Alles unter Kontrolle – Datenbeschaffung, Geruchsspeicher und Zersetzungsmaßnahmen

Da für die Staatssicherheit praktisch jeder Bürger potenziell verdächtig war, versuchte sie, so viele Informationen wie möglich zusammenzutragen. Oft bekamen die MfS-Offiziere auch unaufgefordert Informationen zugespielt – von der ehemaligen SED-Bezirkszeitung „Leipziger Volkszeitung“ zum Beispiel kritische Lesermeinungen. Bürger lieferten gefundene Flugblätter ab. Die Staatssicherheit nahm die Ermittlungen auf, als ob es sich um schwerste kriminelle Verbrechen handelte. Fingerabdrücke, Speichelproben, Schriftproben und Geruchsproben halfen bei der Tätersuche. Die Schriftproben wurden im „Tatschriftspeicher“ archiviert, die Geruchsproben im „Geruchsspeicher“.

Die Abteilung XX und die Kreisdienststellen waren für die „Bearbeitung“ vermeintlicher und tatsächlicher Oppositioneller zuständig. Sie führten dazu so genannte „Operative Personenkontrollen“ (OPK) und „Operative Vorgänge“ (OV) durch. Am Ende dieses Prozesses konnte die Inhaftierung und Verurteilung wegen einer oft konstruierten „Straftat“ stehen, oder die nach außen unauffällige Zersetzung des Oppositionellen. Ziel dieser Methode war es beispielsweise, die Betreffenden bei Bekannten, in der Nachbarschaft und im Arbeitskollektiv in Verruf zu bringen, bewusst Lebenskrisen und Streit herbeizuführen oder gar Kinder und Eltern voneinander zu entfremden. Vermeintliche Gegner sollten so lange mit Ängsten, Selbstzweifeln sowie beruflichen und persönlichen Krisen belastet werden, bis sie keine Energie mehr für eine oppositionelle Tätigkeit aufbrachten. Wie Zersetzung funktionierte, lernten die MfS-Offiziere an am Lehrstuhl für Operative Psychologie der „Juristischen Hochschule“ in Potsdam, einer nur für Mitarbeiter der Staatssicherheit zugänglichen Einrichtung. Im Unterricht vermittelten die Dozenten auch Wissen, das für die optimale Arbeit mit IM hilfreich war.