headertop
 
 
   
  Newsletter 02/2006

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

 

im neuen Jahr laden wir Sie herzlich zu einem Besuch des Museums im Stasi-Bunker bei Machern ein. Dort können Sie ab diesem Monat ein neues Informationssystem nutzen, das ausführliche Informationen zu den Gebäuden und Anlagen der ehemaligen Ausweichführungsstelle des Leiters der Leipziger Stasi-Zentrale gibt. Vom Kommandantenwohnhaus über das Notstromaggregat bis hin zu mehreren Bungalows können Sie sich auf diese Weise erschließen, welchen Zweck der Komplex im Ernstfall erfüllen sollte. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

 

Zunächst jedoch viel Freude beim Lesen des Newsletters.

Ihr Bürgerkomitee Leipzig

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

INHALT

Wir laden ein

Rückblick

Aus der Arbeit der Gedenkstätte

Aus dem Gästebuch

 

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

WIR LADEN EIN

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

16. – 19. MÄRZ 2006, 19.00 UHR

„LEIPZIG LIEST“, BUCHVORSTELLUNGEN, LESUNGEN UND DISKUSSIONEN

Literarische Neuerscheinungen, die sich mit der DDR-Vergangenheit befassen, stellen wir Ihnen im März im Rahmen der Reihe „Leipzig liest“ anlässlich der Leipziger Buchmesse vor. Das Bürgerkomitee gehört zu den jährlich mehr als 100 Vereinen, Initiativen, Museen und Kneipen der Stadt, die das mehrtägige Lesefest gestalten. In der folgenden Vorschau finden Sie Angaben zu Terminen und Autoren. Ausführliche Informationen erhalten Sie im nächsten Newsletter.

 

DONNERSTAG, 16. MÄRZ 2006

 

18.30 UHR: Ingo Schulze: „Neue Leben“, Lesung und Gespräch. Eine Veranstaltung des Bürgerkomitee Leipzig e.V. in Kooperation mit dem Berlin Verlag

20.30 UHR: Uwe Richter: „Fluchten“, Buchpremiere und Diskussion. Eine Veranstaltung des Bürgerkomitee Leipzig e.V. in Kooperation mit edition Grüntal

 

 

FREITAG, 17. MÄRZ 2006

 

17.30 UHR: Robert Zagolla: „Im Namen der Wahrheit. Folter in Deutschland vom Mittelalter bis heute“, Buchpremiere und Diskussion. Eine Veranstaltung des Bürgerkomitee Leipzig e.V. in Kooperation mit be.bra Verlag

19.30 UHR: „Ihr Ende schaut an. Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts“, Buchpremiere und Diskussion. Eine Veranstaltung des Bürgerkomitee Leipzig e.V. in Kooperation mit der Evangelischen Verlagsanstalt

 

 

SONNABEND, 18. MÄRZ 2006

 

19.00 UHR: Lutz Rathenow, Harald Hauswald: „GEWENDET“ Vor und nach dem Mauerfall: Fotos und Texte aus dem Osten. Bilder aus 3 Jahrzehnten, Ausstellungseröffnung, Buchpräsentation und Diskussion. Eine Veranstaltung des Bürgerkomitee Leipzig e.V. in Kooperation mit dem Jaron Verlag

 

 

SONNTAG, 19. MÄRZ 2006

 

11.00 UHR: Heidemarie Härtl „Puppen im Sommer“, der Reihe „Literarische Gegenwelten in der DDR“ vorgestellt von Ines Geipel, Buchpremiere. Eine Veranstaltung des Bürgerkomitee Leipzig e.V.

