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  Newsletter Mai 2012

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

 

„Nachtaktiv“ ist eine Eigenschaft, die sehr gut zu den heimlichen Umtrieben der Staatssicherheit passt. „Nachtaktiv“ ist auch das Motto der 4. gemeinsamen Museumsnacht der Städte Leipzig und Halle. Auch in diesem Jahr nimmt das Museum in der Runden Ecke mit an drei Verschiedenen Orten daran teil.

 

Unter dem Motto „Nachtaktiv“ finden in der Dauerausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ und der Sonderausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ laufend Führungen, Filmvorführungen und Vorträge statt. Außerdem ist die ehemalige Hinrichtungsstätte zu ständigen Führungen geöffnet, genauso wie das Museum im Stasi-Bunker bei Machern, das dieses Jahr erstmalig von 17.00 Uhr nachmittags bis 1.00 Uhr nachts offen hat. Das genaue Programm finden Sie unter der Rubrik „Wir laden ein“.

 

Wir freuen uns auf Ihren Besuch und wünschen Ihnen einen schönen und sonnigen Frühlingsbeginn.

 

Ihr Bürgerkomitee Leipzig

 

 

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INHALT

Wir laden ein

Rückblick

Aus dem Gästebuch

 

 

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WIR LADEN EIN

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5. MAI 2012 „NACHTAKTIV“: 4. LEIPZIGER UND HALLENSER MUSEUMSNACHT

Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, in der einst die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit ihren Sitz hatte, befasst sich zur Museumsnacht am 5. Mai 2012 mit den „nachtaktiven“ Vorgängen an den Orten, an denen zu DDR-Zeiten die Stasi herrschte. Unser Programm findet an gleich drei verschiedenen Orten statt:

 

MUSEUM IN DER RUNDEN ECKE, DAUERAUSSTELLUNG „STASI – MACHT UND BANALITÄT“

VON 18.00 BIS 1.00 UHR STÄNDIG ERLÄUTERUNGEN ZU DEN THEMENSCHWERPUNKTEN:

Nachts schnüffeln. Welche Anstrengungen die Stasi unternahm, ihre Bürger auch in den intimsten Momenten zu überwachen.

Nachts vernichten! Vom Kampf der Stasi, 1989 ihre Untaten zu verschleiern.

Nachts besetzt. Wie die Montagsdemonstranten die Stasizentrale lahm legten.

 

MUSEUM IN DER RUNDEN ECKE, SONDERAUSSTELLUNG „LEIPZIG AUF DEM WEG ZUR FRIEDLICHEN REVOLUTION“

18.00/ 20.00/ 22.00/ 24.00 Uhr Führungen: Im Schutze der Nacht – die Aktionen der Leipziger Opposition 1989. Spannende Exponate, Filme, Fotos und Dokumente lassen die einmaligen Ereignisse nacherleben.

 

19.00/ 21.00 Uhr Vorträge von Helmuth Müller-Enbergs, BStU Berlin: Nachtaktiv – Inoffizielle Stasi-Mitarbeiter im „nächtlichen Einsatz“. Der langjährige Mitarbeiter der Stasi-Unterlagen-Behörde und IM-Experte Helmuth Müller-Enbergs und illustriert die perfiden zum Teil aber auch kuriosen Berichte an die Staatssicherheit anhand zahlreicher Beispiele.

 

22.00/ 23.00 Uhr Filmvorführungen: „Huren unter Honecker“. Ein Film zur Prostitution in der DDR. Die Dokumentation zeigt wie die Stasi mit Prostituierten umging, die etwa Geschäftsleute aus dem Westen aushorchen sollten. (Vorführung findet über dem Stasi-Kinosaal statt)

 

EHEMALIGE HINRICHTUNGSSTÄTTE IN DER ALFRED-KÄSTNER-STRAßE (EINGANG ARNDTSTRAßE)

VON 18.00 BIS 1.00 UHR STÄNDIG FÜHRUNGEN.

