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mardi, den 03. avril 2007

Vier Schüler gegen Stalin

Categorie: Pressemitteilung

Unverblümte Geburtstagsgrüße für den sowjetischen Diktator– Veranstaltung am 04.04.2007

Wenn Josef Stalin Geburtstag hatte, waren üblicherweise nur Lobeshymnen auf den großen Lenker der Sowjetunion zu hören. Die Worte „Massenmörder“ und „Diktator“ brachte man öffentlich lieber nicht mit ihm im Zusammenhang – schon gar nicht am Ehrentag des Staatschefs. Vier Schüler des Altenburger Gymnasiums taten am Abend des 20. Dezember 1949 aber genau das. Jörn-Ulrich Brödel, Ulf Uhlig, Joachim Näther und Gerhard Schmale gehörten zu einem oppositionellen Zirkel ihrer Schule. Aus Anlass des 70. Geburtstages von Stalin klagten sie in einer illegalen Radiosendung über einen selbst gebauten Sender die kommunistischen Verbrechen an. Drei Monate später kam ihnen die Staatssicherheit auf die Spur. Die Schüler wurden verhaftet, an den sowjetischen Geheimdienst ausgeliefert und verurteilt, einer von ihnen zum Tode.

 

Filmvorführung und Gespräch zur wagemutigen Aktion Altenburger Schüler in der „Runden Ecke“

Im Begleitprogramm der Sonderausstellung „Erschossen in Moskau…“ zeigt das Museum in der „Runden Ecke“ am morgigen Mittwoch einen Film über die wagemutige Aktion der 18-jährigen Gymnasiasten. Die selten gezeigte Dokumentation erzählt, wie pünktlich zu Festansprache von DDR-Präsident Wilhelm Pieck auch das Programm der Schüler über ihren selbst gebastelten Sender ging. Stalin, so lautete die Botschaft, habe Millionen Unschuldige im Gulag umgebracht. Auch in der DDR säßen Zehntausende Unschuldige in Speziallagern.

 

Für diese offenen Worte wurde Joachim Näther zum Tode verurteilt, in Moskau erschossen und auf dem dortigen Donskoje-Friedhof beerdigt. Sein Schicksal konnte erst 1997 geklärt werden. Die drei anderen Schüler erhielten eine lebenslängliche Zuchthaus-Strafe. Zwei von ihnen, Gerhard Schmale und Jörn-Ulrich Brödel werden im Anschluss an die Filmvorführung von der Aktion und den folgenden Repressalien berichten. Mit ihnen diskutiert Wolfgang Enke, ein ehemaliger Lehrer des Altenburger Gymnasiums, der die noch lebenden Protagonisten nach 1990 wieder zusammen brachte. Die Diskussion moderiert der Historiker Enrico Heitzer, der seine Diplomarbeit zu diesem Fall verfasste.

 

Zur Veranstaltung ist auch der Radiosender zu sehen, den Gerhard Schmale für den Film „4 Schüler gegen Stalin“ aus originalen Teilen rekonstruierte. Der Abend beginnt 19.00 Uhr im ehemaligen Stasi-Kinosaal im Museum in der „Runden Ecke“. Der Eintritt ist frei.

 

Sonderausstellung „Erschossen in Moskau…“ dokumentiert Schicksal von fast 1.000 in der Sowjetunion hingerichteten Deutschen

Von einem sowjetischen Militärtribunal zum Tode verurteilt, nach Moskau verschleppt, erschossen und anschließend auf dem Donskoje-Friedhof verscharrt. Die Stationen dieses Weges in den Tod mussten beinahe 1000 Deutsche aus der noch jungen DDR aber auch aus der Bundesrepublik gehen, weil sie wegen angeblicher Spionage oder antisowjetischer Tätigkeit angeklagt und für schuldig befunden worden waren. In ungezählten Fällen verwischten sich ihre Spuren in der Sowjetunion und war es für die Angehörigen somit nicht mehr möglich, das Schicksal der Verurteilten nachzuvollziehen. Spärliche Informationen zu DDR-Zeiten und Schweigepflicht führten zu völliger Unkenntnis über das, was in den Jahren 1950 – 1953, als in der Bundesrepublik bereits die Wirtschaft boomte und sich allgemeiner Wohlstand einstellte, jenseits der bundesdeutschen Grenze an Unrecht begangen wurde. Die meisten der Erschossenen wurden erst nach 1990 von der russischen Staatsanwaltschaft rehabilitiert.

 

Eine Ausstellung über das Schicksal der Hingerichteten ist bis zum 28. April im ehemaligen Stasi-Kinosaal in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ zu sehen. Sie kann täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr besichtigt werden. Informationen über das Begleitprogramm gibt es unter www.runde-ecke-leipzig.de.