 

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

RÜCKBLICK

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

19. JANUAR 2006

BUCHPREMIERE „DIE REISEKADER“

Über 50 interessierte Besucher kamen zur ersten Veranstaltung der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ im neuen Jahr, um im ehemaligen Kinosaal der Stasi der Vorstellung des Buchs „Die Reisekader, Auswahl und Disziplinierung einer privilegierten Minderheit in der DDR“ beizuwohnen und darüber zu diskutieren. Das Werk des Berliner Historikers Jens Niederhut ist soeben in der Schriftenreihe des Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig erschienen. Das große Interesse spiegelt den Nachholbedarf bei der Aufarbeitung des Themas „Reisekader in der DDR“ wider, denn bisher besteht zwischen wissenschaftlicher Auseinandersetzung und privatem Interesse an der Thematik eine deutliche Diskrepanz, worauf auch in den kurzen Begrüßungen von Tobias Hollitzer (Bürgerkomitee Leipzig) und Annegret Grimm (Evangelische Verlagsanstalt) hingewiesen wurde: Während im privaten Kreis schon immer und kontrovers diskutiert worden sei, ob – und vor allem warum – jemand als Reisekader eingestuft wurde, seien die Reisekader in der Wissenschaft bisher ein Randthema geblieben. So stößt Jens Niederhut mit seinem Buch auf ein breites Bedürfnis und fügt dem (historiografischen) Bild von der Herrschaftspraxis der SED ein weiteres Mosaiksteinchen hinzu, schließlich, so Michael Beleites, Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen und Moderator des Abends, wurde die „Verstrickung in die Diktatur bisher nur an der IM-Tätigkeit gemessen“.

 

Zunächst wurde Niederhut, der zurzeit in Köln promoviert, die Gelegenheit gegeben, sein Buch selbst vorzustellen. Er bot dabei einen kurzen Abriss über die historische Entwicklung des Reisekadersystems in der DDR, das, ab 1965 eingeführt, die dienstlichen Auslandsreisen der DDR-Bürger regeln sollte und vom Autor als „typische Einrichtung der frühen Honecker-Ära“ charakterisiert wurde – der Ära, in der die Staatsführung Ende der 1960er / Anfang der 1970er Jahre auf vielen Gebieten begann, die Überwachung der Bevölkerung zu perfektionieren. In der Wirkung habe das System in der vermeintlich klassenlosen Gesellschaft der DDR jedoch neue Grenzen geschaffen – zwischen jenen, die reisen durften, und solchen, denen die Reise ins westliche Ausland verwehrt blieb. Die Kriterien für eine Einstufung als Reisekader seien dabei undurchschaubar gewesen, was die Reisekader zu einer „besonderen und privilegierten Minderheit“ gemacht habe. Gleichzeitig hätten die Privilegierten jedoch „durchaus einen Preis für die Reiseerlaubnis entrichtet“, seien sie doch so stark wie kaum sonst jemand überwacht worden. Als kennzeichnend für das Reisekadersystem seien daher vor allem die drei Schlagworte „Privileg“, „Kontrolle“ und „Disziplinierung“ zu nennen. Erst in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre habe eine gewisse Liberalisierung in der Einstufungspraxis eingesetzt. Was die Zusammenarbeit der Reisekader mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) anginge, sei die wichtigste Aufgabe der Reisekader-IM gewesen, sich gegenseitig zu kontrollieren, nicht etwa die Auslandsspionage. Der Ansatz von Niederhut ist, wie er explizit erwähnte, die „Perspektive von oben“, das heißt, für seine Untersuchung griff er vor allem auf Akten des Partei- und Staatsapparates zurück, weshalb auch primär das System und weniger die Kader an sich im Fokus der Betrachtung stünden. Insgesamt habe er mit seinem Buch das Anliegen, „das Reisekadersystem als Teil der Herrschaftsausübung vorzustellen“.

 

Im Gegensatz zu Niederhut betonte Mitdiskutant Steffen Reichert, der sich im Rahmen seiner Promotion mit dem Einfluss des MfS auf die Universität Halle/Wittenberg und dem dortigen Reisekadersystem beschäftigt hatte, in seinen anschließenden Ausführungen die Rolle des MfS ausdrücklich. Dieses habe zum einen das „alleinige Veto- bzw. Entscheidungsrecht“ gehabt, wer überhaupt für Auslandsreisen zugelassen worden sei, zum anderen sei der Aspekt der „nachrichtendienstlichen Verwertbarkeit“ stets ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Reisekader gewesen. Schließlich, so Reichert, seien die Dienstreisenden ein wichtiges Instrument der MfS-Auslandsspionage gewesen, also der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) bzw. der Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen, um Vorlesungsverzeichnisse und andere Materialien zu beschaffen. Reisekader, sofern sie als IM tätig wurden, hätten „qualifizierte Arbeit“ für das MfS geleistet, dementsprechend sei ihre Rolle für die HVA nicht zu unterschätzen.

