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  Newsletter März 2010

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

 

der kommende Monat steht für das Bürgerkomitee von Anfang an im Zeichen der Literatur. Am 1. März, um 19.00 Uhr freuen wir uns, den Schriftsteller Erich Loest zum Montagsgespräch begrüßen zu können, der in der Stadt Leipzig sein literarisches Thema fand.

 

Ein Höhepunkt in der „Runden Ecke“ werden auch in diesem März wieder die Veranstaltungen vom 18. bis 21. März 2010 zur Buchmesse im Rahmen von „Leipzig liest“ sein. Mit insgesamt 18 Veranstaltungen will das Bürgerkomitee Leipzig e.V. Raum geben für Buchvorstellungen, Premieren und Diskussionen zur Aufarbeitung von SED-Diktatur, Staatssicherheit und Friedlicher Revolution. Am 18.03.2010, dem 20. Jahrestag der ersten freien Volkskammerwahlen, begrüßen wir Wissenschaftler zur Diskussion um den Forschungsstand zur Friedlichen Revolution. Gleich zwei Autoren beschäftigen sich mit dem Fall des Polizisten Karl-Heinz Kurras, der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschoss und letztes Jahr als Stasi-Spitzel entlarvt wurde.

 

Daneben richtet sich der Blick diesmal auch ins Ausland: In einem „Themenabend Rumänien“ setzen sich drei rumäniendeutsche Schriftsteller mit der Akte, die der berüchtigte Geheimdienst Securitate über sie anfertigte, auseinander. Alle Termine finden Sie in der Rubrik „Wir laden ein“.

 

Wir freuen uns, Sie bei unseren Veranstaltungen und besonders bei unserer Sonderausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ begrüßen zu können und wünschen Ihnen nun eine gute Lektüre des aktuellen Newsletters.

 

 

Ihr Bürgerkomitee Leipzig

 

 

 

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INHALT

Wir laden ein

Rückblick

Aus dem Gästebuch

 

 

 

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WIR LADEN EIN

 

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1. MÄRZ 2010, 19.00 Uhr, ehemaliger Stasi-Kinosaal

MONTAGSGESPRÄCH mit ERICH LOEST

Zum Doppeljubiläum von Friedlicher Revolution und Deutscher Einheit erinnert das Museum in der „Runden Ecke“ in ganz persönlichen Gesprächen an die Ereignisse von 1989. Jeden ersten Montag im Monat laden wir Zeitzeugen ein, die sich damals in besonderer Weise für Demokratie und Gerechtigkeit engagierten. Als Gast begrüßt das Museum diesmal Erich Loest.

 

„Mein Leben in der DDR war schlecht“, so knapp und eindeutig ist sein Blick auf die SED-Diktatur heute. Der Schriftsteller, der mit seinem Roman Nikolaikirche der Stadt Leipzig und der Friedlichen Revolution 1989 ein literarisches Denkmal setzte, wird beim kommenden Montagsgespräch ausführlich aus seinem Leben erzählen und Resümee ziehen. War der er zu Beginn der 1950er noch Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, und unterstütze das Regime propagandistisch, so folgte bald der Bruch, verbunden mit Haft, Unterdrückung und schließlich der Ausreise. „Im Westen war es gut“, so Loest heute.

 

1926 in Mittweida geboren, machte er nach dem Krieg sein Abitur und trat der SED bei. Einer kurzen Beschäftigung bei der Leipziger Volkszeitung folgte eine Zeit als freischaffender Schriftsteller. 1957 wurde er, nach einem Vorschlag zu mehr Demokratisierung, wegen „konterrevolutionärer Gruppenbildung“ zu sieben Jahren Haft in Bautzen II verurteilt. Nach seiner Entlassung setzte er sich aktiv mit der Zensur in der DDR auseinander und trat aus dem Schriftstellerverband, dem er bis dahin angehört hatte, aus.

1981 siedelte er aufgrund des wachsenden Drucks nach Westdeutschland über, wo er weiter erfolgreich als Schriftsteller arbeitete und sich ausgiebig mit der deutschen Teilung, der Geschichte Leipzigs und später der Wiedervereinigung beschäftigte. So stellt er in seinem bekannten verfilmten Werk „Nikolaikirche“ die Geschehnisse rund um die Montagsdemonstrationen dar.

Seit 1990 lebt Erich Loest wieder in Leipzig und ist seit 1996 Ehrenbürger der Stadt.

 

Es moderieren Reinhard Bohse und Tobias Hollitzer

 

Der Eintritt ist frei.

 

 

18. – 21. MÄRZ 2010

BETEILIGUNG AN „LEIPZIG LIEST“

Der Zufall will es, dass der Beginn der Leipziger Buchmesse mit dem 20. Jahrestag der ersten und letzten freien Volkskammerwahl am 18.03.1990 zusammen fällt, die den Weg zur deutschen Wiedervereinigung ebnete. Aus diesem Anlass diskutieren namhafte Historiker am 18.03. über die Ergebnisse der Friedlichen Revolution und den heutigen Forschungsstand.

Die epochalen Ereignisse der Jahre 1989/90 und die letzten 20 Jahre beleuchten auf ganz unterschiedliche Weise am 19.03. die bekannten Autoren Stephan Krawczyk und Jana Hensel. Daneben ist es dem Bürgerkomitee wieder ein wichtiges Anliegen, mit Buchvorstellungen, Premieren und Diskussionen zur Aufarbeitung von SED-Diktatur und Staatssicherheit beizutragen. In einer Neuerscheinung beleuchtet der Historiker Kai Schlüter die Stasi-Akte von Günter Grass, der über Jahrzehnte beschattet wurde. Wie weit der Einfluss der Stasi nach Westdeutschland reichte, wurde 2009 schlagartig nach der Enttarnung des West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras, der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschoss, als Stasi-IM und Mitglied der SED, klar. Die Journalisten Sven-Felix Kellerhoff und Armin Fuhrer stellen jeweils ihre Monographien vor. Ein weiterer prominenter Fall der Enttarnung ist die von Manfred „Ibrahim“ Böhme im Jahr 1990, damals einer der Hoffnungsträger ostdeutscher Politik, von dem nun erstmals ein rekonstruierter Lebenslauf vorliegt. Darüber diskutiert die Autorin Christiane Baumann mit den Zeitzeugen Hans-Jürgen Börner und Wolfgang Templin.

