headertop
 
 
   
  Newsletter Oktober 2009

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

 

ab dem 3. Oktober 2009 ist es so weit: Die Sonderausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ wird täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr im ehemaligen Stasi-Kinosaal der Gedenkstätte zu sehen sein. Die Schau erinnert daran, wie Leipzig 1989 zur Stadt der Friedlichen Revolution wurde und lädt Besucher aus der ganzen Bundesrepublik zu spannenden neuen Entdeckungen ein. Das Bürgerkomitee freut sich, die Ausstellung im Rahmen der Feierlichkeiten zum Herbst ´89 präsentieren zu können. Näheres erfahren Sie unter der Rubrik „Aus der Arbeit der Gedenkstätte“.

 

Neben der Sonderausstellung wird es zudem ein vielfältiges Jubiläumsprogramm geben, zu dem wir ganz herzlich einladen möchten. Unter dem Motto „9. Oktober – Tag der Entscheidung“ finden im Museum in der „Runden Ecke“ Diskussionen, Filmvorführungen und Sonderführungen statt, weitere Informationen erhalten Sie unter der Rubrik „Wir laden ein“. Die Veranstaltungen des Bürgerkomitees reihen sich damit ein in das Programm der Initiativgruppe „Herbst ´89 – Aufbruch zur Demokratie“ ein, deren Jubiläumsprogramm Sie auf der Homepage www.herbst89.de einsehen können.

 

Wir freuen uns, Sie in unserer Sonderausstellung und bei unserem Begleitprogramm begrüßen zu können und wünschen Ihnen zunächst viel Freude beim Lesen des Newsletters.

 

Ihr Bürgerkomitee Leipzig

 

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

INHALT

Wir laden ein

Aus der Arbeit der Gedenkstätte

Rückblick

Aus dem Gästebuch

 

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

WIR LADEN EIN

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

3. OKTOBER 2009, 18.00 UHR, KINOSAAL

FESTAKT ZUM TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT

„EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT“

Die Festrede hält Dr. Ehrhart Neubert

Die deutsche Einheit - in engagierter und friedlicher Revolution errungen - ist bereits 19 Jahre Wirklichkeit. Einigkeit und Recht und Freiheit bedürfen jedoch täglichen Engagements in demokratischer Verantwortung. Aus nicht ganz alltäglicher Sicht wird Dr. Ehrhart Neubert, Theologe und Bürgerrechtler, eine Bilanz über 19 Jahre seines Lebens im wiedervereinigten Deutschland ziehen. Eine Kooperation des Bürgerkomitee Leipzig e. V. mit dem Ev. Arbeitskreis der CDU Leipzig.

 

5.OKTOBER 2009, 18.00 UHR

WIR SIND DAS VOLK!“ – MONTAGSGESPRÄCH IN DER „RUNDEN ECKE“ MIT WERNER SCHULZ

Zum 20-jährigen Jubiläum der Friedlichen Revolution erinnert das Museum in der „Runden Ecke“ in ganz persönlichen Gesprächen an die Ereignisse von 1989. Jeden ersten Montag im Monat laden wir Zeitzeugen ein, die sich damals in besonderer Weise für Demokratie und Gerechtigkeit engagierten. Als Gast begrüßt das Museum diesmal Werner Schulz, der seit Anfang der 1980er Jahre dem Pankower Friedenskreis angehörte und 1989 Gründungsmitglied des Neuen Forums in Berlin und dessen Vertreter am Zentralen Runden Tisch war. Nach der Wiedervereinigung trug er maßgeblich zum Zusammenschluss beider Parteien des Landes zu „Bündnis 90/Die Grünen“ bei und gehörte bis 2005 dem Deutschen Bundestag an. Seit dem Juni 2009 ist Werner Schulz Mitglied des Europäischen Parlamentes. Montagsgespräche in der „Runden Ecke mit Werner Schulz

 

Die Moderation haben Reinhard Bohse und Tobias Hollitzer

 

 

9.OKTBOBER 2009, 20 BIS 23 UHR, KINOSAAL

STÄNDIGE FÜHRUNG DURCH DIE DAUERAUSSTELLUNG „STASI – MACHT UND BANALITÄT“ IM MUSEUM IN DER RUNDEN ECKE, FILMVORFÜHRUNGEN IM EHEMALIGEN STASI-KINOSAAL

