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Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

 

diesen Monat jährt sich zum zwanzigsten Mal die friedliche Besetzung der Leipziger Stasi-Bezirksverwaltung. Wir laden Sie anlässlich dieses Jubiläums zu einem Podiumsgespräch mit Zeitzeugen von damals ein. Darüber hinaus freuen wir uns sehr, am 7. Dezember zu unserer monatlichen Veranstaltung „Wir sind das Volk – Montagsgespräche“ den Bürgerrechtler Joachim Gauck, ehemaliger Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, in der „Runden Ecke“ begrüßen zu dürfen. Mehr hierzu finden sie unter der Rubrik „Wir laden ein“.

 

Damit geht das sehr ereignis- und erfolgreiche Jubiläumsjahr zu Ende. Wir möchten an dieser Stelle aber auch daran erinnern, dass Ende Dezember vor 20 Jahren die Revolution in Rumänien eine blutige war. Gerade die Leipziger waren damals sehr schockiert, wurde doch noch einmal deutlich, was am 9. Oktober 1989 in Leipzig hätte passieren können.

 

Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit

 

Ihr Bürgerkomitee Leipzig

 

 

 

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INHALT

Wir laden ein

Rückblick

Aus der Arbeit der Gedenkstätte

Aus dem Gästebuch

 

 

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WIR LADEN EIN

 

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4. DEZEMBER 2009, 19.00 UHR, EHEMALIGER STASI KINOSAAL

„HEUTE VOR 20 JAHREN: BESETZUNG DER LEIPZIGER STASI-ZENTRALE“ - GESPRÄCH MIT AKTEUREN VON DAMALS

Am 4. Dezember 1989 besetzten Erfurter Bürger – als erste in der DDR – die dortige MfS-Bezirksverwaltung. Vorher war bekannt geworden, dass die Staatssicherheit in großem Umfang Akten vernichtete. Noch am Abend desselben Tages kontrollierten Bürger während der Montagsdemonstration auch die Leipziger Stasi-Zentrale. In den nächsten Tagen wurden alle Bezirksverwaltungen und viele Kreisdienststellen besetzt. Es bildeten sich Bürgerkomitees, die Strategien für die Sicherung der Akten und die kontrollierte Auflösung der Stasi entwickelten. Sie brachten die Abwicklung des MfS auf den Weg und organisierten eine öffentliche Kontrolle dieses Prozesses, einschließlich der Sicherung der Akten.

 

Die Besetzungen der Stasi-Dienststellen erfolgten innerhalb weniger Tage in allen Bezirken. Staatsanwälte unterstützten die Bürger dabei und versiegelten Aktenschränke und Büros, nahmen Strafanzeigen entgegen. Die Volkspolizei bewachte die Dienstgebäude in „Sicherheitspartnerschaften“ mit den Bürgerkomitees. Die Runden Tische suchten nach neuen Arbeitsstellen für die zu entlassenden Stasi-Offiziere.

 

Was waren die konkreten Hintergründe der ausgehandelten Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale? Welche Motivation hatten die verschiedenen Akteure auf Seiten des alten Regimes? Was wollte das Bürgerkomitee und was konnte es davon durchsetzen? War das MfS auch im Untergang der Diktatur „Schild und Schwert der Partei“ und schützte die SED, indem alle Proteste auf die Stasi gelenkt wurden? Diesen und anderen Fragen, die immer wieder gestellt werden, wollen wir gemeinsam mit damals Beteiligten - sowohl von Seiten des Bürgerkomitees als auch von staatlicher Seite - nachgehen.