Neben der Aufarbeitung in Deutschland blicken wir diesmal auch ins Ausland: In einem Themenabend setzen sich die drei rumäniendeutschen Schriftsteller Richard Wagner, Helmuth Frauendorfer und Johann Lippet mit der Akte, die der berüchtigte Geheimdienst Securitate über sie anlegte, auseinander. Das Bürgerkomitee ist mit insgesamt 18 Veranstaltungen bei „Leipzig liest“ vertreten und freut sich auf interessante Diskussionen, Lesungen und Premieren und natürlich auf die zahlreichen Gäste und Besucher.

 

Der Eintritt ist zu allen Veranstaltungen frei.

 

 

18.03.2010, 14.00 UHR, KINOSAAL

Buchvorstellung und Film

CHRISTIANE BAUMANN: MANFRED „IBRAHIM“ BÖHME – EIN REKONSTRUIERTER LEBENSLAUF

 

Das Buch beschreibt erstmals chronologisch die wesentlichen Stationen im Leben jenes Manfred „Ibrahim“ Böhme (1944-1999), der für kurze Zeit als Hoffnungsträger einer neuen ostdeutschen Politik galt, bevor er als Stasi-IM enttarnt wurde. Den SPD-Spitzenkandidaten zur Volkskammerwahl 1990 sah man damals nicht nur als möglichen neuen DDR-Regierungschef sondern als Polittalent überhaupt.

Wie aus dem jungen Sympathisanten des Prager Frühlings ein gut getarnter Stasi-Zuträger wurde - das diskutiert die Autorin mit den Zeitzeugen Hans-Jürgen Börner und Wolfgang Templin.

 

Christiane Baumann: *1963, Germanistikstudium in Berlin. Gründete 1990 die Zeitschrift Ypsilon. Arbeitet seit 2005 für das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

 

Moderation: Tobias Hollitzer

In Zusammenarbeit mit der Robert-Havemann-Gesellschaft

 

 

18.03.2010, 16.30 UHR, KINOSAAL

Buchpremiere

KAI SCHLÜTER: GÜNTER GRASS IM VISIER: DIE STASI-AKTE

 

»Angefallen wegen Provokation« – so beginnt im August 1961 die Stasi-Akte von Günter Grass. Der Dichter hatte klare Worte gegen die Drangsalierung seines DDR-Kollegen Uwe Johnson gefunden und verurteilte in einem offenen Brief den Bau der Berliner Mauer. Seitdem ließ ihn der Geheimdienst nicht mehr aus den Augen, sammelte Material über ihn und die Gruppe 47 und überwachte ihn bei seinen Besuchen in der DDR. Die Kontrolle endete erst im Herbst 1989

Die aufbereiteten Akten zeigen die oft abenteuerlichen Wege des heimlichen Literaturaustausches zwischen Ost und West und die Mechanismen der Überwachung. Ergänzt werden die Stasi- Materialien durch Dokumente und Fotos sowie ausführliche Kommentare von Günter Grass.

 

* 1956; Studium der Germanistik und Sozialwissenschaften in Göttingen, mit anschließender Promotion. Seit 1984 ist er als Hörfunkredakteur und Korrespondent u.a. in Bremen, Washington und London tätig.

 

Moderation: Christian Booß

In Zusammenarbeit mit dem Ch. Links Verlag

 

 

18.03.2010, 18.00 UHR, KINOSAAL

Buchpremiere

SVEN-FELIX KELLERHOFF: DIE STASI UND DER WESTEN: DER KURRAS-KOMPLEX

 

Ein eher zufälliger Aktenfund aus dem Frühjahr 2009 zeigt: Die deutsch-deutsche Nachkriegsgeschichte birgt noch viele Geheimnisse. Ein Buch über die verschwiegenen Ostspitzel im Westen, einen verhängnisvollen Todesschuss und den stillen Krieg der DDR gegen die Bonner Republik.

Im Mai und Juni gab die Stasiunterlagen-Behörde rund 3500 Aktenblätter über Karl-Heinz Kurras frei, die für heftigen Wirbel sorgten. Seit der West-Berliner Polizist, der am 2. Juni 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschoss, überraschend als MfS-Spion und SED-Mitglied entlarvt wurde, ist schlagartig deutlich geworden, dass die DDR in zuvor ungeahntem Ausmaß auf die bundesdeutsche Gesellschaft eingewirkt hat. Kurras war nur einer von Tausenden, die in geheimdienstlicher Mission im Westen unterwegs waren – als klassische Spione, Desinformatoren und Einflussagenten. Am Beispiel von Kurras, aber auch vieler anderer Fälle erzählt der Autor eine haarsträubende Geschichte, die zentrale vermeintliche Gewissheiten in Frage stellt.

 

* 1971 in Stuttgart, arbeitete er nach dem Geschichts- und Medienrechtsstudium als freier Journalist. Heute ist er leitender Redakteur für Zeit- und Kulturgeschichte bei Welt, WamS und Berliner Morgenpost

 

Moderation: Christian Booß

In Zusammenarbeit mit dem Verlag Hoffmann und Campe

 

 

18.03.2010, 19.00 UHR, AUSSTELLUNG

Buchpremiere

LUDWIG GROßE: EINSPRUCH! DAS VERHÄLTNIS VON KIRCHE UND STAATSSICHERHEIT IM SPIEGEL GEGENSÄTZLICHER ÜBERLIEFERUNGEN

 

Zwanzig Jahre nach der Friedlichen Revolution bleibt der Quellenwert von Akten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit umstritten. Texte, die bis 1990 zur Zersetzung von Einzelnen und Familien geschrieben wurden, Leben zerstörten und die Menschenwürde missachteten, werden weiterhin in der politischen Auseinandersetzung missbraucht, so die These des Autors.

