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Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

 

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass die Sonderausstellung „Die Friedliche Revolution in Leipzig“ nun als Wanderausstellung auf Reisen geht! Vom 29. August bis zum 27. September 2012 wird die Schau im Sächsischen Landtag in Dresden zu sehen sein. Wir laden Sie herzlich ein an der feierlichen Eröffnung teilzunehmen. Weitere Informationen finden Sie unter der Rubrik „Wir laden ein“.

 

Ein weniger erfreulicher Grund für eine Veranstaltung ist der 73. Jahrestag des so genannten Hitler-Stalin-Paktes am 23. August 2012, der seit 2009 auch europäischer Gedenktag für die Opfer totalitärer und autoritärer Regime ist. Aus diesem Anlass stellt das Bürgerkomitee das Buch „Todfeinde – Komplizen – Kriegsbrandstifter. Der Hitler-Stalin-Pakt und die Folgen“ von Richard Buchner vor.

Das Museum im Stasi-Bunker bei Machern öffnet am letzten Wochenende des Monats, am 25. und 26. August, jeweils von 13.00 bis 16.00 Uhr. Das Bürgerkomitee Leipzig e.V. bietet ständig Führungen durch die unterirdische Bunkeranlage an. An beiden Tagen können Schüler und Schülerinnen mit einem Ferienpass gegen Abgabe des Abschnittes den Bunker kostenlos besichtigen.

 

Wir freuen uns auf Ihren Besuch und wünschen Ihnen eine interessante Lektüre unseres Newsletters.

 

Ihr Bürgerkomitee Leipzig

 

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INHALT

Wir laden ein

Aus der Arbeit der Gedenkstätte

Rückblick

Aus dem Gästebuch

 

 

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WIR LADEN EIN

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23. AUGUST 2012, 19.00 UHR, KINOSAAL: „TODFEINDE – KOMPLIZEN – KRIEGSBRANDSTIFTER. DER HITLER-STALIN-PAKT UND DIE FOLGEN.“

BUCHVORSTELLUNG MIT DEM AUTOR RICHARD BUCHNER.

Am 23. August 1939 wurde der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt unterzeichnet. In einem geheimen Zusatz-protokoll wurden die jeweiligen „Interessenssphären“ festgelegt und unter anderem das polnische Staatsgebiet aufgeteilt. Neun Tage später begann mit dem deutschen Überfall auf Polen die größte Tragödie Europas des 20. Jahrhunderts, der Zweite Weltkrieg. Am 17. September 1939 überfiel die Rote Armee ihrerseits Polen. 1941 griff Deutschland die Sowjetunion an.

 

Die wahren Hintergründe des Paktes waren in der DDR tabu. Als die sowjetische Zeitschrift „Sputnik“ im Oktober 1988 darüber berichtete, ließ der Staats- und Parteichef Erich Honecker deren Verbreitung verbieten.

 

Im April 2009 erklärte das EU-Parlament den 23. August zum „Europäischen Gedenktag an die Opfer von Stalinismus und Nazismus“, um dem Gedenken an alle totalitären Regime einen Raum zu geben, ohne die Systeme gleichzusetzen oder die Unvergleichbarkeit des Naziterrors zu leugnen.

 

In seinem Buch „Todfeinde – Komplizen – Kriegsbrandstifter. Der Hitler-Stalin-Pakt und die Folgen“ untersucht Autor Richard Buchner die Motive der stalinistischen Führungsclique beim Abschluss der insgesamt drei Hitler-Stalin-Pakte 1939 und 1940. Sowohl bekannte als auch erst jetzt in den Geheimarchiven nachweisbare Tatsachen fügen sich dabei zu einem düsteren Bild – Abgründe menschlichen Größenwahns und krimineller Energie beider Seiten eingeschlossen.

 

 

Es diskutieren:

Dr. Richard Buchner, Historiker und Autor des Buches

Dr. Klaus-Dieter Müller, Stiftung Sächsische Gedenkstätten

 

Moderation:

Dr. Gerald Diesener, Leipziger Universitätsverlag

 

In Kooperation mit dem Leipziger Universitätsverlag

 

 

25. & 26. AUGUST 2012, 13.00 bis 16.00 UHR MUSEUM IM STASI-BUNKER IN MACHERN GEÖFFNET – FÜR FERIENPASSINHABER KOSTENLOS

Das Bürgerkomitee Leipzig e.V. bietet am Samstag und Sonntag, den 25.08. und 26.08.2012, jeweils von 13.00 – 16.00 Uhr ständig Führungen durch die unterirdische Bunkeranlage an. An beiden Tagen können Schüler und Schülerinnen mit einem Ferienpass gegen Abgabe des Abschnittes den Bunker kostenlos besichtigen. Für Besucher ohne Ferienpass beträgt der Preis 3,00 Euro, Ermäßigungsberechtigte zahlen 2,00 Euro. Trotz der voraussichtlich hochsommerlichen Temperaturen sollten die Besucher daran denken, dass die Temperatur im Bunker selbst konstant 10 – 15 °C beträgt.