Todesstrafe in der DDR – Hinrichtungen in Leipzig

Während der Museumsnacht wird das Bürgerkomitee Leipzig e.V. ständig Führungen durch die authentischen Räume der ehemaligen Hinrichtungsstätte durchführen, die sonst nicht zu besichtigen ist. Eine Werkausstellung vor Ort vermittelt in komprimierter Form die wichtigsten Fakten zu gesetzlichen Grundlagen, zur Verhängung und zur Vollstreckung der Todesstrafe in Leipzig. Ab 1960 wurden alle in der DDR verhängten Todesurteile hier vollstreckt, aktuellen Erkenntnissen zufolge mindestens 64 Fälle.

In der Leipziger Südvorstadt befand sich ab 1960 die zentrale Hinrichtungsstätte der DDR. In einem streng abgetrennten Teil der Strafvollzugseinrichtung Alfred-Kästner-Straße wurden alle im Land ausgesprochenen Todesurteile unter absoluter Geheimhaltung vollstreckt. Daran erinnert heute eine Gedenktafel an dem Gebäude. Abgeschafft wurde die Todesstrafe erst 1987.

 

MUSEUM IM STASI-BUNKER

VON 17.00 BIS 1.00 UHR STÄNDIG FÜHRUNGEN

Wenn Tag und Nacht keine Rolle spielte.

Im Naherholungsgebiet »Lübschützer Teiche« bei Machern liegt die einstige Ausweichführungsstelle des Leipziger Stasi-Chefs. Der Bunker sollte ihm und weiteren 100 Mitarbeitern im Spannungs- und Mobilmachungsfall als Dienstsitz dienen.

 

 

20. MAI 2012, INTERNATIONALER MUSEUMSTAG „MUSEEN IM WANDEL“

11.00, 15.00 und 16.30 Uhr: Sonderführungen mit Zeitzeugen der Friedlichen Revolution durch die Dauerausstellung „Stasi – Macht und Banalität“. Mitglieder des Leipziger Bürgerkomitees erzählen von der Besetzung und Auflösung der Leipziger Stasi-Zentrale sowie von der Entstehung des Museums.

 

 

26. & 27.MAI 2012, 13.00 BIS 16.00 UHR MUSEUM IM STASI-BUNKER IN MACHERN GEÖFFNET

Ständig Führungen. Im Naherholungsgebiet Lübschützer Teiche bei Machern liegt die einstige Ausweichführungsstelle (AFüSt) des Leiters der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig. Das Objekt war als eine Ferienanlage des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Leipzig getarnt. Kern der Anlage ist der von 1968 bis 1972 gebaute Bunker. Im Spannungs- und Mobilmachungsfall hätte der Leipziger Stasi-Chef gemeinsam mit ca. 100 hauptamtlichen Mitarbeitern und zwei Verbindungsoffizieren des KGB (des sowjetischen Geheimdienstes) seinen Dienstsitz nach Machern verlagert. Die Ausweichführungsstelle war ein heimlich geschaffener Komplex, durch den sich die Führungsriege des MfS ihren Machtanspruch im Fall eines Ausnahmezustands zu erhalten gedachte.

Zu besichtigen sind das 5,2 Hektar große, denkmalgeschützte Gesamtgelände mit allen erhaltenen Bauten und Anlagen, sowie das 1.500 Quadratmeter umfassende Bunkerinnere. Dokumentiert ist dabei auch die spezielle Aufgabe des MfS im Ernstfall – bis hin zur geplanten Einrichtung von Isolierungslagern für Oppositionelle.

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RÜCKBLICK

 

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25. APRIL 2012, 19.00 UHR, KINOSAAL: STASI AUF DEM SCHULHOF

FILM UND GESPRÄCH

Am Ende der DDR waren etwa 8.000 Jugendliche so genannte „Inoffizielle Mitarbeiter“ der Staatssicherheit. Sie wurden in Jugendclubs, in Kirchen und an den Schulen angesprochen und sollten ihre Freunde aushorchen oder über ihre Eltern und Lehrer berichten. Die Filmemacherin Annette Baumeister hat sich in ihrer Dokumentation „Stasi auf dem Schulhof“ explizit mit den Tätigkeiten der Staatssicherheit an DDR-Schulen beschäftigt. Der Film rekonstruiert das Schicksal von Marko, Kerstin und Elvira und zeigt, wie die Stasi vorging, um Jugendliche zu Spitzeldiensten zu erpressen. In gleich drei Veranstaltungen mit Schülern und Interessierten widmete sich die Gedenkstätte diesem Thema und lud die Filmemacherin Annette Baumeister und die Zeitzeugin Kerstin Harrabi.