Dem stellt er in seinem Buch Vergleiche mit kirchlichen Quellen aller Ebenen und persönliche Erfahrungen aus einem von 1961 bis 1989 überwachten Leben entgegen. Er analysiert Sprachregelungen des MfS, bringt neue Argumente zu Gehör und widerspricht einem leichtfertigen Umgang mit den Akten.

Der seriöse Umgang mit dem vergifteten und vergiftenden Erbe der Staatssicherheit ist für Große von großer Wichtigkeit und soll in der anschließenden Diskussion mit Tobias Hollitzer, Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ besprochen werden.

 

* 1933. Studierte Theologie in Jena. Stand ab 1970 als Superintendent in Saalfeld unter Überwachung durch die Stasi. Nach 1989 war er für die Ev.-Luth. Kirche Thüringen bis 1998 Dezernent für Ausbildung und Erziehung.

 

Moderation: Michael Beleites (LStU Sachsen)

In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Verlagsanstalt

 

 

18.03.2010, 20.00 UHR, KINOSAAL

Podiumsdiskussion

GENUG DER FORSCHUNG? DIE GESCHICHTE DER FRIEDLICHEN REVOLUTION IM RÜCKBLICK

 

Der 18. März 1990 war wohl einer der hoffnungsvollsten Tage der Friedlichen Revolution. Eine der zentralen Forderungen der Demonstranten ging in Erfüllung. Bei der ersten und letzten freien Volkskammerwahl konnten sich die Parteien erstmals unter gleichen und fairen Bedingungen messen. Der überraschende Sieg der „Allianz für Deutschland“ bei einer Wahlbeteiligung von 93% ebnete damals den Weg zur friedlichen Wiedervereinigung.

Über die Zeit der Friedlichen Revolution sind im gerade zu Ende gegangenen Jubiläumsjahr viele umfangreiche und grundlegende Darstellungen veröffentlicht worden. Die Autoren betrachten dieses Ereignis aus verschiedenen Perspektiven und kommen jeweils zu unterschiedlichen Wertungen und Gewichtungen.

Ist zu diesem Thema inzwischen genug geforscht geworden? Oder gibt es noch immer offene Fragen und Lücken zu schließen? Hat die Friedliche Revolution heute ihren angemessenen Platz in der Geschichte gefunden?

Darüber sowie über die Bedeutung der Ereignisse der Jahre 1989/ 90 für die künftige Gestaltung der deutschen und europäischen Gesellschaft diskutieren Autoren wichtiger Monographien.

 

Begrüßung:

Andreas Apelt, Deutsche Gesellschaft e.V., Berlin

 

Es diskutieren:

Ehrhart Neubert, Historiker und Theologe, Erfurt

Wolfgang Schuller, Universität Konstanz

Michael Richter, Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, Dresden

Jens Schöne, Landesbeauftragter für Stasiunterlagen, Berlin

 

Moderation:

Rainer Eckert, Zeitgeschichtliches Forum Leipzig

 

In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft e.V.

 

 

19.03.2010, 15.00 UHR, KINOSAAL

Veranstaltung für Schüler und Lehrer

HOLLY-JANE RAHLENS: MAUERBLÜMCHEN

 

1989 – zwei Wochen nach dem Fall der Mauer. „Mauerblümchen“ erzählt die Geschichte einer Liebe auf den ersten Blick, den sich die 16-jährige Deutsch-Amerikanerin Molly, Typ Mauerblümchen, 185cm groß, Schuhgröße 44, und die 19-jährige Ostpflanze Mick, Schauspielstudent, cool, punkig, angesagt, auf einer S- und U-Bahnfahrt von West nach Ost zuwerfen. Molly will nur zum Prenzlauer Berg, zum Geburtshaus ihrer Mutter. Mick, nach einem Kurztrip in den Westen, ist auf dem Weg nach Hause nach Birkenwerder bei Berlin.

Für beide ist es eine Reise in ein unbekanntes Land. Zwischen S-Bahnhof Savigny Platz und der U-Bahnstation Schönhauser Allee entdecken sie sich selber, die Magie der Liebe und die Rätsel der deutsch-deutschen Verfremdungen.

Die amerikanische Autorin bringt Jugendlichen, die das Jahr der Friedlichen Revolution nicht mehr aus eigenem Erleben kennen, ein Stück Zeitgeschichte auf humorvolle Weise näher.

 

In New York geboren und aufgewachsen, arbeitete sie nach ihrem Studium beim Radio in Berlin, später beim Fernsehen. Als Autorin wurde sie 2003 mit dem Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.

 

In Zusammenarbeit mit dem Amerikanischen Generalkonsulat Leipzig

 

 

19.03.2010, 16.30 UHR, KINOSAAL

Konzert mit Lesung

STEPHAN KRAWCZYK: DER HIMMEL FIEL AUS ALLEN WOLKEN

 

1988 wird der Liedermacher Stephan Krawczyk gemeinsam mit seiner damaligen Frau verhaftet und nach zwei Wochen Stasi-Untersuchungshaft zur Ausreise gedrängt. Den Beginn des Umbruchs und des Protestes in der DDR erlebte er daher von der anderen Seite der Mauer. Poetisch erzählt Stephan Krawczyk von seiner Ankunft in Westdeutschland, von den Überraschungen, die er als „gelernter DDR-Bürger“, aber auch als Prominenter dort erlebt, von der freien Welt und der eigenen Freiheit.

Die Lieder und der literarische Blick des ausgebürgerten Ostdeutschen auf das alte Westdeutschland und die Spiegelung einer zerfallenden DDR in der anscheinend makellosen Fassade des Westens lassen seine Zeitreise zu einem außergewöhnlichen Bericht über die jüngere deutsche Geschichte werden.

 

* 1955, Sänger, Schriftsteller, Musiker und Kabarettist, 1988 mit seiner damaligen Frau Freya Klier ausgebürgert, sie hatten in der DDR Berufsverbot und traten seit 1985 nur noch in Kirchen auf, heute lebt er in Berlin

 

In Zusammenarbeit mit der Evangelische Verlagsanstalt Leipzig und der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung

 

 

19.03.2010, 18.30 UHR, KINOSAAL

Buchvorstellung

REGINE MÖBIUS: WORTMACHT UND MACHTWORT – DER POLITISCHE LOEST

 

Erich Loest gehörte und gehört zu den führenden Schriftstellern Deutschlands; als wortmächtiger Autor und Chronist des 20. Jahrhunderts ist er eine herausragende Person der deutschen Öffentlichkeit.