 

Veranstaltungsprogramm:

Einführung: Michael Beleites, Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen

Filmsequenzen von der Besetzung in Leipzig

Podiumsgäste: Michael Arnold (angefragt), Besetzer der „Runden Ecke“

Tobias Hollitzer, Besetzer der „Runden Ecke“, Mitglied des Bürgerkomitees

Wolfgang Jentzsch, MfS-Offizier, Mitarbeiter des staatlichen Auflösungskomitees

Walter Köcher, Militärstaatsanwalt

Jürgen Neumann, Volkspolizei,

Christian Scheibler, Besetzer der „Runden Ecke“, Einer der Sprecher des Bürgerkomitees und Mitglied des Runden Tisches

 

Moderation: Reinhard Bohse, Bürgerkomitee Leipzig

 

 

7. DEZEMBER 2009, 19.00 UHR, EHEMALIGER STASI-KINOSAAL

Wir sind das Volk!“ – Montagsgespräch in der „Runden Ecke“ MIT JOACHIM GAUCK

Zum 20-jährigen Jubiläum der Friedlichen Revolution erinnert das Museum in der „Runden Ecke“ in ganz persönlichen Gesprächen an die Ereignisse von 1989. Jeden ersten Montag im Monat laden wir Zeitzeugen ein, die sich damals in besonderer Weise für Demokratie und Gerechtigkeit engagierten. Als Gast begrüßt das Museum diesmal Joachim Gauck. 1940 in Rostock geboren hatte er bereits als elfjähriger ein traumatisches Erlebnis, das seine Einstellung zum Sowjetregime prägen sollte: Er musste die Deportation seines Vaters durch die sowjetische Geheimpolizei nach Sibirien miterleben. So war Gauck weder bei den Jungpionieren, noch bei der FDJ. Nachdem er keine Zulassung für das Germanistikstudium bekommen hatte, zog es ihn 1958 zur Theologie. Er blieb in Rostock und war als Pastor und Stadtjugendpfarrer tätig.

 

In den Jahren 1989/90 war Gauck Mitinitiator der kirchlichen und politischen Protestbewegung in Mecklenburg. Als Mitglied des Neuen Forums in Rostock erhielt er bei den ersten freien Wahlen in der DDR im März 1990 ein Mandat für Bündnis 90. In der Volkskammer war er Vorsitzender des Ausschusses, der sich unter anderem für die Öffnung der Stasi-Akten einsetzte. Wichtige Impulse für ein entsprechendes Gesetz gingen dabei auch von Leipzig aus. Im Oktober 1990 wurde Gauck zum Sonderbeauftragen der Bundesregierung für personenbezogene Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR berufen. Bis 2000 leitete er die fest mit seinem Namen verbundene „Gauck-Behörde“. Seit 2003 ist er Vorsitzender der Vereinigung „Gegen das Vergessen – Für Demokratie“. Zahlreiche Ehrenauszeichnungen würdigen Gauck für sein außergewöhnliches Engagement für die Aufarbeitung der SED-Diktatur.

 

Die Moderation haben und Reinhard Bohse und Tobias Hollitzer.

 

 

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RÜCKBLICK

 

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2. NOVEMBER 2009: „WIR SIND DAS VOLK!“ MONTAGSGESPRÄCH IN DER „RUNDEN ECKE“ MIT GÜNTER NOOKE

 

„Hatten wir in der DDR überhaupt Ziele?“ Wie vielen anderen wurde auch Günter Nooke die Verwirklichung persönlicher Pläne sowie eine Karriere in der DDR verwehrt. Trotzdem hat er sich die Vision eines freien Ostdeutschlands nie nehmen lassen und versuchte stets im Kleinen gegen die Diktatur anzugehen.

 

Zum elften Montagsgespräch begrüßten die Moderatoren Tobias Hollitzer und Reinhardt Bohse den DDR-Bürgerrechtler und heutigen Bundesbeauftragten für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, Günter Nooke, um sich über sein Leben und Engagement im geteilten und im wiedervereinten Deutschland zu unterhalten.

 

Geboren und aufgewachsen ist Günter Nooke in einem christlichen Elternhaus in der Lausitz. Sein Vater war im Staatsdienst angestellt und seine Mutter eine als Hausfrau tätige Buchkauffrau. „Meine Eltern erzogen mich zur Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit“ sagt Nooke heute und dass er im Nachhinein sehr froh ist, christlich geprägt worden zu sein, angesichts dieses „Staates der Lügen.“ Trotzdem meinte Nooke, gab es in der DDR durchaus Spielräume, Dinge in die richtige Richtung zu bewegen, nur dass die Menschen leider gar nicht erst versucht hätten, etwas in der Diktatur zu ändern. Der Vater war nur kurz Mitglied der SED, auch wenn er sich damit die Chance auf eine berufliche Karriere nahm. Günter Nooke wurde daher auch nicht Mitglied der SED-Organisation „Junge Pioniere.“ Nachdem er zehn Jahre in Forst zur Schule gegangen war, blieb ihm, da er nicht an der Jugendweihe teilgenommen hatte, der Weg zur Erweiterten Oberschule verwehrt. Alternativ bot sich ihm die Möglichkeit eines Abiturs mit Berufsausbildung, das er mit guten Noten als gelernter Maurer in Cottbus abschloss.

