagen und findet in Kooperation mit dem Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur statt.

Alle Veranstaltungen am Samstag, den 23. März 2019, im Überblick:

12.00 Uhr: LESUNG UND GESPRÄCH
Tatjana Böhme-Mehner
Warten auf den Vater. Erinnerungen an Ibrahim Böhme
Fast wäre er 1990 der erste frei gewählte Ministerpräsident der DDR geworden, ist dann aber als Stasi-IM enttarnt worden.
Über eine Kindheit mit einem Stasi-Spitzel als Vater.
Moderation: Birgit Lahann (Autorin des Buches „Genosse Judas. Die zwei Leben des Ibrahim Böhme“)
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

14.00 Uhr: BUCHPRÄSENTATION UND GESPRÄCH
Andreas Weigelt
Vorwurf: Aktiver Nazi, Werwolf oder Agent. Die Verhaftungspraxis sowjetischer Geheimdienste in und um Bad Freienwalde1945-1955
Rekonstruierte Geschichten der in sowjetischen Speziallagern Inhaftierten und von sowjetischen Militärtribunen verurteilten.
Moderation: Rainer Potratz (Referent für Historische Forschung, Gedenkstätten und Öffentlichkeitsarbeit bei der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur)
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

14.00 Uhr FÜHRUNG
Stadtrundgang: „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“
Stadtrundgang zu den Brennpunkten des Jahres 1989.
Treffpunkt: Hauptportal Nikolaikirche

15.00 Uhr FÜHRUNG
Öffentliche Führung durch die Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“
Die Ausstellung informiert am originalen Ort über Geschichte, Struktur und Arbeitsweise des MfS.
Treffpunkt: Museum in der „Runden Ecke“, Eingang

16.00 Uhr: BUCHPRÄSENTATION UND GESPRÄCH
Wolfgang Benz (Hg.)
Antisemitismus in der DDR. Manifestation und Folgen des Feinbildes Israel
Der Staats- und Parteiapparat als Akteur gegenüber den jüdischen Bürgern und Gemeinden in der DDR.
Moderation: Sven-Felix Kellerhoff (Geschichtsredakteur der Tageszeitung „Die Welt“)
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

18.00 Uhr: BUCHVORSTELLUNG UND GESPRÄCH
Andrea Prause
Catwalk wider den Sozialismus. Alternative Modeszene in der Diktatur
Wie künstlerische Subkulturen in der DDR gelebt haben.
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

19.00 Uhr: LESUNG UND GESPRÄCH
Markus Ziener
DDR, mon amour
Ein Roman über eine deutsch-deutsche Freundschaft zu Zeiten der Mauer, über Ideale, Sehnsüchte und die oft bizarren Realitäten im geteilten Deutschland.
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ in der Ausstellung

20.00 Uhr: BUCHVORSTELLUNG UND PODIUMSGESPRÄCH
Heiko Holste, Sven-Felix Kellerhoff, Stephan Zänker, Tobias Hollitzer
Warum Weimar? – 100 Jahre Weimarer Republik, 70 Jahre Grundgesetz und 30 Jahre Friedliche Revolution
Die Weimarer Republik ist der Beginn der Demokratie in Deutschland und gehört in einer Reihe mit 1949 und 1989 deutlich stärker gewürdigt.
Nach einem Vortrag mit Buchvorstellungen kommen ins Gespräch Heiko Holste (Verfassungshistoriker, Jurist und Autor des Buches „Warum Weimar? Wie Deutschlands erste Republik zu ihrem Geburtsort kam“), Sven-Felix Kellerhoff (Geschichtsredakteur der Tageszeitung „Die Welt“ und Autor des Buches „Lob der Revolution. Die Geburt der deutschen Demokratie“), Stephan Zänker (Geschäftsführer des Weimarer Republik e.V.), Tobias Hollitzer (Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“).
Moderation: Sven-Felix Kellerhoff (Geschichtsredakteur der Tageszeitung „Die Welt“)
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

21.00 Uhr: LESUNG UND GESPRÄCH
Marie-Luise Knopp
Eingesperrte Gefühle bahnen sich ihren Weg. Burg Hoheneck und ein Leben danach
Ihre geplante Republikflucht führte ins Frauengefängnis und zur Zwangstrennung von ihrem Kind. Moderation: Irmtraut Hollitzer (Bürgerkomitee Leipzig e.V.)
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ in der Ausstellung

Alle Veranstaltungen am Sonntag, den 24. März 2019, im Überblick:

11.00 Uhr: MATINÉE-LESUNG UND GESPRÄCH
Burkhart Veigel und Roswitha Quadflieg
Frei
Ein Roman über die Erinnerungen eines Fluchthelfers aus dem geteilten Berlin in den 1960er Jahren, über seine Liebe, Freunde und ihre Schicksale.
Moderation: Franziska Böhl (Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“)
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

13.00 Uhr: MATINÉE-LESUNG MIT MUSIK
Andreas B. Bensch, Udo Scheer
Taucher in der Wüste: Die Nächte und Tage des Carl Graff
Ein Roman von DDR-Oppositionellen über eine Reise, bei der Mauern, Grenzen und Unfreiheiten überwunden werden sollen. Musik: Andreas Schirneck.
Ort: Museum in der „Runden Ecke“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal

15.00 Uhr FÜHRUNG
Öffentliche Führung durch die Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“
Die Ausstellung informiert am originalen Ort über Geschichte, Struktur und Arbeitsweise des MfS.
Treffpunkt: Museum in der „Runden Ecke“, Eingang

Die Pressemitteilung als PDF-Datei.