Im neunten Lebensjahrzehnt des Schriftstellers hat Regine Möbius den riesigen Fundus des Loest-Archivs der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig genutzt, um Zeugnis abzulegen über geschichtliche Brüche, kulturpolitische Weichenstellungen und das intellektuelle Engagement des leidenschaftlichen Demokraten und Ehrenbürger der Stadt Leipzig Erich Loest.

 

1943 geboren studierte sie zunächst „Chemische Verfahrenstechnik“ und später am Leipziger Institut für Literatur. Die seit 1997 stellvertretende Vorsitzende des Verbandes deutscher Schriftsteller verfasst Lyrik, Prosa und Essays im politisch-historischen Kontext.

 

In Zusammenarbeit mit dem Plöttner Verlag

 

 

19.03.2010, 19.00 UHR, AUSSTELLUNG

Buchvorstellung

ACHIM WALTHER: DIE EISIGE NAHT. – DIE INNERDEUTSCHE GRENZE BEI HÖTENSLEBEN, OFFLEBEN UND SCHÖNINGEN

 

Die innerdeutsche Grenze war unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg noch vom kleinen Grenzverkehr geprägt, doch mit der Gründung der beiden deutschen Staaten entwickelte sie sich bis 1989/90 zum (fast) undurchdringlichen Hindernis. Detailliert und anschaulich schildert Achim Walther das Grenzregime und die damit verbundenen Einzelschicksale. Grundlage sind neben ausführlichen Archivrecherchen unzählige Gespräche und Korrespondenzen mit Zeitzeugen aus Ost und West.

Der jetzt erschienene zweite Band beschreibt die Sperrung der Grenze ab 1952 und ihre Geschichte bis zur deutschen Wiedervereinigung. Er schließt damit chronologisch an den ersten Band „Heringsbahn“ an, dessen Neuauflage im Mitteldeutschen Verlag in Vorbereitung ist.

 

Jahrgang 1936. Lebte ab 1973 im Sperrgebiet der innerdeutschen Grenze. Seit 1989 setzt er sich für den Erhalt der Grenzanlagen als Mahnmal ein und ist heute Vorsitzender der Grenzdenkmalverein Hötensleben

 

Moderation: Kurt Fricke

In Zusammenarbeit mit dem Mitteldeutschen Verlag

 

 

19.03.2010, 20.30 UHR, KINOSAAL

Lesung

JANA HENSEL: ACHTUNG ZONE

 

Nach »Zonenkinder« zeigt Jana Hensel, warum die Ostdeutschen stolz sein können, anders zu sein.

In diesem Jahr wird allüberall der Geist der Einheit beschworen. Das Land müsse endlich wirklich eins werden; das heißt vor allem: gleich. Ost und West sei aber nicht gleich.

Sie beschreibt die Ostdeutschen nicht als defizitäre Westdeutsche – noch nicht auf dem Standard der alten Bundesrepublik. Vielmehr sagt sie: Die Ostdeutschen haben vor und nach 1989 anders gelebt, haben andere Erfahrungen gemacht, eine andere Geschichte gehabt, und so auch ihre eigene Identität gewonnen.

Diese Identität gilt es zu beschreiben. Sie ist keine Gefahr für die Einheit, sondern eine Bereicherung Deutschlands.

 

*1976. Ist in Leipzig aufgewachsen und schreibt heute als Autorin und Journalistin in Berlin. Bekannt wurde sie 2002 durch den Roman „Zonenkinder“.

 

In Zusammenarbeit mit dem Piper Verlag

 

 

20.03.2010, 11.00 UHR, KINOSAAL

Buchpremiere

GERD KOENEN: WAS WAR DER KOMMUNISMUS?

 

Der Essay ist ein Versuch, die kommunistischen Bewegungen und Machtformationen als einen Teil der Globalisierungsgeschichte des 20. Jahrhunderts zu verstehen.

Worin lag zeitweise die Attraktivität dieser Ideologie, und wie mündete sie in Terror und Gewalt? Hat es überhaupt Sinn, vom „sozialistischen Aufbau“ zu sprechen, etwa im Sinne einer nachholenden Industrialisierung, oder handelte es sich eher um sozialgeschichtliche Regressionen? Lässt sich die Geschichte des Kommunismus in der Sowjetunion, China, Kuba oder der DDR überhaupt auf einen Nenner bringen - oder überwogen die nationalen Komponenten nicht alle weltrevolutionären Ideologeme?

Der Autor wirft in seinem historischen Abriss zahlreiche Fragen zum Phänomen des Kommunismus auf und beleuchtet die Ideologie und ihre zerstörerische Wirkung.

 

Gerd Koenen veröffentlichte als Historiker und freier Autor eine Reihe von Büchern zur Geschichte des internationalen Kommunismus, sowie der deutsch-russischen Beziehungen. 2005 Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.

 

In Zusammenarbeit mit dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht

 

 

20.03.2010, 14.00 UHR, KINOSAAL

Buchvorstellung und Diskussion

SIEGFRIED SUCKUT (HRSG.): DIE DDR IM BLICK DER STASI 1976 – DIE GEHEIMEN BERICHTE AN DIE SED-FÜHRUNG

 

Das Jahr 1976 war eines der ereignisreichsten der DDR-Geschichte. Die KSZE-Beschlüsse zeigten innenpolitische Wirkungen: Gewachsen war die Bereitschaft der Unzufriedenen zu offenem Protest, viele stellten Ausreiseanträge. Die Selbstverbrennung von Pfarrer Oskar Brüsewitz und die Ausbürgerung Wolf Biermanns hatten Folgen, die die SED-Führung und ihren Machtapparat herausforderten.

Der erste Band der Reihe „Berichte aus der Republik“ dokumentiert, wie die Stasi die neuen Probleme wahrnahm und die Partei und Staatsführung detailliert darüber informierte. Er ist eine einzigartige Quelle zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation in der DDR im Jahr 1976.