 

Kerstin Harrabi, geborene Voss, besucht Anfang der 1970er Jahre ein Internat für angehende Russischlehrer im thüringischen Wickersdorf. Gerade an solchen Kaderschulen hat die Stasi ein besonders wachsames Auge auf die Schüler. Kerstin Harrabi ist für die Stasi interessant, da sie einerseits gut in der Schule ist, andererseits aber Kontakt mit systemkritischen Jugendlichen hat. 1974 wird sie zum Schuldirektor gerufen und in seinem Büro von zwei Offizieren der Staatssicherheit als IM angeworben. Der ehemalige Direktor in Wickersdorf, Dieter Barth, streitet heute ab von den Vorgängen in seinem Büro gewusst zu haben. Ein paar Tage zuvor hatte Kerstin in der Dorfkneipe bei einem Gespräch mit einem Fremden von der Musik im Westen geschwärmt. Dieser entpuppt sich nun als einer der beiden Stasi-Mitarbeiter in Dieter Barths Büro und setzt Kerstin unter enormen Druck. Hinzu kommt, dass Harrabis Eltern hochrangige SED-Funktionäre sind. Eingeschüchtert unterschreibt sie die Verschwiegenheitsverpflichtung und lässt sich als IM anwerben. Von nun an trifft sie sich alle zwei Wochen mit zwei Stasi-Mitarbeitern zur Berichterstattung. Dazu wurde in einem Saalfelder Jugendclub eigens ein eigener Raum gemietet. Kerstin wird mit belegten Brötchen und Alkohol bewirtet, außerdem wird viel geraucht um eine „Kumpel-Atmosphäre“ entstehen zu lassen. Die Stasi geht sogar so weit, Kerstin zu einem intimen Verhältnis mit einem Jungen zu drängen, dessen Eltern der Planung einer Republikflucht verdächtigt werden. Sie weigert sich. Als Harrabi zum Studium nach Leipzig geht, nutzt sie die Chance und bricht der Kontakt mit der Staatssicherheit ab.

 

Die Staatssicherheit rekrutiert ihre jugendlichen IMs durch verschiedene Methoden: Erpressung, wie im Fall Harrabi, und Vorteilsnehmer, die sich von ihren Diensten etwa eine bessere schulische Karriere erhoffen, aber es verpflichten sich manche auch freiwillig aufgrund ideologischer Überzeugung. Besonders gerne benutzte die Stasi Jugendliche aus zerstörten Elternhäusern, deren gestörtes Vertrauensverhältnis gezielt ausgenutzt wurde.

 

In den 1980er Jahren regte sich unter den Jugendlichen in der DDR der Wunsch nach Neuem und Veränderung, ein berechtigtes Anliegen, das von der Stasi aber misstrauisch beobachtet wurde. Das bekam Marko Hermesdörfer, Schüler an der EOS Friedrich Engels in Dresden, an eigenem Leib zu spüren. Im Rahmen eines Austauschprogramms besuchte eine Schulklasse aus Frankreich die Oberschule. Der Besuch bleibt ein unvergessenes Erlebnis für die Dresdner Schüler. Zusammen mit seinem Freund Bernhard Güttler verfasst Hermesdörfer einen Brief an den Bürgermeister, in dem sie eine Schulpartnerschaft mit den französischen Gästen anregen. Das Schreiben ist absolut unpolitisch, die Jugendlichen wollen nur an die Begegnung mit den Schülern aus Frankreich anknüpfen. Der Brief landet bei der Stasi. Kurze Zeit später findet im Unterricht ein Lehrer einen Aufsatz auf Markos Pult. Es handelt sich um den Reisebericht eines französischen Schülers, der diesen Marko als Andenken geschickt hat. Die Erinnerungen an den Austausch handeln von kaputten Straßen und liebenswerten Menschen, trotzdem will Markos Lehrer kein Risiko eingehen und übergibt den Aufsatz an die Schulleitung, die sich ihrerseits an die Staatssicherheit wendet. Bernhard Güttler wird als Rädelsführer befunden und Marko Hermesdörfer erpresst: Er soll Informationen über Güttler an die Stasi weitergeben, wenn nicht, sei seine schulische Karriere an das EOS Friedrich Engels beendet. Marko gerät in einen schweren Gewissenskonflikt, er verweigert die Zusammenarbeit mit der Stasi, die immer mehr Druck auf ihn ausübt. Als die Situation für ihn immer unerträglicher wird, wird er eines Tages von einer Straßenbahn überrollt. Ein Bein wird ihm amputiert. Der tragische Unfall kam für Hermesdörfer nach eigenen Worten genau zum richtigen Zeitpunkt, denn nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus hörte er nie wieder von der Stasi.

