Sie sind hier: Runde-Ecke-Leipzig.de / Presse

einzelne Meldung

Donnerstag, den 20. September 2012

"Revolutionstage in Sachsen" - Finissage der Wanderausstellung "Die Friedliche Revolution in Leipzig" im Sächsischen Landtag

Kategorie: Pressemitteilung

Am 24.09.2012, um 19.00 Uhr, diskutieren Zeitzeugen über die Friedliche Revolution in Leipzig und die entscheidende Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989

„Wir sind das Volk!“, riefen am 9. Oktober 1989 die 70.000 Menschen, die sich trotz der massiven Drohungen des SED-Regimes mit einer „chinesischen Lösung“ nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche auf die Straße gewagt hatten, um friedlich auf dem Leipziger Ring zu demonstrieren. Die bereitstehenden 8.000 bewaffneten Kräfte (Polizisten, Angehörigen der Kampfgruppen und Soldaten der NVA) mussten sich angesichts der demonstrierenden Massen zurückziehen. Am 9. Oktober entschied sich in Leipzig, ob die Revolution eine blutige oder eine friedliche werden würde. Dieser Tag war auch eine wichtige Voraussetzung für den Mauerfall am 9. November 1989 in Berlin.

Leipzig wurde zum Symbol für revolutionäres Handeln in einer Vielzahl anderer Städte und Gemeinden, wie Ost-Berlin, Dresden oder Plauen, wo Menschen trotz staatlicher Gewaltanwendung den Mut hatten für Freiheit und Demokratie zu demonstrieren. Die Entscheidung jedoch fiel in Leipzig.

Bereits in der ARD-Nachrichtensendung „Tagesthemen“ berichtete der Leipziger Pfarrer und Oppositionelle Christoph Wonneberger in einem Telefoninterview über den unerwarteten friedlichen Ausgang des Abends. Bilder von der Demonstration waren zu diesem Zeitpunkt in Westdeutschland noch nicht verfügbar.

In einem Einführungsvortrag stellt Tobias Hollitzer die Hintergründe und Abläufe des 9. Oktober 1989 in Leipzig dar. Danach diskutieren Bürgerrechtler, die im Herbst 1989 demonstriert haben, über die Wechselwirkungen und die damaligen Ereignisse und kommen mit dem Publikum ins Gespräch. Frank Neubert war als Mitglied der „Gruppe der 20“ am 9. Oktober 1989 nach Leipzig gefahren um in der Nikolaikirche über das Gesprächsangebot in Dresden zu berichten; Jörg Schneider war in Plauen an der Organisation der großen Demonstration vom 7. Oktober 1989 beteiligt, an deren Ende es erstmals Verhandlungen zwischen Polizei und Demonstranten gab; Barbara Timm, war als Bürgerrechtlerin und Fotografin extra aus Berlin nach Leipzig gefahren um an der Demonstration teilnehmen zu können; Christoph Wonneberger war einer der wichtigsten Oppositionellen in Leipzig und hat den Aufruf gegen Gewalt mit verfasst, der in ca. 25.000 Exemplaren hergestellt und verteilt wurde.

Moderation: Sven-Felix Kellerhoff, Berlin, Die Welt

 

Noch bis zum 27. September 2012 wird die Ausstellung im Sächsischen Landtag präsentiert

Die Wanderausstellung ist noch bis zum 27. September 1989 im Foyer des sächsischen Landtags zu sehen. Geöffnet ist Sie täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr. Der Eintritt ist frei. Zu sehen sind unter anderem erstmals zusammengestellte Objekte des ehemaligen Dresdner Landesjugendpfarrers Harald Bretschneider, der maßgeblich an der Etablierung der kirchlichen Friedensbewegung unter dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ am Anfang der 1980er Jahre beteiligt war. Für die Ausstellung stellte er aus seinem persönlichen Besitz zahlreiche originale Objekte zur Verfügung.

„Die Friedliche Revolution in Leipzig“ geht auf Wanderschaft: Bürgerkomitee bietet die Schau zum friedlichen Umbruch 1989/90 in ganz Deutschland an

„Die Friedliche Revolution in Leipzig“ beschreibt erstmals die Ereignisse des Herbstes 1989 sowie dessen Vor- und Nachgeschichte auf so ausführliche Art und Weise: Bereits in den 1980er Jahren engagierten sich Oppositionsgruppen besonders im kirchlichen Umfeld, da die Kirche einen gewissen Schutz vor der Willkür des SED-Regimes bot. Themen wie Umweltschutz, Einhaltung der Menschenrechte und Demokratisierung des Landes wurden diskutiert. Als es 1988 jedoch zum offenen Konflikt zwischen Kirchenleitung und Teilen dieser Basisgruppen kam, sahen sich diese gezwungen verstärkt in den öffentlichen Raum zu treten.

Mit originalen Flugblättern, Demofotos, Plakaten und Dokumenten zeichnet die Ausstellung die Entwicklungen und Aktionen der Oppositionsgruppen im Jahr 1989 nach: Die Montagsdemonstrationen zur Leipziger Frühjahrs- und Herbstmesse, die Proteste gegen die Fälschung der Kommunalwahlen vom 7. Mai, das Straßenmusikfestival am 10. Juni, die entscheidende Montagsdemonstration am 9. Oktober und nicht zuletzt die Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale am 4. Dezember 1989 seien hier nur als einige Schlaglichter genannt. Leipziger Bürgerrechtler waren dabei auch bereit, mit den vielen Ausreisewilligen zusammenzuarbeiten, sie in die Friedensgebete aufzunehmen und die Kraft dieser Masse an Menschen, die das Land verlassen wollten, in ihren Protest einzubinden.

Die Gründung des Neuen Forums, das Entstehen der Runden Tische und die ersten freien Wahlen im März und Mai 1990 waren wegweisend für die Demokratisierung des Landes. 1990 begann die wichtige Phase des Aufbaus demokratischer Strukturen. Neben dem Ruf nach Wiedervereinigung wurde auch der Wunsch in der Bevölkerung nach einer Wiedergründung des Bundeslandes Sachsen immer größer. Im Zuge des Einigungsvertrages am 3. Oktober 1990 wurde dieser Wunsch Wirklichkeit: Am 14. Oktober 1990 konnten die Bürger Sachsens erstmals nach fast 40 Jahren ihr Parlament demokratisch wählen.

Die Friedliche Revolution ist die erste gelungene und gewaltfreie Revolution in der deutschen Geschichte. Die Erinnerung daran bleibt eine gesamtdeutsche Aufgabe und bildet zugleich einen wesentlichen Baustein des im Werden begriffenen europäischen Geschichtsbewusstseins. Insofern ist die Ausstellung „Die Friedliche Revolution in Leipzig“ auch deutschlandweit von großem Interesse und kann bei Bedarf von Institutionen, Städten und Vereinen ausgeliehen und gezeigt werden.

Pressemitteilung als pdf