 

Die anschließende Zeit seines Wehrdienstes beinhaltete für Günter Nooke sehr zwiespältige Erfahrungen. Für vier Wochen war er zur Grundausbildung in Oranienburg stationiert. In dieser „unvorstellbaren, unerträglichen“ Zeit habe er „die Tiefen des menschlichen Wesens kennen gelernt.“ Im Kontrast dazu stand seine restliche Dienstzeit, die er sich sehr angenehm mit Lesen, Kirchen- und Familienbesuchen dank Moped und Fahrrad gestalten konnte.

 

Zum Studium zog es ihn nach Leipzig, da sich seiner Meinung nach auf Grund der Messe „ein Stückchen Offenheit“ und ein wenig „Westen“ in der Stadt wieder fand. Gänzlich unerwartet und das, obwohl er nur „kurz irgendwann mal in der FDJ war“, wurde er - eben erst an der Uni angekommen - zum kommissarisch eingesetzten FDJ-Sekretär ernannt. Diese Stelle nahm er aus Gewissensgründen nicht an und suchte sich nach der „Roten Woche“ einen nicht allzu kompetenten Ersatz. Für ihn war klar, dass er Naturwissenschaften studieren wird, allein aus dem Grund, dass jeder, der nicht gerade Arzt oder Pfarrer wird, zwangsläufig mit Ideologie konfrontiert wurde. Also entschied er sich für das Abstrakteste – Physik.

 

Im Zusammenhang mit der atomaren Aufrüstung in Mitteleuropa rief er mit anderen seiner Seminargruppe, in Anlehnung an die von der SED hofierten westdeutschen Friedensbewegung, zu einer pazifistischen Demonstration vom Völkerschlachtdenkmal zum Zentralstadion auf. Diese wurde sogar zugelassen, bis das MfS in Berlin davon mitbekam und schließlich „aufräumte.“ Einige seiner Kommilitonen durften deshalb keine zweite Prüfung ablegen, was einem Rausschmiss gleichkam. Dass er selbst die erste Prüfung bestand, bezeichnet er heute so: „Ich habe Glück gehabt – ich habe im ganzen Leben viel Glück gehabt.“ Ebenso, dass er sich an der Universität weigerte, Loyalitätsbeweise zu unterschreiben, ohne mit weiter reichenden Konsequenzen leben zu müssen, bezeichnet er als glückliche Fügung.

 

Zur staatsunabhängigen, kirchlichen Friedensbewegung, die sich auch in Leipzig ab 1980 etablierte, trug Nooke selbst nicht bei. Er pflegte zwar diesbezügliche Kontakte, doch aufgrund seiner beiden Kinder und seines Studiums „bekam er nicht alles mit.“ Aktiv war er in der evangelischen Studentengemeinde, die er als eine „geschlossene Gesellschaft“ bezeichnet und sich sehr glücklich schätzte, diskutierfreudige, intellektuelle Gäste, zum Teil auch aus Westdeutschland, zu Besuch zu haben. Gerne erinnert sich Günter Nooke an eine Veranstaltung mit Carl Friedrich von Weizsäcker in Halle, bei der sich im „nicht-offiziellen Teil“ auch die Möglichkeit zur Unterhaltung und Diskussion fand.