 

1977 flieht Elvira Tolsdorfs Mutter aus der DDR. Für die ehrgeizige Schülerin vom Internat Wickersdorf bricht eine Welt zusammen. Die Familie zerbricht nach der Flucht der Mutter und für Elvira wird ihre Klasse zur Ersatzfamilie. Diese Situation nutzt die Staatssicherheit und wirbt die orientierungslose Schülerin an. Sie soll ihre Familie und die Mitschüler bespitzeln, doch die Berichte sind nur oberflächlich, weswegen die Stasi den Druck erhöht und immer mehr von ihr fordert. Unter anderem soll sie den Kontakt zu ihrer Mutter abbrechen, was sie auch anfangs tut. Nach einem Jahr wird für Elvira Tolsdorf die Sehnsucht aber zu groß und sie nimmt wieder Kontakt zu ihrer Mutter auf. Sie schafft es schließlich aus eigener Kraft sich von der Stasi zu lösen. Später darf sie ausreisen.

 

Diese drei Lebensläufe zeigen exemplarisch, wie die Stasi die noch minderjährigen Schüler anwarb und mit ihnen umging. Dass Jugendliche als Inoffizielle Mitarbeiter keine Seltenheit waren erfährt man im folgenden Gespräch. Die meisten allerdings schweigen über ihre Vergangenheit. Obwohl sie von einer höheren Instanz gegen ihren Willen zur Zusammenarbeit gedrängt wurden, sehen sich die meisten als Täter anstatt Opfer eines Staates, der eigentlich für den Schutz der Minderjährigen verpflichtet sein sollte.

 

In der anschließenden Publikumsdiskussion mit Klassen der Leipziger Sportmittelschule und des Johannes-Kepler-Gymnasiums haben die Schüler die Möglichkeit der Filmemacherin Annette Baumeister und einer Zeitzeugin aus dem Film, Kerstin Harrabi, Fragen zu stellen.

 

Für Frau Harrabi war es ein großer Schritt im Film mitzuwirken. Ihre Töchter wussten bis dahin nichts von diesem Kapitel aus der Vergangenheit ihrer Mutter. Sie sei allerdings sehr erleichtert gewesen, dass ihre Töchter sie nicht verurteilten, erzählt Kerstin Harrabi, trotzdem fiel es ihr sehr schwer mit ihnen darüber zu sprechen. Auch damals in Wickersdorf blieb das Treffen zwischen Kerstin und den Stasi-Mitarbeitern ein Tabu-Thema. Sie erzählte ihren Mitschülern nichts von der Unterredung im Büro ihres Direktors, und niemand fragte sie danach. Die Frage, ob es jemals zu beruflichen Konsequenzen gekommen sei, verneinte Frau Harrabi. In einem Fragebogen, den sie kurz nach der Wende auszufüllen hatte, gab sie einfach an, nie mit der Staatssicherheit in Kontakt gestanden zu haben. Danach wurde nie wieder gefragt. So einfach sind allerdings nicht alle Schüler-IMs davon gekommen.