Am 9. Oktober 1989 zogen friedlich demonstrierend 70.000 Menschen auf dem Innenstadtring auch an der „Runden Ecke“ vorbei, die von 1950-1989 Sitz der Bezirksverwaltung der Staatssicherheit war. Zum 20-jährigen Jubiläum des „Tages der Entscheidung“ endet das Leipziger Lichterfest hier. Daher öffnet das Museum in der „Runden Ecke“ seine Türen und lädt die Besucher ein, in der Dauerausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ mehr über die Arbeitsweisen und Strukturen der berüchtigten DDR-Geheimpolizei zu erfahren. Im ehemaligen Stasi-Kinosaal lassen authentische Bilder die Dramatik und die Dynamik des Herbstes ´89 in Leipzig noch einmal erleben.

 

LANGE AUSSTELLUNGS – UND FILMNACHT

20.00 Uhr: Tag der Entscheidung 1992, Regie: Ekkehard Kuhn, 60 min.

21.15 Uhr: Das Wunder von Leipzig 2009, Regie: Sebastian Dehnhard, Matthias Schmidt, 90 min.

 

 

10.OKTOBER 2009, 12 UHR, KINOSAAL

RADIO-LIVESENDUNG (frz.)

Frankreichs Radiosender Nr. 3 Europe 1 erinnert an die Friedliche Revolution 1989

Pierre-Louis Basse wird seine Sendung „Le temps de le dire“ (die Zeit es zu sagen) live aus der „Runden Ecke“ moderieren und mit Gästen und Zeitzeugen über den Leipziger Herbst 89 debattieren. Was ist genau passiert? Wie wichtig ist es heute noch? Aber auch: wie hat sich die Stadt seitdem entwickelt? Die Veranstaltung findet in französische Sprache statt.

 

 

10.OKTOBER 2009, 16 UHR, KINOSAAL

PROJEKTVORSTELLUNG UND DISKUSSION

www.siebzigtausend-in-leipzig.de:

Die Revolution hat viele Gesichter

 

Vorstellung des Fotoprojektes von Rainer Justen

Siebzigtausend Menschen demonstrierten am 9.Oktober 1989 friedlich in Leipzig. Sie gingen auf die Straße und zeigten Gesicht für eine Zukunft ohne Diktatur. Um dies zu würdigen startet der Fotograf und Zeitzeuge Rainer Justen am 9. Oktober 2009 eine groß angelegte Fotoaktion. Er möchte viele, die am 9. Oktober 1989 dabei waren fotografieren. Im Gespräch mit Gedenkstättenleiter Tobias Hollitzer wird Justen sein Vorhaben genauer beschreiben. Daneben besteht die Möglichkeit für Zeitzeugen, sich anzumelden und mitzumachen.

 

 

10.OKTOBER 2009, 19.00 UHR, KINOSAAL

VORSTELLUNG UND DISKUSSION

DIE FRIEDLICHE REVOLUTION IN SACHSEN – EINE LANDKARTE

Sachsen gilt als Zentrum der Friedlichen Revolution. Doch wie viele demonstrierten wann in Leipzig, Dresden, Plauen oder Chemnitz? Diese Frage lässt sich seit der Veröffentlichung einer Landkarte, die die verschiedenen Aktionen des Jahres 1989 aufzeigt, genauer beantworten. Über die ersten Zentren der Proteste und die entscheidendsten Ereignisse diskutieren die vier Autoren Hartmuth Zwahr, Michael Richter und Tobias Hollitzer.

 

 

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

AUS DER ARBEIT DER GEDENKSTÄTTE

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

EINHEITSPREIS DER BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG 2009 AN TOBIAS HOLLITZER STELLVERTRETEND FÜR DAS BÜRGERKOMITEE LEIPZIG VERLIEHEN

Der Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ und Mitbegründer des Leipziger Bürgerkomitees, Tobias Hollitzer, erhält stellvertretend für das Bürgerkomitee Leipzig e.V. den einheitspreis in der Kategorie „Mensch“ für seine überzeugende Aufklärungsarbeit zur Geschichte, Struktur, und Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit in Leipzig. Das Bürgerkomitee freut sich sehr über diese Auszeichnung und sieht darin im Jubiläumsjahr 2009 eine Bestätigung seines fast 20-jährigen Wirkens.