 

Nach abgeschlossenem Studium hatte er keine Chance auf eine berufliche Karriere. Seine politische Grundeinstellung stand im Weg. Also beschloss er, eine Stelle bei der Arbeitshygieneinspektion in Cottbus anzunehmen um für den Fall, dass „mal andere Zustände herrschen, auch einen guten wirtschaftlichen Überblick zu haben.“ Er hatte Visionen, dass sich bald etwas in diesem Staat ändern könnte. Eine Flucht in den Westen war ihm „zu wenig für ein selbstbestimmtes Leben.“ Wie er denn versucht habe mit der Familie in Cottbus selbstbestimmt zu leben, so die Frage der Moderation. Die Arbeit bot ihm viele Freiräume und Dienstreisen die Möglichkeit, Freunde zu besuchen. Diese Zeit nutzte er auch um sich in diversen Bibliotheken einzulesen um sich schließlich gesellschaftlich engagieren zu können. Schon beim Rudern auf der Pleiße im „grauen, dreckigen“ Leipzig mit der ungeheuren Umweltproblematik der DDR konfrontiert, hat er in Forst die „ökologischen Defizite“, zum Beispiel der Braunkohleabbau mit der damit verbundenen Umsiedelung ganzer Dörfer, als Motivation  empfunden, politisch aktiv zu werden. Mit seiner Frau, einem guten Freund und dem ansässigen Pfarrer hatte sich eine „bodenständige Truppe“ gefunden, die versuchte mittels Umwelt- und Friedensthemen die Menschen zu selbstbestimmten Handeln aufzurufen. Die „ersten demokratischen Schritte“ der kleinen Gruppe in der Kirchengemeinde haben sich recht schnell zu einer latenten Gefahr für die Obrigkeit entwickelt und ihnen Plätze auf den Stasilisten für die Isolierungslagereingebracht, weil sie aufgrund ihrer Berufe gut über DDR-interne Gegebenheiten informiert waren. Seine damals gestellte Frage, ob sich die Kirche aufgrund ihres Schweigens angesichts der Diktatur schuldig macht, provozierte eine kircheninterne Debatte, die aber für Nooke ohne Konsequenzen blieb, da er einen höher gestellten Patron hatte, der ihn in mancher prekären Situation unterstützte.

 

Mit dem Jahr 1989 wurde es auch in der Provinz zunehmend unruhig. Das Engagement seiner Gruppierung führte zum Verbot ihres Infoblattes und zu empfindlichen Geldstrafen für die Redakteure, die sie auch bezahlen mussten, da sie alle einer regelmäßigen Arbeit nachgingen. Sie unterstützten Sammelaktionen auf dem Kirchentag und bei Frieden Konkret. Nach der Bundestagsrede Epplers am 17. Juni 1989 war er sich sicher, dass die Wiedervereinigung kommen wird. Scherzhaft traf er mit Freunden die Vereinbarung, den 1. Mai 1990 gemeinsam in Paris zu feiern. Die Argumentation des Status quo, als gerechte Strafe, für die „Söhne von Auschwitz“ und der Mauer als „statisches Element des europäischen Hauses“ war ihm schon immer zu „verquer“ und bremste ihn nicht in seinem Optimismus.

Nachdem er in Leipzig an beiden Kirchentagen teilnahm, aus dem Willen heraus, wie er sagt, „das ganze Spektrum zu erfassen“, ging Nooke zurück ins verhältnismäßig „verschlafene“ Cottbus. Seiner umweltpolitischen Aktivität kam zu gute, dass es als Diplomphysiker von seinem Privileg Gebrauch machen konnte, alle Daten und Fakten der Kraftwerke einzusehen und mit denen der Bundesrepublik zu vergleichen – „man konnte in der DDR schon einiges machen, wenn, man sich nur Zeit genommen hat“, meint Günter Nooke heute im Rückblick.

 

An den Leipziger Montagsdemonstrationen nahm er nicht teil, da er in dieser Phase zu stark vor Ort eingespannt war – der Kontakt zu den Aktivisten in Leipzig blieb. Am 1. Oktober war er an der Gründung des „Demokratischen Aufbruchs“ (DA) beteiligt und dank seines stetigen Engagements wurde er auch in den Vorstand gewählt. Dass sich in dieser Zeit ständig neue Gruppierungen (Demokratie Jetzt, Neues Forum, et cetera) etablierten stieß bei ihm auf Unverständnis. Nooke setzte seine Prioritäten deutlich: „Erstmal müssen wir die SED stürzen!“ Die Kooperation von DA und der DDR-Blockpartei CDU konnte er nicht unterstützen. Er fühlte sich dem Bündnis 90 verpflichtet, da es das widerspiegelte, wofür er sich in der DDR einsetzte.