 

*1945. Studierte Politikwissenschaft und begründete1992 die Abteilung Bildung und Forschung der Stasiunterlagen-Behörde. Seine Veröffentlichungen beziehen sich u.a. auf die Geschichte der Blockparteien und der Stasi.

 

In Zusammenarbeit mit Vandenhoeck & Ruprecht

 

 

SA., 20.03.2010, 16.00 UHR, KINOSAAL

Heftpremiere mit Diskussion

DER OSTEN IM WESTEN – BLICKE „VON DRÜBEN“ AUF DIE DDR

 

Die DDR war in der Bundesrepublik immer präsent, selbst zu den Zeiten, als das Interesse der Bundesbürger am Osten nahezu zu verschwinden schien. Mit diesem Titelthema beschäftigt sich Heft 67 der Zeitschrift HORCH UND GUCK.

Zu allen Zeiten kamen Flüchtlinge und Übersiedler. Und die Fragen der Ost-Politik, z.B. ob man die Staatsbürgerschaft der DDR anerkennt, welche Legitimität man dem SED-Regime zubilligt und wie weit man den Machthabern in Ost-Berlin im Interesse der Ost- West-Entspannung entgegenkommt, blieben brisant. Trotzdem hat sich der Blick auf die DDR verändert, wie auch der Umgang mit den Landsleuten, die in den Westen kamen.

Die neueste Ausgabe diskutiert Peter Grimm, Redakteur der Zeitschrift Horch und Guck, die seit 1992 vom Bürgerkomitee „15. Januar“ e.V. Berlin herausgegeben wird und sich der Aufarbeitung der SED-Diktatur widmet, mit den Zeitzeugen Bernd Eisenfeld und Michael Kubina über den Blick „von drüben“.

 

In Zusammenarbeit mit dem Bürgerkomitee „15. Januar“ Berlin e.V.

 

 

20.03.2010, 18.00 UHR, KINOSAAL

Buchvorstellung

ARMIN FUHRER: WER ERSCHOSS BENNO OHNESORG? – DER FALL KURRAS UND DIE STASI

 

Mai 2009: Ein Aktenfund änderte mit einem Schlag den Blick auf die deutsche Zeitgeschichte. Karl-Heinz Kurras, der West-Berliner Polizist, der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschossen und damit die 68er-Bewegung mit ausgelöst hatte, entpuppte sich als Spitzel der DDR-Staatssicherheit und SED-Genosse. Hatte die Stasi den Auftrag gegeben, Ohnesorg zu töten? Damals wurde Karl-Heinz Kurras freigesprochen, heute ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Mordes.

Wer war der Mann, der Benno Ohnesorg erschoss? Was bewegte ihn, sich in den Dienst von Stasi und SED zu stellen? Und wie stark war die West-Berliner Polizei schon seit den 1950er Jahren von der Stasi unterwandert?

FOCUS-Redakteur Armin Fuhrer zeichnet in diesem Buch erstmals die gesamte Stasi-Tätigkeit von Karl-Heinz Kurras nach. Auf der Grundlage der Akten enthüllt er zahlreiche neue Details, ordnet die bereits bekannten Fakten in die großen Zusammenhänge ein und korrigiert Falschmeldungen aus den Medien.

 

*1963 in Düsseldorf, studierte er Politik und Geschichte und besuchte anschließend die Axel-Springer-Journalistenschule. Ab 1994 war er bei der Welt als Redakteur, seit 2000 ist er beim FOCUS als Hauptstadtkorrespondent tätig.

 

Moderation: Ulrich Hopp

In Zusammenarbeit mit dem be.bra Verlag

 

 

20.03.2010, 19.00 UHR, AUSSTELLUNG

Themenabend Rumänien

HELMUTH FRAUENDORFER UND RICHARD WAGNER: ALS „EVA“ INFORMANTIN WAR

 

In der Folge ihrer Tätigkeit als Schriftsteller sahen sich Richard Wagner und Helmuth Frauendorfer häufig mit den Repressionen der Securitate konfrontiert. In ihren persönlichen Akten konnten sich die Autoren vergegenwärtigen, wie die Geheimpolizisten ihre Werke auslegten und wie sie daraus das Vorgehen gegen die Schriftsteller begründeten.

Die teils sehr bizarre Interpretation der Texte regte sie zu ihrem aktuellen Projekt an. Im Wechselspiel rezitieren Frauendorfer und Wagner ihre eigenen Texte, wobei immer der jeweils andere den Bericht des Securitate-Offiziers vorträgt. Vorweg führen sie die Gäste in die Verhältnisse der damaligen Zeit, so dass sie in ihren Rezitationen auch auf eventuelle Geschehnisse und Konsequenzen eingehen können.

 

Helmuth Frauendorfer, *1959 in Wojteg/Rumänien. Seine deutschsprachigen Publikationen führten zum Konflikt mit der rumänischen Staatssicherheit, sodass er 1987 nach Westberlin ausreiste. Arbeitet seither als freier Journalist und Autor in Berlin und Leipzig.

Richard Wagner, *1952 im Banat. Arbeitete bis zu seinem Publikationsverbot in Rumänien als Deutschlehrer, Journalist und Lyriker. 1987 reiste er mit seiner damaligen Frau Herta Müller in die Bundesrepublik aus. Er lebt als Schriftsteller in Berlin und wurde seither mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

 

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Themenabends Rumänien statt. Eine weitere Lesung folgt mit Johann Lippet um 21.00 Uhr.

 

 

20.03.2010, 20.00 UHR, KINOSAAL

Buchvorstellung und Diskussion

HELMUT GOERLICH / TORSTEN SCHMIDT: RES SACRAE IN DEN NEUEN BUNDESLÄNDERN

 

Rechtsfragen zum Wiederaufbau der Universitätskirche in Leipzig Die aktuelle Debatte um die Neuerrichtung der Leipziger Universitätskirche nehmen Helmut Goerlich und Torsten Schmidt zum Anlass, das heiß diskutierte Thema aus einem juristischen Blickwinkel zu betrachten. Nach der juristische Chiffre „res sacra“ untersuchen sie, ob Kirchen als „öffentliche Sachen“ in den neuen Bundesländern auch einen besonderen staatskirchenrechtlichen Status und somit verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Im juristischen Rahmen setzen sie sich mit Legitimation des Wiederaufbaus und der künftigen Nutzung der „Paulinerkirche“ auseinander. In Ostdeutschland treten häufig Schwierigkeiten beim Verständnis und der Anwendung des scheinbar entlegenen Rechtsgebietes, der Verwaltung und des Umgangs mit Religions- und Staatskirchenrecht auf, meinen die Autoren.