 

Die Bundeszentrale für politische Bildung ehrt zehn Preisträger im Rahmen der zentralen Feiern zum Tag der Deutschen Einheit in Saarbrücken. Eine siebenköpfige Fachjury unter dem Vorsitz von Hildegard Müller, ehemalige Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin, wählte am vergangenen Freitag die Sieger beim „einheitspreis – Bürgerpreis zur Deutschen Einheit 2009“. In den drei Kategorien „Menschen“, „Kultur“ und „Jugend“ war die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb zum achten Mal auf der Suche nach originellen und herausragenden Beispielen für bürgerschaftliches Engagement beim Zusammenwachsen von Ost und West in Deutschland wie Europa.

 

 

3. OKTOBER 2009 BIS 30. APRIL 2010

SONDERAUSSTELLUNG „LEIPZIG AUF DEM WEG ZUR FRIEDLICHEN REVOLUTION“

 

TÄGLICH 10.00 UHR BIS 18.00 UHR IM MUSEUM IN DER „RUNDEN ECKE“, EHEMALIGER STASI-KINOSAAL

Siebzigtausend waren es, die am 9.Oktober 1989 auf die Straße gingen, um friedlich gegen die SED-Diktatur und für Freiheit und Gerechtigkeit zu demonstrieren. Dieser Tag war der Wendepunkt auf dem Weg zu einer wirklich Friedlichen Revolution, bei der entscheidende Impulse für Demokratie und Freiheit von Leipzig ausgingen. Anlässlich des 20. Jahrestages der Friedlichen Revolution erinnert ab 3. Oktober 2009 eine Ausstellung im Museum in der „Runden Ecke“ an die zahlreichen Aktionen der Leipziger Opposition, ohne die so große Montagsdemonstrationen nicht möglich gewesen wären.

Bereits in den 1980er Jahren engagierten sich Oppositionsgruppen, da die Kirche einen gewissen Schutz vor der Willkür des SED-Regimes bot, besonders im kirchlichen Umfeld für Umweltschutz, Menschenrechte und Demokratie. Als es 1988 jedoch zu Konflikten zwischen Kirchenleitung und Teilen dieser Basisgruppen kam, traten diese verstärkt in den öffentlichen Raum. Ausgehend von 45 Jahren Opposition und Widerstand zeichnet die Ausstellung mit originalen Flugblättern, Demofotos und Plakaten die Entwicklung der Opposition nach und orientiert sich an den konkreten Aktionen des politischen Widerstandes in Leipzig im Jahr 1989: Die Montagsdemonstrationen zur Leipziger Frühjahrs- und Herbstmesse, die Kommunalwahlen vom 7.Mai, das Straßenmusikfestival am 10. Juni, die entscheidende Montagsdemonstration am 9. Oktober und nicht zuletzt die Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale am 4. Dezember 1989 seien hier nur als Schlaglichter genannt. Die Gründung des Neuen Forums, das Entstehen der Runden Tische und schließlich die ersten freien Wahlen im Frühjahr 1990 bilden den Abschluss der Schau.

Damit präsentiert das Bürgerkomitee Leipzig e. V., das direkt aus der Friedlichen Revolution hervorging und seit 1990 das Museum in der „Runden Ecke“ betreibt, im Jubiläumsjahr 2009 eine der wichtigsten Epochen der jüngeren deutschen Geschichte und lädt nicht Besucher aus ganz Deutschland zu spannenden neuen Entdeckungen ein.