 

Nach der Mitarbeit am „Runden Tisch“ in Berlin kandidierte er, zunächst widerwillig, für den Bezirk Cottbus und erhielt für Bündnis 90 einen Sitz in der Volkskammer. Im Wirtschaftsausschuss befasste er sich mit den zentralen Themen Eigentum, Energie, Treuhand und den Altschulden, die alle noch 10 Jahre später eine Rolle spielten. Heute meint Nooke: „Wir haben vieles richtig analysiert, konnten aber nicht viel verhindern. Die 9-Mann-Fraktion war damals einfach nicht als ausschlagkräftig genug“, meint Nooke. „Die Zeit in der Volkskammer war eine Zeit, in der auch der größte Mist beschlossen wurde“, resümiert Nooke, und dass „wenn alle am 18. März 1990 schon so klug gewesen wären wie im September, viel mehr drin gewesen wäre.“ Zum Beispiel schon am 17. Juni der Anschluss an die Bundesrepublik nach dem Motto: „Wir sind jetzt Bundesbürger. Punkt.“ – Eine Möglichkeit, die das Grundgesetz schon immer bot. Ebenso kritisch wie viele Entscheidungen der Volkskammer sieht Nooke einiges, was die Wiedervereinigung mit sich brachte. Trotzdem lernte er, „wie ein freies Land funktioniert“ aber auch, dass „nicht alles läuft, wie es auf dem Papier steht.“

 

Seine politische Aktivität setzte er als Abgeordneter im brandenburgischen Landtag fort. Die Koalition aus SPD, FDP und B90 zerbrach nach vier Jahren und so konnte sich Günter Nooke wieder anderen Arbeiten widmen. 1996 trat er der CDU bei für die er seit 1998 im Bundestag aktiv ist. Seit 2003 ist er der Beauftragte für das Amt für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe der Bundesregierung, eine Arbeit mit gewissen Parallelen zu seinen bürgerrechtlichen Aktivitäten in der DDR, wobei er sich heute hauptsächlich „mit dem, was in der Welt schlecht läuft“ konfrontiert sieht. Für sein Amt empfindet er es als „Vorteil, die Diktatur kennen gelernt zu haben“, auch wenn er angesichts des Elends, das er sieht, gestehen muss, dass sogar „die DDR ein verhältnismäßig angenehmer Staat war.“ Noch heute meint er, dass die Welt viel fragiler ist, als sie scheint, gerade, da nach wie vor auch in der Mehrzahl der UN-Staaten Unfreiheit herrscht. Selbst in Deutschland, mahnte Günter Nooke, sind wir immer noch dabei, die Freiheit zu verteidigen. „Da ist jeder Erfolg ein kleiner Schritt.“

 

Die Tatsache, dass Menschenrechte global oft ausschließlich auf dem Papier zu finden sind, regt auch das Publikum zum nachfragen an. So erklärte Nooke am Beispiel zweier renommierter russischer Demokraten, die damals in Ungnade Putins gefallen sind, wie reaktionär sich Russland, sogar im Vergleich zur Volksrepublik China, auf dem Gebiet der Menschenrechtspolitik entwickelt. In Deutschland und Europa bemängelt er heute noch Gesetze, die sich mit dem problematischen Umgang mit Asylbewerber und Emigranten aus Afrika befassen aber ansonsten ist er zufrieden mit der deutschen Entwicklung der Menschenrechte.

