Rechtspraxis

In der SBZ und DDR existierten, zum Teil zeitgleich und abhängig vom Tatvorwurf, mehrere Rechtsgrundlagen für die Verhängung der Todesstrafe. Die vor Gründung der DDR von den Alliierten bzw. allein von der sowjetischen Besatzungsmacht erlassenen Regelungen hatten teilweise noch bis in die 50er Jahre hinein Bestand, während gleichzeitig schon DDR-Gesetzgebung galt. Verhängt werden konnte die Todesstrafe für drei Tatbestände: NS-Verbrechen, Staatsverbrechen/ Spionage/ Wirtschaftsverbrechen sowie Mord.

Die Hinrichtungsart ergab sich aus den Vorgaben des Strafgesetzes. Zunächst galt in der DDR, mit wenigen Ergänzungen, das Reichsstrafgesetzbuch von 1871. Dieses sah Vollstreckungen per Fallbeil vor. Erst 1968 verabschiedete die Volkskammer ein eigenes Strafgesetzbuch für die DDR, in das sie mit §60 eine spezielle Regelung zur Todesstrafe aufnahm. Gleichzeitig wurde eine neue Hinrichtungsart, das Erschießen, festgelegt.

Von der Gründung der DDR 1949 bis zur Abschaffung der Todesstrafe wurden 231 Todesurteile verkündet. Davon sind nach heutigen Erkenntnissen insgesamt 160 vollstreckt worden, 64 in Leipzig. Da die Umstände der Hinrichtungen in der DDR strenger Geheimhaltung unterlagen und nur wenige schriftliche Quellen überliefert sind, können diese Zahlen jedoch nur als vorläufiger Forschungsstand betrachtet werden – es ist nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft weitere Einzelfälle recherchiert werden.