In welcher Form eine „Wiedergutmachung“ für die 1968 durch die SED aus rein politischen Gründen gesprengte Kirche nötig und möglich ist, soll in der anschließenden Podiumsdiskussion erläutert werden. Diese soll damit zu einem differenzierten Umgang mit diesem stark politisierten und polarisierenden Thema anregen.

 

Es diskutieren:

Helmut Goerlich, Autor

Rüdiger Lux, Universitätsprediger, Universität Leipzig,

Martin Oldiges, Vorsitzender der Stiftung „Universitätskirche St.Pauli zu Leipzig“

Johannes Kimme, Präsident des Ev. Landeskirchenamtes Sachsen

 

Moderation:

Dankwart Guratzsch

 

In Zusammenarbeit mit dem Berliner Wissenschaftsverlag

 

 

20.03.2010, 21.00 UHR, AUSSTELLUNG

Themenabend Rumänien

JOHANN LIPPET: DAS LEBEN EINER AKTE – CHRONOLOGIE EINER BESPITZELUNG DURCH DIE SECURITATE

 

Lippets Chronologie ist ein Anfangspunkt der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Temeswarer Schriftsteller in der Zeitspanne 1972-1987: „Durch das Studium meiner Akte und den Austausch von Dokumenten mit meinen ehemaligen Schriftstellerkollegen aus Temeswar hat sich vieles zur ‚Aktionsgruppe Banat‘ und dem Literaturkreis ‚Adam Müller-Guttenbrunn‘ geklärt.

Darüber wird noch ausführlich zu schreiben sein. Und diejenigen, die über Jahre ihre Sicht der Dinge verbreiteten und uns zu diffamieren versuchten, weil sie sich im Besitz der Deutungshoheit wähnten, werden eines anderen belehrt werden, und es werden Dinge ans Licht kommen, mit denen niemand gerechnet hatte. Der Akte sei Dank!“

In dem genauen und nur zurückhaltend kommentierenden, in sechs Kapitel eingeteilten Text ist zwischen den Zeilen die eklatante Unfähigkeit der Spitzel und ihrer Führungsoffiziere deutlich zu spüren.

 

1951 im österreichischen Wels geboren, studierte er im Geburtsort des Vaters Temeswar Germanistik und Romanistik. Nach Tätigkeiten als Deutschlehrer sowie an den Theatern Temeswar und Mannheim ist er heute als Schriftsteller bei Heidelberg tätig.

 

Moderation: Helmuth Frauendorfer

In Zusammenarbeit mit dem Verlag Wunderhorn

 

 

21.03.2010, 11.00 UHR, KINOSAAL

Matinée-Lesung mit Fotoausstellung

HARALD HAUSWALD / JUTTA VOIGT: AUFERSTANDEN AUS RUINEN

 

„Auferstanden aus Ruinen“ ist eine atemberaubende fotografische Zeitreise durch vier Jahrzehnte ostdeutscher Geschichte.

Zugleich bietet das Werk einen gültigen Querschnitt durch das Schaffen von Harald Hauswald. Es vereint inzwischen weltweit berühmte Aufnahmen des renommierten Fotokünstlers mit bisher unveröffentlichten Bildern zum Alltag und den Menschen in der Spätphase der DDR, der Zeit der Friedlichen Revolution und der Gegenwart des Ostdeutschlands.

Hauswalds Fotografien werden ergänzt und kommentiert durch brillante feuilletonistische Texte der bekannten Journalistin und Autorin Jutta Voigt. Sie schätzt Hauswalds OEuvre ebenso wie Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der „ZEIT“, dessen, zusammen mit Benedikt Erenz verfasste Hommage, diesen außergewöhnlichen Bildband einleitet.

Während der gesamten Buchmesse werden außerdem die wichtigsten Fotografien von Harald Hauswald in einer Ausstellung im Museum in der „Runden Ecke“ präsentiert.

 

Harald Hauswald, geboren 1954 in Radebeul wurde er in der Endphase der DDR durch seine fotographischen Darstellungen Ost-Berlins bekannt. Seit 1989 arbeitet er als freier Fotograph und wurde mit dem Bundesverdienstkreuz sowie dem Einheitspreis ausgezeichnet.

Jutta Voigt, 1941 in Ost-Berlin geboren, war sie nach ihrem Philosophiestudium als Filmkritikerin, Redakteurin und Reporterin tätig. Heute schreibt sie für mehrere renommierte Wochenzeitungen und ist Mitglied des Pen-Clubs.

 

In Zusammenarbeit mit dem Jaron Verlag

 

 

 

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RÜCKBLICK

 

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1. FEBRUAR 2010: 19.00 UHR, EHEMALIGER STASI-KINOSAAL

„WIR SIND DAS VOLK!“ – MONTAGSGESPRÄCH IN DER „RUNDEN ECKE“ MIT FREYA KLIER

 

„Mutti, alle haben an Euch gedacht!“, wurde sie nach ihrer Haftentlassung aus Hohenschönhausen von der Tochter begrüßt. Zum Montagsgespräch am 1. Februar 2010 begrüßten die Moderatoren Tobias Hollitzer und Reinhard Bohse die 1988 verhaftet und in den Westen abgeschobene Bürgerrechtlerin Freya Klier, deren Inhaftierung ein große Welle der Sympathie und Solidarität beschwor und so den Anreiz für andere gab, sich aus der Passivität und auf die Straßen zu trauen.