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

RÜCKBLICK

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

7. SEPTEMBER 2009: „WIR SIND DAS VOLK!“ – MONTAGSGESPRÄCH IN DER „RUNDEN ECKE“ MIT GUNTER WEIßGERBER

 

„Mir ging es nicht um die Banane, mir ging es um die Sicherheit.“ Am 7. September 2009 begrüßte das Bürgerkomitee Gunter Weißgerber, Gründungsmitglied der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP) in Leipzig, Sprecher des Neuen Forums und Mitglied der ersten und einzigen frei gewählten Volkskammer der DDR beim Montagsgespräch in der „Runden Ecke.“ Nach einem einleitenden Vorwort der beiden Moderatoren Reinhard Bohse und Tobias Hollitzer stand Gunter Weißgerber dem knapp 50-köpfigen Publikum zwei Stunden zur Verfügung, „um über sein Leben zu reden.“

Auf die Einleitungsfrage, wann er den Ausruf „Wir sind das Volk“ erstmals gehört habe, konnte Weißgerber keine konkrete Antwort geben, nur, dass er es „phantastisch“ fand und sehr gerne mit einstimmte. Auch die Ereignisse um den gängig gewordenen Sprechchor waren für ihn bemerkenswert, die seiner Meinung nach unmittelbar dem Engagement des – auch diesen Montag anwesenden – Pfarrer Wonneberger zuzuschreiben waren.

Nach den einleitenden Fragen erzählte Weißgeber von seiner Kindheit und Jugend: Er wurde 1955 in Mildenau im Erzgebirge geboren. Sein Vater erlebte die Nachkriegszeit in russischer Kriegsgefangenschaft und wurde 1962 bei der Post entlassen. Seine Kindheit war somit schon früh von politischen Ängsten geprägt, wodurch er sich die Maxime setzte, „den richtigen Weg zu gehen.“ Ebenso wurde ihm und seinem Bruder, die beide in Bölen zur Schule gingen, der Rat erteilt „ja sauber zu bleiben.“ Deswegen war er bis zum Abitur bei den Jungpionieren und bei der FDJ, auch wenn er „kein gutes Mitglied“ war. Die regelmäßigen Befragungen von SED-Funktionären gingen Weißgerber „gegen den Strich.“ Um für sein favorisiertes Bauwesenstudium nicht zur NVA gehen zu müssen nahm er zunächst eine Stelle im Bergbau an und leistete seinen Wehrdienst bei einer Baueinheit ab, damit er mit seiner „scheiß Waffe nicht auf Deutsche zielen“ musste, wie er es drastisch formulierte.

 

Gunter Weißgerber ist getauft und besuchte mehrere Jahre die Christenlehre. Gläubig sei er nicht, respektiere aber den Glauben anderer und habe ein sehr „positives Verhältnis“ zur evangelischen Kirche. 1978 begann er nach einem Mathematik- und Physikstudium in Freiberg das Studium der Tiefbohrtechnologie. Dort hatte er einen großen Freundeskreis mit unterschiedlichen politischen Ansichten, darunter auch sozialdemokratische Tendenzen, wie er sie vertrat. Für ihn ergab sich dabei allerdings ein Dilemma: „Beruflich wollte ich was erreichen aber politisch war ich ganz anders drauf. Wie kriegt man das hin?“ Über politische Ereignisse waren Weißgerber und seine Freunde stets gut informiert. So lieferten Themen, wie beispielsweise die Ausbürgerung Biermanns, ständig Stoff für Diskussionen.

Nun konzentrierten sich die Moderatoren stärker auf die politischen Geschehnisse im damaligen Ostblock. Von den Ereignissen um den Prager Frühling 1968 in der CSSR hatte Weißgerber zwar gehört, jedoch war er mit seinen 14 Jahren noch zu jung um sich ernstere Gedanken zu machen. Kritisch sah er es aber schon damals. Ob denn die Solidarnosc-Bewegung in Polen ein Thema war lautete eine Frage von Tobias Hollitzer. Die habe er natürlich mitbekommen, fand sie faszinierend aber auch bedrückend. Zu diesem Zeitpunkt hätte er sich vorstellen können, politisch tätig zu werden. Nur war das ausschließlich unter dem Dach der evangelischen Kirche möglich, die er dafür nicht „missbrauchen“ wollte. Die polnische Bewegung war aber seiner Meinung nach sehr „wichtig, um das sowjetische Kolonialsystem mürbe zu machen.“ Zwei weitere wichtige Ereignisse zum Umdenken waren für Weißgerber natürlich auch der Amtsantritt Gorbatschows und die Wahl Karol Wojtylas zum Papst.