 

 

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AUS DER ARBEIT DER GEDENKSTÄTTE

 

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12. NOVEMBER 2009: LEIPZIGER SERVICEBETRIEBE SPENDEN DEM BÜRGERKOMITEE

Der während des Lichtfestes am 9. Oktober gesammelte Betrag wird symbolisch vor dem kürzlich eingeweihten Stück der Berliner Mauer vor der „Runden Ecke“ übergeben

 

„Wir haben das Museum in der „Runden Ecke“ u. a. für die Spende auserwählt, weil es noch heute an die Friedliche Revolution von 1989 erinnert, Anlaufstelle für Opfer des SED-Regimes ist, der Jugend das Vergangene näher bringt und bei älteren Menschen die Erinnerung weckt.“, so der Geschäftsführer der LSB GmbH Kai Rensmann. Die Leipziger Service Betriebe hatten während des Lichtfestes, ihre Parkplätze in der Gerberstraße und am Roßplatz geöffnet, um den vielen Besuchern Leipzigs eine PKW-Abstellmöglichkeit anzubieten. Die LSB bat dabei alle Gäste um eine Spende für das Bürgerkomitee Leipzig. Die sonst hauptsächlich von den Dauerparkern der LSB genutzten Stellflächen wurden von den Leipziger Gästen dankend angenommen. So kam ein Betrag von ca. 130 Euro zusammen, den die LSB noch auf 250 € aufgestockt hat.

 

Das Bürgerkomitee freut sich sehr über diese Spende, die von LSB-Geschäftsführer Kai Rensmann an Gedenkstättenleiter Tobias Hollitzer übergeben wird. Als Träger der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ ist es auch immer wieder auf solche Unterstützung angewiesen. Die Spende bildet zudem einen gelungenen Abschluss zum überwältigenden Lichtfest, bei dem tausende Menschen in die „Runde Ecke“ strömten und spontan Kerzen vor dem Haupteingang abstellten, wie auch 20 Jahre vorher bei jeder Montagsdemonstration.

 

Mit seiner Arbeit will das Bürgerkomitee die Erinnerung an das Unrechtsregime der DDR wach halten und den Tendenzen der Ostalgie entgegenwirken. Dies geschieht durch Veröffentlichungen, politische Bildungsarbeit und Beratung sowie Sammlung und Dokumentation. Zu aktuellen Debatten zur Thematik DDR und Aufarbeitung meldet sich das Bürgerkomitee regelmäßig zu Wort.

 

Seit dem 3. Oktober zeigt die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ die Sonderausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“, die vom friedlichen Aufbruch des Jahres 1989 erzählt. Von Leipzig gingen dabei wesentliche Impulse zur Demokratisierung für das ganze Land aus. Gleichzeitig blickt die Schau zurück auf 45 Jahre Opposition und Widerstand in Leipzig und zeichnet die Entwicklungen von Demokratisierung und Wiedervereinigung 1990/91 nach.

 

Die Resonanz der Besucher, die auch während des Lichtfestes die Gelegenheit hatten, die Ausstellung zu besichtigen, war bisher äußerst positiv. Ein wichtiges Anliegen des Bürgerkomitees, das aus der Friedlichen Revolution selbst hervorging und die Erinnerung daran pflegt, ist es, über die Ereignisse von 1989 aufzuklären und sie sowohl einem Leipziger als auch einem überregionalen Publikum zu präsentieren. Spenden helfen dabei, die wichtige Arbeit an der Ausstellung sowohl im Bereich der Museumspädagogik als auch der Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen.

 

Die Ausstellung ist seit dem 3. Oktober 2009 im ehemaligen Stasi-Kinosaal der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei. Führungen für Gruppen wird es auf Absprache geben. Weitere Informationen unter www.runde-ecke-leipzig.de

 

 

16. NOVEMBER 2009: MDB DR. THOMAS FEIST ÜBERNIMMT PATENSCHAFT DER FSJ-KULTUR STELLE IN DER „RUNDEN ECKE“

Der neu gewählte Leipziger Bundestagsabgeordnete, Dr. Thomas Feist ist der erste, der den Aufruf der Landesvereinigung für kulturelle Kinder- und Jugendarbeit (LKJ) gefolgt ist und sich bereit erklärte, zwei Patenschaften für Freiwillige im Sozialen Jahr (FSJ) in der Kultur zu übernehmen. Hierzu lud er die beiden Kulturfreiwilligen aus dem „Werk II“ und dem Museum in der „Runden Ecke“ zum gemeinsamen Gespräch zu sich ins Wahlkreisbüro ein. In einer kleinen Runde erklärte Dr. Thomas Feist seine neue Arbeit, seinen Werdegang und die Beweggründe das FSJ Kultur, speziell die Stelle in der „Runden Ecke“ zu unterstützen. Feist, der selbst in der DDR kein Abitur und Studium absolvieren durfte, schätzt sehr, wie sich das Museum in der „Runden Ecke“ für Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit engagiert.