 

An die Redebeiträge der Experten schloss sich eine offene Diskussion an, die durch zahlreiche, teilweise sehr kontroverse Wortmeldungen aus dem Zuschauerraum bereichert wurde. Die Frage, ob die ehemaligen Reisekader beim Übergang in die demokratische Gesellschaft einen „Startvorteil“ hatten, konnte aufgrund fehlender empirischer Untersuchungen jedoch genauso wenig geklärt werden, wie die Frage, welche Kriterien nun tatsächlich die wirklich ausschlaggebenden waren bei der Bestimmung der Kader (politische Loyalität vs. Fachkompetenz). Neben dem Werben für einen differenzierten Umgang mit diesem Aspekt der Zeitgeschichte blieb am Ende jedoch als Fazit bestehen: „Jemand, der politisch nicht erwünscht war, konnte nicht reisen.“ (Niederhut)

 

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

AUS DER ARBEIT DER GEDENKSTÄTTE

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

88.000 BESUCHER IM VERGANGENEN JAHR

Mehr als 88.000 Menschen waren im vergangenen Jahr in der Gedenkstätte Museum in der „Runde Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker zu Gast. Davon sahen sich fast 72.000 in Leipzig die Dauerausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ an – etwa 10.000 von ihnen nahmen dabei an einer der zahlreichen Führungen teil. Die Sonderausstellung „Ein offenes Geheimnis – Post- und Telefonkontrolle in der DDR“ sahen 8.500 Interessierte. Das Museum im Stasi-Bunker Machern, das wieder an jedem letzten Wochenende im Monat geöffnet war, zählte 3.200 Gäste.

 

Die 19 Veranstaltungen des Bürgerkomitees, unter anderem die Buchvorstellungen im Rahmen von „Leipzig liest“ und das Festprogramm zum 15. Jahrestag der Gedenkstätte, besuchten etwa 1.200 Menschen. 2.000 begaben sich bei genau 125 thematischen Stadtrundgängen „Auf die Spuren der Friedlichen Revolution“.

 

Die Gesamtbesucherzahl hat sich gegenüber dem Vorjahr um etwa 5.000 erhöht.

 

 

NEUES INFORMATIONSSYSTEM IM MUSEUM IM STASI-BUNKER

Ab Februar können die Besucher des Museums im Stasi-Bunker ein neues Informationssystem nutzen. Es wird am 25.02.2006 eingeweiht.

 

Das Museum befindet sich auf dem früheren Gelände der so genannten Ausweichführungsstelle des Leiters der Leipziger Stasi-Bezirksverwaltung in der „Runden Ecke“. Zu dieser gehörte neben einem Bunker auch ein mehr als fünf Hektar großes Außengelände mit zahlreichen oberirdischen Gebäuden und Anlagen. Das Gelände ist bis heute weitgehend im Originalzustand erhalten und kann von Besuchern jedes letzte Wochenende im Monat eigenständig besichtigt werden.

 

Erklärungen zu den einzelnen Gebäuden und Anlagen fanden die Gäste bisher auf selbst erstellten Hinweistafeln, die – jeweils nur an den Öffnungstagen des Museums – temporär aufgestellt und danach wieder entfernt wurden. Dank der Unterstützung der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen war es nun möglich, ein fest installiertes und witterungsbeständiges Informationssystem einzurichten, das Interessierten an 30 Punkten wichtige Informationen zu den Bestandteilen der ehemaligen Ausweichführungsstelle gibt. Bei einem Rundgang über das Gelände erschließen sich jetzt Zweck und Funktion der Anlage.