 

Hinsichtlich der Friedensbewegung in der DDR orientierte sich Weißgerber an seinen sozialdemokratischen Vorbildern Willi Brandt und Helmut Schmidt. Er befürwortete den Nato-Doppelbeschluss und auch wenn er von der SPD im Bezug auf Schmidts Absetzung enttäuscht war, stand für ihn nach wie vor fest: „Wenn ich die Chance habe, dann werde ich Sozialdemokrat.“ Wie er als „Sozialdemokrat im Wartestand“ die SED empfunden habe wollte Reinhard Bohse wissen. Für ihn war es unverständlich, dass die SPD als Regierungspartei mit der SED, die verantwortlich war für Unfreiheit und Stasi, auf einer Ebene debattierte. Die SPD bestand in seinen Augen aus Politikern, die SED kam Gefängniswärtern gleich. „Sie gehörten einfach nicht zusammen.“

 

Weiter fragte Tobias Hollitzer, wie er denn die Bewegung ab 1988 bis hin zu den Friedensgebeten erlebte. Wie seine, schon in der Jugend getroffene Devise lautete, wollte er für eine Verbesserung der DDR keine Risiken eingehen. Insgeheim hielt auch von Verbesserungen nicht viel; er wollte die DDR abschaffen. Über die Demonstrationen habe er sich gefreut, schlichtweg nur weil sie „die Brüder da oben geärgert haben.“ Weißgerber unterschrieb für das Neue Forum (auch wenn er sich eigentlich als Sozialdemokrat sah) aus der Ansicht heraus: „Die Geschichte muss aufgearbeitet werden. Nie wieder darf so etwas passieren.“ Den 9. Oktober 1989, den Tag der entscheidenden Montagsdemonstration, verbrachte Weißgerber im Betrieb, war sich aber über den friedlichen Ausgang gewiss. Im Zuge dieser Tage hatte er auch von der Gründung einer sozialdemokratischen Partei in Berlin gehört, der er sofort beitreten wollte. Erste Versuche sich einzuschreiben, schlugen jedoch fehl. Am 7. November 1989 konnte er sich aber über Matthias Bertram als einer von 150 der Leipziger Initiativgruppe zur Gründung der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP) anschließen. Jedoch stellte sich recht bald heraus, dass sich diese Gruppe eher durch hohe Ideale, als durch politische Professionalität auszeichnete, was wie Weißgerber selber meint „verheerend“ war. Trotzdem sieht er mit stolz auf die Gründung seiner Partei zurück: „Wir waren an diesem historischen Tag dabei – in Zukunft machen wir es besser.“

 

Ab dem 7. November sprach die SDP auch öffentlich. Trotzdem wurde sie in der Zeit des Umbruchs kaum angehört. So übernahm Gunter Weißgerber das Ruder und meldete sich ab dem 14. November als ständiger Redner der SDP. Wichtig war ihm, dass sich Belastete nicht mittels Persilscheinen der Verantwortung entziehen konnten.

Der Mauerfall war dann auch für ihn ein bedeutendes Erlebnis, auf das er hingearbeitet hatte. Zu enthusiastisch war er allerdings nicht, da er die Gefahr erkannte, dass das Alte recht schnell wiederkehren konnte. Als es Ende 1989 um die „deutsche Frage“ ging, war seine Meinung klar: „Es gibt kein Volk der DDR – es gibt ein deutsches Volk in zwei deutschen Staaten.“Außerdem nannte Weißgerber die Schlagwörter „Einheit, Demokratie, Freiheit!“ So konnte für ihn die Wiedervereinigung gar nicht schnell genug gehen, schon um einer „Wiederkehr des Alten“ vorzubeugen.

 

Die bemerkenswerte Entwicklung vom Montagsdemonstrationsredner zum Wahlkandidaten und schließlich zum Bundestagsabgeordneten der SPD beruhte auf seiner Entscheidung, „den Weg zu gehen und mitzugestalten.“ Das Ergebnis: Er wurde als siebter von sieben Sozialdemokraten (42 waren angetreten) in die Volkskammer gewählt und landete im Wirtschaftsausschuss, was, wie er sagt, damals niemanden interessierte. Überhaupt, so meint Weißgerber in der Rückschau, hat sich die erste demokratisch gewählte Volkskammer „tot gearbeitet“ und dass dieses Pensum auch für so ein „fleißiges Parlament“ „kein Jahr durchzuhalten“ ist.