 

Im Zuge seiner Patenschaft unterstützt Dr. Feist die LKJ zum einen finanziell, zum anderen zeigt möchte er die Freiwilligen bei ihren Projekten helfen und als persönlicher Ansprechpartner fungieren. Ein besonderes Highlight stellt für die FSJler die Möglichkeit dar, im kommenden Jahr gemeinsam mit ihrem Paten den Bundestag zu besichtigen. Im Anschluss an die Übergabe von Urkunde und „LKJ-Plakette“ setzte man sich nochmals zu einer konstruktiven Diskussion zusammen, um noch einmal konkret gerade auf die für die Jugendlichen relevanten politischen Themen einzugehen.

 

Die LKJ Sachsen erhofft sich, dass Dr. Thomas Feist durch seine Vorreiterrolle andere zu Patenschaften animiert, da sie sehr auf die Unterstützung Dritter angewiesen ist.

 

Das Bürgerkomitee Leipzig freut sich, dass Dr. Thomas Feist mit der Patenschaft nicht nur die Arbeit der Gedenkstätte würdigt, sondern vor allem die Bedeutung des FSJ für unsere Gesellschaft unterstreicht.

 

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AUS DEM GÄSTEBUCH

 

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Mehrere tausend Menschen besuchen monatlich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker. Manche leben in Leipzig und kommen – häufig mit Gästen – immer wieder in die Ausstellung. Andere kommen von weit her zu Besuch in die Stadt und wollen hier sehen, wo und wie vormals das berüchtigte Ministerium für Staatssicherheit arbeitete.

 

Viele unserer Besucher hinterlassen eine Notiz im Gästebuch und schreiben hier ihre Eindrücke nieder, die sie in der Gedenkstätte gesammelt haben. Unter dieser Rubrik wollen wir monatlich einige dieser Einträge an Sie weitergeben.

 

„Es ist gut, dass es Euch gibt, sonst glaubt das keiner oder es wird vergessen. Ich bin auch in der DDR groß geworden und meine Mutter war Lehrerin, die für die Stasi ihre Kollegen ausgehorcht hat . . .

Aber das hier ist doch weit mehr! Und hat mich schockiert.

Trotzdem Danke“

Antje, 06.11.2009

 

„Mir ist hier - mit zum ersten Mal – so richtig bewusst geworden, welches Ausmaß das Unrechtsregime im ‚Arbeiter- & Bauernstaat’ hatte.

Echt bedrückend, was unsere Landsleute über 40 Jahre lang mitgemacht haben. hoffen wir, dass wir alle unsere Lehren gezogen haben.“

Johannes L. (Hamburg), 08.11.2009

 

„Nach dem Besuch der Stasi-Ausstellung und der Sonderausstellung hier im Museum wird deutlich, dass ein Denkmal wichtig ist, da viele Dinge doch vergessen werden.

Den Entwurf finde ich sehr gelungen, da er mal wieder ein Denkmal ist, dessen „Sinn“ sich sofort erklärt. Nicht wie bei so vielen modernen Projekten, die erst von Fachleuten erklärt werden müssen.“

Besucherin der Sonderausstellung, 13.11.2009

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

                        beeindruckt (begeistert wie bestürzt) war ich Anfang Oktober vom Besuch Ihrer Sonderausstellung, deren Informationsgehalt, wie auch die differenzierte Betrachtung zum Eindrucksvollsten gehört, was ich bisher zu diesem Thema gesehen habe (ganz abgesehen vom Leipziger Lichtfest, welches, wie ich fand, zwar voll mit Menschen, dafür aber schlicht inhaltsleer war) !

[…]

Ihnen / Ihrer Ausstellung weiterhin viel Erfolg!

Mit freundlichen Grüßen aus Potsdam

Martin E. (per Mail), 05.11.2009

 


 



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für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS)
Träger der Gedenkstätte
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