 

Die geheime Ausweichführungsstelle sollte im Ernstfall vom Führungsstab der Leipziger Staatssicherheit belegt werden. Inmitten des Naherholungsgebietes „Lübschützer Teiche“, etwa 30 km östlich von Leipzig, befindet sich der ehemalige Stasi-Bunker. Landschaftlich idyllisch gelegen, wurde das Bunkergelände als Ferienobjekt der Wasserwerke getarnt. Bungalows am Rande eines Waldgrundstücks täuschten über den unterirdischen Komplex hinweg, den die Leipziger Stasi hier heimlich anlegte, um auch im Falle eines Krieges ihren Macht- und Kontrollanspruch zu behalten.

 

Der Macherner Bunker war nur dem Leiter der Leipziger Bezirksverwaltung und seinem unmittelbaren Mitarbeiterstab, bestehend aus etwa 100 Hauptamtlichen, vorbehalten. Wie ausufernd die gesamte Ernstfallplanung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) letztendlich war, wird den Besuchern während der über 1-stündigen Führung durch das Museum erläutert. Neben den Informationen zur Baugeschichte sowie interessanten Details zur Versorgungs- und Nachrichtentechnik erfährt der Besucher welche umfangreichen Tätigkeiten die Staatssicherheit für den Ernstfall plante, die bis zur Errichtung von Isolierungslagern für Regimegegner reichten. Darüber hinaus erfahren die Besucher etwas über die politischen Hintergründe, die mit dem Bunkerbau einhergingen.

 

Das Museum im Stasi-Bunker ist heute die einzige erhaltene Ausweichführungsstelle der Stasi mit fast vollständig erhaltener Originaleinrichtung und verdeutlicht die ausufernde Ernstfallplanung der Staatssicherheit. Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ als ehemaliger Sitz der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit und das Museum im Stasi-Bunker bei Machern bilden eine bundesweit einmalige Gedenkstättenkombination.

 

Die Initiative des Macherner Pfarrers Gottfried Süß führte im Dezember 1989 zur Entdeckung des ehemaligen Stasi-Bunkers. Die gerade erst gebildeten Bürgerkomitees aus Leipzig und Wurzen setzten sich frühzeitig für den Erhalt dieser Anlage als Gedenkstätte ein. 1996 wurde der Bunker dann erstmals als Museum geöffnet und kann seitdem regelmäßig besichtigt werden.

 

 

28. AUGUST 2012, 18.00 UHR, SÄCHSISCHER LANDTAG, BERNHARD-VON-LINDENAU-PLATZ 1, 01067 DRESDEN: ERÖFFNUNG DER WANDERAUSSTELLUNG „DIE FRIEDLICHE REVOLUTION IN LEIPZIG“

Siebzigtausend waren es, die am 9. Oktober 1989 auf die Straße gingen, um friedlich gegen die SED-Diktatur und für Freiheit und Gerechtigkeit zu demonstrieren. Dieser Tag war der Wendepunkt auf dem Weg zu einer wirklich Friedlichen Revolution, bei der entscheidende Impulse für Demokratie und Freiheit von Leipzig ausgingen.

 

Mit originalen Flugblättern, Demofotos, Filmen, Plakaten und Dokumenten stellt die Wanderausstellung „Die Friedliche Revolution in Leipzig“ die oppositionellen und bürgerschaftlichen Aktionen vom Herbst 1988 bis zur Wiedervereinigung im Oktober 1990 in den Mittelpunkt, ergänzt durch eine Vielzahl von Dokumenten aus Partei- und Staatsarchiven, welche die letztlich vergeblichen Versuche belegen, die SED-Diktatur zu erhalten.

 

Eingebettet sind die Ereignisse in Leipzig zudem in den Kontext eines friedlichen Umbruchs in Ost-Mitteleuropa und stehen exemplarisch für die Entwicklungen in ganz Deutschland. Damit präsentiert das Bürgerkomitee Leipzig e. V., das direkt aus der Friedlichen Revolution hervorging und heute das Museum in der „Runden Ecke“ betreibt, eine der wichtigsten Epochen der jüngeren deutschen Geschichte und lädt zu spannenden neuen Entdeckungen ein.