Freya Klier wurde 1950 in Dresden geboren. Ihr Vater, ein Graphiker, kam 1953 ins Gefängnis; nicht aus politischen Gründen, sondern wegen eines banalen Konfliktes mit einem Volkspolizisten in der Straßenbahn. Er wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verurteilt, Kliers Mutter musste das Studium abbrechen und Freya, damals drei Jahre alt, und ihr vierjähriger Bruder kamen in ein, an die Stasi gekoppeltes, Kinderheim. „Der raue Wind des Stalinismus der frühen DDR, der zur Verurteilung des Vaters führte, wehte gleichwohl in diesem Heim.“ Dieser Kontrast zur elterlichen Idylle steht für eine traumatische Phase der beiden Kinder, die auch in beiden ihre Spuren hinterlassen sollte.

 

Beim Bruder rief diese Phase schon in frühen Jahren stetige Kritik des Systems hervor, einhergehend mit der rigorosen Ablehnung, den der Partei unterstellten Jugendorganisationen beizutreten. Im Gegensatz zu Klier selbst: Vorstellungsgetreu „eingetacktet“ engagierte sie sich trotz evangelischem Elternhaus und Religionsunterricht zunächst als „glühender Pionier“, anschließend bei der FDJ. Dementsprechend beschreibt sie ihre Schulzeit als „sehr angenehm.“ Von den Grundsätzen des Sozialismus überzeugt, erzählte Sie, wie sie versuchte, ihren Bruder vom Guten des Regimes zu überzeugen und ihren Vater vom westlichen Deutschlandfunk, also den „Bonner Ultras und Nazis“, abzuhalten.

 

Erst im Alter von vierzehn Jahren entwickelte sie eine immer kritischere Sichtweise, die durch die zunehmende Aktivität in der Jungen Gemeinde gefördert wurde. In diese pflegte Freya sich vor allem während der Zeit auf der Erweiterten Oberschule zurückzuziehen, da sich dort Jugendlichen die Möglichkeit bot, sich mit persönlich Bewegendem auseinanderzusetzen. An der EOS war man dagegen bestrebt, jeglichen Individualismus auszumerzen.

 

Freya Klier zog den Schlussstrich, als ein weiteres Familienmitglied sich mit der Willkür der Staatsmacht konfrontiert sah. „Jugendliche Rowdies wollten […] Republik zu Fall bringen“, titelte die Zeitung, als ihr Bruder mit sechs Freunden verhaftet und verprügelt wurde, weil sie Stones- und Beatles Texte tauschten. Sie kamen zwischen vier und elf Jahren ins Gefängnis, mit einem politischen Urteil, das in der Diktion dem ihres Vaters glich.

 

Mit dem Bestreben Schauspielerin zu werden, begann sie nach dem Abitur ihre Tätigkeit am Theater Radebeul. Nach dem Besuch einer sozialistischen Jugendtheatergruppe aus Schweden, der man „die schöne, heile DDR-Welt“ präsentierte, begann sie die Idee zur Flucht in die Tat umzusetzen. Ein Mitglied der Gruppe, vom dem die Hilfe zugesagt wurde, kontaktierte sie aber erst ein Jahr später im Sommer 1968, als sie einen Studienplatz in Leipzig bereits sicher hatte. Mit einem gefälschtem Pass und West-Jeans, die sie von einer Freundin bekam, sollte sie sich im Rostocker Hafen als Küchenhilfe ausgeben und auf einem schwedischen Schiff ausreisen. Ihr Plan wäre aufgegangen, hätte nicht ein Teil der Besatzung in der Hafenbar unachtsam über die „ominöse“ Mitreisende gesprochen, was zufälligerweise einem Stasi-Mitarbeiter zu Ohren gekommen war. Dank des Engagements ihrer Schauspiellehrerin in Leipzig wurde sie nur zu sechzehn Monaten Haft verurteilt und nach elf wieder entlassen.

Zurück in der Freiheit durfte sie sogar ihr Studium wieder aufnehmen. An ihre Zeit in Leipzig erinnert sie sich gern zurück. Trotz großer Armut meint sie, konnte sie den „ganzen Frust“ durch das spannende Studium besser ertragen. 1973 bekam sie ihre Tochter Nadja, 1975 schloss sie ihr Studium in Leipzig ab. Das geplante Regie-Zusatzstudium bei Potsdam konnte sie nicht aufnehmen, da ihr das Wohnen im Grenzgebiet untersagt wurde. So arbeitete sie ab November 1975 drei Jahre als Schauspielerin in Senftenberg. Die Zeit unmittelbar nach der Ausbürgerung Biermanns brachte eine kurze Tauwetterperiode mit sich, sodass sie eine Prüfung ablegen durfte, die sie befähigte, als Regisseurin zu arbeiten; trotz ihrer Vergangenheit. „Wir brauchen nicht nur Jasager, sondern eine kritische Kulturebene“, war die untypische aber begrüßenswerte Begründung eines SED-Funktionärs.

 

Trotz einer zufriedenstellenden Antrittsinszenierung mit einem guten Ensemble wurde sie, wieder in Berlin, zurückbeordert, da „in ihrer Inszenierung die Verhältnisse nicht klar deutlich waren.“ Als Regisseurin war sie, nach Absetzung ihres Stückes, in Schwedt weiter tätig und wurde 1984 für die Inszenierung von Plenzdorfs „Paul und Paula“ mit dem DDR-Regiepreis ausgezeichnet.

 

Der plötzliche Tod ihres Bruders, „ein Opfer der DDR“, veranlasste die erfolgreiche Regisseurin dazu, in der Opposition aktiv zu werden. Schon bald im Visier der Staatssicherheit, wurde sie in ihrem Schaffen stark behindert, indem man ihre Stücke nicht annahm oder sie keine Arbeitsverträge bekam. Das Angebot, nun die DDR verlassen zu dürfen, schlug sie aus. Jetzt „da die Demokratie im Kommen“ war, erübrigte sich die Ausreise.