 

Fünf Jahre, von der ersten Idee bis zur Fertigstellung, dauerte ihr Film, erzählt Filmemacherin Annette Baumeister. Die Idee für den Film bekam sie, als ihr ein Freund von den Spitzeln auf dem Schulhof erzählte. Für Frau Baumeister, die in Westdeutschland aufwuchs, war das eine verblüffende, aber auch erschreckende Neuigkeit. Bis dahin hätte die Stasi für sie immer in die Welt der Erwachsenen gehört. Laut ihrer Recherchen schätzt Annette Baumeister, dass im Internat in Wickersdorf etwa die Hälfte der Schüler angesprochen wurde und ungefähr drei bis vier von zwanzig Schülern näher mit dem MfS zu tun hatten. Trotz der folglich hohen Anzahl von potenziellen Interviewpartnern für ihren Film war es für Baumeister sehr mühsam die Schüler-IMs aufzuspüren, zu kontaktieren und sie gar zu einem Interview vor der Kamera zu bewegen. Die meisten haben niemanden von ihrer Vergangenheit erzählt und die Geschehnisse verdrängt. Die meisten sehen sich selber als Täter und nicht als Opfer an, und fühlten sich durch den Anruf der Filmemacherin in die Ecke gedrängt. Oft waren panische oder gar aggressive Reaktionen die Folge. Auch Kerstin Harrabi war zuerst unsicher, alte Erinnerungen kamen wieder hoch, jedoch überzeugte sie schließlich das Konzept des Films. Ihr gefalle, dass der Film nicht wertend sei und allen Seiten Raum gegeben werde, ihre unterschiedlichen Positionen darzustellen. So könne sich der Zuschauer ein eigenes Bild verschaffen.

 

Am Abend zeigte das Bürgerkomitee den Film ein weiteres Mal, diesmal für Schüler und Interessierte. Moderiert wurde die Veranstaltung von Franziska Gottschling, Mitarbeiterin der Gedenkstätte. Auch hier fragten sich die Besucher wieder, unter welchen Widrigkeiten der Film zu Stande kam. So war es unter anderem ein Problem, dass Frau Baumeister nur sehr mühselig Akteneinsicht bekam, da die meisten Betroffenen während ihrer Tätigkeit unter 18 Jahre alt waren. So musste sie von jedem Betroffenem einzeln das Einverständnis einholen. Interessanterweise hatte Frau Baumeister jedoch bei einem Führungsoffizier von jugendlichen IMs Glück, dieser hatte keine Probleme sich mitzuteilen und zusammen zu arbeiten. Dies sei wohl dem Umstand geschuldet, dass die „Generation Stasi“ langsam ausstirbt und alt wird, weswegen sie sich noch einmal versuchen zu erklären, so Baumeister.

 

Während ihrer Arbeit wurde Frau Baumeister auch immer wieder die perfide Art der Staatssicherheit bewusst. Sie pickten immer die Schwächeren raus und setzten diese immer weiter unter Druck, so dass diese keinen anderen Ausweg mehr sahen, als Nachzugeben. Die Folgen waren oftmals schwere Traumata der Jugendlichen, was man besonders an dem Fall von Marko Hermesdörfer sehen konnte.

 

Diese Traumata zeigten sich Frau Baumeister auch immer wieder in Gesprächen mit Zeitzeugin, die immer noch eine schwere Last mit sich herumtragen und noch immer so traumatisiert sind, dass sie nicht zum Fernsehen, sondern in eine Behandlung gehen sollten. Ein Hauptproblem dieser Menschen war die Selbstreflexion. Sie sahen sich als Täter fühlten sich aber auch zu Recht als Opfer und konnten damit nicht umgehen.

 

Ein besonderer Aspekt, der aus dem Publikum angesprochen wurde, ist die Aufarbeitung und die Rolle von Margot Honecker. Frau Honecker hätte laut Annette Baumeister mit einer Unterschrift die Stasi aus den Schulen holen können. Sie tat es aber nicht und wohl im vollen Bewusstsein ihrer Tat. Heute jedoch behauptet sie, sie hätte von nichts gewusst, darin zeigen sich auch wieder die Ignoranz und der Hohn des alten Regimes. Ein weiteres Problem ist die fehlende Aufarbeitung, so wurden zwar die Rektoren entlassen, doch nur durch ihre Konrektoren ersetzt. Dieser alte Geist offenbarte sich unter anderem für Annette Baumeister darin, dass die ehemalige EOS Friedrich-Engels in Dresden eine Aufnahmegenehmigung für sie verweigert und sich diese stattdessen durch das Kultusministerium klagen musste.