 

Die beiden Moderatoren wollten wissen, ob er am Ziel seiner Wünsche gewesen sei, als er am 3. Oktober 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages wurde. „Die Ziele waren noch lange nicht erreicht“, so Weißberger. Dazu gehörte unter anderem, den Sitz eines hohen deutschen Gerichtes nach Leipzig zu verlegen (BVG) und die Bildung einer Enquetekommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Letzteres wurde vom Bundestag sehr schnell initiiert. „Mir ging es nicht um die Banane, mir ging es um die Sicherheit. Es wird sich für alle viel verändern, vor allem für die 16 Millionen Ostdeutschen.“, für die er es sich besonders einsetzte. So sagt er selbst, er habe viel für Ostdeutschland und die Stadt Leipzig erreicht, doch sagt er auch: „In der Politik erreicht man gar nichts, wenn andere nicht mitziehen.“

 

Zum Abschluss des Gesprächs stellten die Moderatoren noch Fragen zur aktuellen politischen Thematik, hinsichtlich der Landtagswahl in Sachsen und der immer weiter sinkenden Wahlbeteiligung, die Weißgerber recht zuversichtlich beantwortete. Wahlkampf machen wollte er am Ende des neunten Montagsgesprächs jedoch nicht mehr, hatte er sich doch entschieden, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren.

 

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

AUS DEM GÄSTEBUCH

 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Mehrere tausend Menschen besuchen monatlich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker. Manche leben in Leipzig und kommen – häufig mit Gästen – immer wieder in die Ausstellung. Andere kommen von weit her zu Besuch in die Stadt und wollen hier sehen, wo und wie vormals das berüchtigte Ministerium für Staatssicherheit arbeitete.

 

Viele unserer Besucher hinterlassen eine Notiz im Gästebuch und schreiben hier ihre Eindrücke nieder, die sie in der Gedenkstätte gesammelt haben. Unter dieser Rubrik wollen wir monatlich einige dieser Einträge an Sie weitergeben.

 

„Diese Ausstellung ist ein wichtiges Mahnmal. Sie zeigt, wie niedrig, lächerlich, menschenfeindlich und menschenunwürdig die Führung der DDR war.“, 10.09.2009

 

„A wonderful exhibit. Please keep this museum and extend the English explanations so that the whole world can understand the nature of life under the Stasi.”, 11.09.2009 (Australia)

 

„Eine sehr interessante Ausstellung. ...Mir fehlen die Worte; obwohl man viele Dinge schon irgendwo gelesen hat, hinterlässt vieles an dieser Ausstellung doch einen richtigen Grusel, angesichts der unglaublichen, schrecklichen Zustände in der DDR und des Überwachungsapparates der Stasi.“, 18.09.2009

 

“Sehr interessante Ausstellung, die sehr zum Nachdenken anregt... Was passiert ist, darf nicht vergessen werden! Danke“, 20.09.2009

 

 


 



Unser Newsletter informiert Sie immer aktuell über Neuerungen, Aktionen und Ereignisse rund um die Gedenkstätte Museum in der Runden Ecke.
Wenn Sie sich abmelden oder Ihre Daten ändern möchten klicken Sie HIER.
Sollte dieser Link nicht funktionieren, überprüfen Sie bitte Ihre Spam-Mails oder schreiben Sie uns eine Email unter: mail@runde-ecke-leipzig.de

   
   
 

Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage.

Die Arbeit des Bürgerkomitees wird gefördert durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien auf der Grundlage eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst sowie durch die Stadt Leipzig und den Kulturraums Leipziger Raum.

************************************************************************
Bürgerkomitee Leipzig e.V.
für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS)
Träger der Gedenkstätte
Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker
Dittrichring 24, PSF 10 03 45, D-04003 Leipzig
Tel.: (0341) 9 61 24 43 * Fax: (0341) 9 61 24 99
http://www.runde-ecke-leipzig.de
mail@runde-ecke-leipzig.de
************************************************************************