 

Ab 1985 erhielt sie zusammen mit ihrem damaligen Ehemann Stephan Krawczyk, der ebenfalls in der Opposition aktiv war, Berufsverbot. Die einzige Plattform um noch in ihrem Genre aktiv zu sein, bot das Dach der Kirche. In Absprache mit Pfarrern konnten sie ihre selbstinszenierten Stücke in Gemeindehäusern oder Wohnungen präsentieren. Trotz des Bestrebens der Stasi, sie „auszuhebeln“ konnten die beiden von der Kollekte und für sie gesammelte Spenden überleben. In dieser Zeit schrieb Freya Klier – rückwirkend auf die Erfahrung mit dem Erziehungsapparat der DDR – ein Buch über das Erziehungswesen im Land. Dafür arrangierte sie die erste geheime Jugend- und Lehrerbefragung in der DDR.

 

Die Rosa-Luxemburg-Demonstration im Januar 1988 in Berlin bot schließlich die Möglichkeit, öffentlich und weitflächig auf die Situation der DDR-Künstler, die unter Berufsverbot litten, aufmerksam zu machen. Durch das Ausbreiten des Transparentes mit dem eindrücklichen und passenden Zitat Rosa Luxemburgs „Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden“ machte Stephan Krawczyk mit Worten, die auch vom Regime gepredigt werden, ihre Lage deutlich. Noch auf der Demonstration wurde er verhaftet, Freya Klier und einige Freunde eine Woche später, nachdem sie zuvor noch an westdeutsche Künstler appellieren konnte, nicht mehr in der DDR aufzutreten. Die Verhaftung beschwor eine ungeheure Welle der Solidarität herauf, von der sie, isoliert in der Haft, aber nichts mitbekam. Mittels Fehlinformationen versuchte ihr Anwalt Wolfgang Schnur, der später als IM enttarnt wurde, die Gefangenen zu manipulieren und überzeugte sie, unter Androhung langer Haftstrafen für sie und andere Inhaftierte, die DDR im Februar, gegen ihren Willen, zu verlassen.

 

In Westdeutschland wollte sie nun auf die Verhältnisse in der DDR aufmerksam machen. In einer Talkshow im ORF konnte sie neben Erich Loest ihre Erfahrung und Eindrücke der DDR präsentieren. Klier prognostizierte – entgegen Honeckers Überzeugung, die Mauer stünde noch 100 Jahre – schon allein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, könne die DDR noch höchstens vier Jahre bestehen.

 

Sehr gefreut hat sich Freya Klier, als sie im Westen, durch Bilder und Berichte, die Entwicklung in Leipzig verfolgen konnte. Die Massen der Montagsdemonstranten haben „ungeheure Eindrücke hinterlassen.“ Umso überraschter war sie über den friedlichen Verlauf des 9. Oktobers, da sie mit einer Eskalation rechnete. Den 9. November, den sie in Berlin-Kreuzberg erlebte, verbrachte sie mit ihrer Tochter und deren Schulfreunden, die sie aus Ostberlin besuchten. Sie war überwältigt von der Unbekümmertheit der jungen Menschen, hatte diese Generation der 1980er doch so viel des Leids gar nicht mitbekommen.

Als man sich im wiedervereinigten Deutschland auf machte, die Verhältnisse wieder zu ordnen meint Freya Klier, dass sie Angst bekam, dass „die Wessis“ nicht wissen, wie unterwandert der ganze Osten noch ist und es durchaus noch möglich sei, dass die SED wieder die Macht zurückgewinnt. Selbst als die politische Lage gefestigt zu sein schien, sah sie sehr widerwillig, wie sich ehemalige Parteifunktionäre in anderen Bereichen, wie dem Immobiliengeschäft, etablieren konnten. Nichtsdestotrotz ist sie zufrieden, mit der Bewältigung der Vergangenheit in Deutschland, gerade im Vergleich zu anderen Ostblockstaaten. Wir stehen aber nach wie vor in der Pflicht – und Freya Klier mahnt hier eindrücklich jeden – sich stets zu erinnern, zu was die Vergangenheit führte. So macht sie sich auch heute noch zur Aufgabe, so viel transparent zu machen wie möglich.

 

 

 

 

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AUS DEM GÄSTEBUCH

 

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Mehrere tausend Menschen besuchen monatlich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker. Manche leben in Leipzig und kommen – häufig mit Gästen – immer wieder in die Ausstellung. Andere kommen von weit her zu Besuch in die Stadt und wollen hier sehen, wo und wie vormals das berüchtigte Ministerium für Staatssicherheit arbeitete.

 

Viele unserer Besucher hinterlassen eine Notiz im Gästebuch und schreiben hier ihre Eindrücke nieder, die sie in der Gedenkstätte gesammelt haben. Unter dieser Rubrik wollen wir monatlich einige dieser Einträge an Sie weitergeben.

 

„Aufgewachsen in Leipzig, hat uns diese Ausstellung sehr beeindruckt und mitgenommen! Vieles weiß man schon, aber dass die Überwachung so lückenlos war, ist schon sehr erschreckend! Zurzeit leben wir in München, und ich bin immer wieder fassungslos, wie viele Menschen überhaupt nichts vom Stasi-System wissen, und behaupten: „So schlimm kann das doch gar nicht gewesen sein.“ Wie könnte man denen das näher bringen?“

(Ute und Dieter Hoffmann aus München, Besucher der Dauerausstellung am 15.02.2010)

 

„Vielen Dank für die fleißigen Helfer der „Runden Ecke“. Es ist so wichtig, die „richtige“ Vergangenheit weiterzugeben.“

(Besucher der Dauerausstellung am 18.02.2010)

 

„Die „20-Jahre-Mauerfall“-AG des Gymnasiums Ernestinum (Celle) war hier!“

Danke für die interessante und ergreifende Ausstellung! “

(Besucher der Sonderausstellung im Februar 2010)

 

„Vielen Danke, ich habe viel für DDR heute gelernt!“

(Thatione Chiquatti aus Brasilien, Besucher der Sonderausstellung am 05.02.2010)

 

„Damals – im Westen am Fernseher – hatte ich Angst, dass es ein Blutvergießen gibt. Heute – vor dieser Ausstellung – habe ich Gänsehaut gehabt. Den mutigen Menschen von damals ein herzliches: Danke!“

(Eine Besucherin der Sonderausstellung aus Trier am 13.02.2010)

 

 


 



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Bürgerkomitee Leipzig e.V.
für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS)
Träger der Gedenkstätte
Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker
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