 

Zum Schluss kritisierte Frau Baumeister die Stichtagregelung des Stasi-Unterlagen Gesetzes. Die ehemaligen Schüler-IMs würden mit ihren 18 Geburtstag automatisch zum Täter, dabei wird ihre Biografie vollkommen außer Acht gelassen. Dies führt zum Beispiel dazu, dass Frau Harrabi 140 Euro zahlen müsste, um ihre Akten einzusehen, obwohl sie eigentlich ein Opfer des Staates ist, der niemals Kinder verpflichten dürfte. Das Gesetz müsse geändert werden um Gerechtigkeit herzustellen, so Frau Baumeister. Sie hoffe, dass dieser Film ein Stück weit dazu beigetragen habe.

 

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AUS DEM GÄSTEBUCH

 

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Mehrere tausend Menschen besuchen monatlich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker. Manche leben in Leipzig und kommen – häufig mit Gästen – immer wieder in die Ausstellung. Andere kommen von weit her zu Besuch in die Stadt und wollen hier sehen, wo und wie vormals das berüchtigte Ministerium für Staatssicherheit arbeitete.

Viele unserer Besucher hinterlassen eine Notiz im Gästebuch und schreiben hier ihre Eindrücke nieder, die sie in der Gedenkstätte gesammelt haben. Unter dieser Rubrik wollen wir monatlich einige dieser Einträge an Sie weitergeben.

 

EINTRÄGE AUS DER DAUERAUSSTELLUNG „STASI - MACHT UND BANALITÄT“

„Sehr interessante Ausstellung, die allerdings besser beworben werden müsste! Auch wir haben nicht gedacht hier so viele Dinge zu sehen, da eine Leipzigerin uns sagte ‚Hier sind eh nur 8 Plakate’“

(Besucher am 02.05.2012)

 

„Eine äußerst wichtige Aufgabe, die Erinnerung an Diktatur, Schreckensherrschaft und Unrecht aufrecht zu erhalten. Danke für diese gelungene Ausstellung!“

(Besucher im April 2012)

 

„Hoffentlich bleibt dieses Museum erhalten. Jeder sollte es sich mal ansehen, um nicht zu vergessen, wie es mal war.“

(Besucher am 18.04.2012)

 

 

„Thank you for keeping this museum open and free – such a poignant presentation of a terrifying and sad time in German history. Nie wieder!“

(Besucher aus England, am 30.04.2012)

 

 

EINTRÄGE AUS DER SONDERAUSSTELLUNG „LEIPZIG AUF DEM WEG ZUR FRIEDLICHEN REVOLUTION“

 

„Sehr berührend – Kompliment für diese detailreiche Ausstellung! Es sollte eine Kopie davon in Berlin geben. Der ‚Originalschauplatz der Beklemmung’ in diesem Stasi-Saal ist natürlich ein trefflicher Ort. Vielleicht ließe sich als ‚Gegenpol’ ja tatsächlich in Berlin ein Gebäude finden – z.B. Dreilinden.“

(Besucher aus Berlin-Kladow am 02.04.2012)

 

 

„Anregend für den Geist, berührend für die Seele – eine wichtige Ausstellung zu Ereignissen, die man niemals vergessen darf. Dazu die beklemmende Atmosphäre der DDR-Stasi-Tristesse. Ein Glück, dass dies Geschichte ist. Dank an die Macher.“

(Besucher aus Berlin-Charlottenburg am 04.04.2012)

 

„Es war für mich interessant, die ganze Geschichte zu erfahren!“

(Besucherin, 14 Jahre, im April 2012)

 

„Eine hochinteressante Ausstellung, die uns sehr beeindruckt hat. Respekt den vielen Leipziger Bürgern.“

(Besucher aus Karlsruhe am 15.04.2012)

 

 


 



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