 

Im Ernstfall hätte der Leiter der Leipziger Stasi-Bezirksverwaltung seine Arbeit in der Ausweichführungsstelle in Machern fortgesetzt. Der Bunker bot nicht nur Schutz, sondern war eine vollwertige Kommandozentrale. Zu dem gesamten Komplex gehörten unter anderem das Kommandantenhaus, eine abgesetzte Sendestelle, ein Notstromaggregatehaus sowie mehrere Bungalows zur Tarnung der Anlage als Feriengelände.

 

Das Museum ist an jedem letzten Wochenende im Monat, je von 13.00 bis 16.00 Uhr zu besichtigen. Das Außengelände ist individuell begehbar; durch den Bunker finden regelmäßig Führungen (3 €, ermäßigt 2 €) statt. Gruppen können sich auch außerhalb dieser regulären Termine zu Sonderführungen anmelden.

 

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

AUS DEM GÄSTEBUCH

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Mehrere tausend Menschen besuchen monatlich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker. Manche leben in Leipzig und kommen – häufig mit Gästen – immer wieder in die Ausstellung. Andere kommen von weit her zu Besuch in die Stadt und wollen hier sehen, wo und wie vormals das berüchtigte Ministerium für Staatssicherheit arbeitete.

 

Viele unserer Besucher hinterlassen eine Notiz im Gästebuch und schreiben hier ihre Eindrücke nieder, die sie in der Gedenkstätte gesammelt haben. Unter dieser Rubrik wollen wir monatlich einige dieser Einträge an Sie weitergeben.

 

„Wir informierten uns über eine Zeit von der unsere Eltern reden, um die Zustände nachvollziehen zu können. Wäre die Wende nicht gekommen, hätte man uns ehrliche Bürger sicher auch nicht verschont oder wären wir kleine Duckmäuser geworden? Wer weiß…“

Eintrag vom 25.01.2006

 

„Bin extra wegen diesem Haus 450 km per Bahn angereist. Bin beeindruckt. Unbedingt erhalten und pflegen- es ist wichtig für alle, die die Zeit vor ’89 erlebten, aktiv erlebten, in allen deutschen Bundesländern!!!!“

Eintrag vom 26.01.2006

 

„Herzlichen Dank für die engagierten und sehr eindrücklichen Vorträge. Die Ausstellung ist informativ und anschaulich - insgesamt ein wichtiger Beitrag zur Förderung der Zivilcourage. Viel Erfolg für die weitere Arbeit.“

Eintrag vom 28.01.2006, Leistungskurs Geschichte, Gymnasium Bielefeld

 

„Hoffentlich gelingt es, Wiederholungen zu verhindern. Der ‚gläserne Mensch’, durchschaut durch moderne Elektronik, ist heute im Entstehen. Danke für alle Mutigen - gestern und in Zukunft.“

Eintrag vom Januar 2006 von einem Besucher aus Frankfurt

 

 


 



Unser Newsletter informiert Sie immer aktuell über Neuerungen, Aktionen und Ereignisse rund um die Gedenkstätte Museum in der Runden Ecke.
Wenn Sie sich abmelden oder Ihre Daten ändern möchten klicken Sie HIER.
Sollte dieser Link nicht funktionieren, überprüfen Sie bitte Ihre Spam-Mails oder schreiben Sie uns eine Email unter: mail@runde-ecke-leipzig.de

   
   
 

Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage.

Die Arbeit des Bürgerkomitees wird gefördert durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien auf der Grundlage eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst sowie durch die Stadt Leipzig und den Kulturraums Leipziger Raum.

************************************************************************
Bürgerkomitee Leipzig e.V.
für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS)
Träger der Gedenkstätte
Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker
Dittrichring 24, PSF 10 03 45, D-04003 Leipzig
Tel.: (0341) 9 61 24 43 * Fax: (0341) 9 61 24 99
http://www.runde-ecke-leipzig.de
mail@runde-ecke-leipzig.de
************************************************************************