 

Zur Eröffnung der Ausstellung laden der Sächsische Landtag und das Bürgerkomitee Leipzig e.V. herzlich ein!

 

Begrüßung:

Andrea Dombois, 1. Vizepräsidentin des Sächsischen Landtags;

Prof. Dr. Dr. Sabine von Schorlemer, Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst des Freistaates Sachsen

 

Einführung zur Ausstellung:

Tobias Hollitzer, Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“

 

Musikalische Umrahmung:

Antonia Hausmann, Posaune

Wencke Wollny, Tenorsaxophon

 

Im Anschluss laden wir zu einem ersten Rundgang durch die Ausstellung ein. Weitere Informationen auch zum Begleitprogramm erhalten Sie im Museum in der „Runden Ecke“ unter: 0341/961 2443 oder mail@runde-ecke-leipzig.de

 

Die Ausstellung wird im 1. Obergeschoss des Bürgerfoyers eröffnet.

 

Adresse:

Sächsischer Landtag

Bernhard-von-Lindenau-Platz 1

01067 Dresden

 

Laufzeit: 29.08. bis 27.09.2012

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10.00 bis 18.00 Uhr

Sa, So 10.00 bis 16.00 Uhr

 

Im Begleitprogramm greift das Bürgerkomitee verschiedene Aspekte der Friedlichen Revolution auf, von der kirchlichen Friedensbewegung und dem „Tag der Entscheidung“, über das Ringen um einen sächsischen Freistaat und die eigene Aufarbeitung der Bürgerbewegung. Das Programm finden Sie ab Mitte August online unter: www.runde-ecke-leipzig.de

 

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Aus der Arbeit der Gedenkstätte

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4. JULI 2012, 10.00 UHR: EUROPÄISCHES KULTURERBESIEGEL IM MUSEUM IM STASI-BUNKER IN MACHERN EINGEWEIHT

Nach der feierlichen Einweihung im März im Museum in der „Runden Ecke“ bekam auch das Museum im Stasi-Bunker als Teil der Gedenkstätte das Kulturerbesiegel verliehen. Der Landrat des Leipziger Landes Dr. Gerhard Gey, der Macherner Bürgermeister Frank Lange und der Sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Lutz Rathenow enthüllten gemeinsam mit dem Leiter der Gedenkstätte Tobias Hollitzer die blau emaillierte Plakette am Macherner Museum.

 

Mit dem Siegel erinnert die Europäische Union an wichtige Stätten europäischer Geschichte und Identitäten. Seit Januar 2011 beteiligt sich Deutschland mit den „Stätten der Reformation“ unter der Ägide der Stiftungen „Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt“ und dem „Eisernen Vorhang“ unter Leitung der Stiftung Berliner Mauer. Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker begrüßt es sehr, zusammen mit der Nikolaikirche und dem Leipziger Innenstadtring als eine authentische Stätte des „Eisernen Vorhangs“ in das Kulturerbe aufgenommen worden zu sein.

 

Die ehemalige Ausweichführungsstelle des Leipziger Stasi-Chefs wurde im Dezember 1989 entdeckt und gehört seit 1996 offiziell zur Gedenkstätte. Seine Hochachtung vor der bisherigen Arbeit des Bürgerkomitees drückte der Bürgermeister der Gemeinde Machern Frank Lange aus und lobte die Macherner Bürger, die die Ersten waren, die „sich in die Höhle des Löwen wagten und sich dort informierten“. Wie wichtig es sei, die Erinnerung an die SED-Diktatur wach zu halten, damit „das nie wieder passiert“, betonte der Landrat des Leipziger Landes Dr. Gerhard Gey und lobte das Engagement des Bürgerkomitees. Er hoffe, dass das Museum besonders für junge Leute eine wichtige Stätte der Auseinandersetzung mit Geschichte bleibe, so Gey.

 

Der Sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Lutz Rathenow bemerkte den Reiz dieses „durchgruselten Ortes“, dessen Krisenplanung letztlich nie historische Wirklichkeit wurde, sondern glücklicherweise Theorie blieb. Ein Kriegsfall sei schließlich nie eingetreten. Aber der Aspekt der DDR als „Möglichkeitsdiktatur“ werde verdeutlicht. Nutzen könne man das Museum im Stasi-Bunker dafür umso besser für eine geschichtliche Vergewisserungsarbeit, die den Sinn für Demokratie festige, bekräftigte Rathenow.

 

Die Auszeichnung sei Ehrung und Verpflichtung zugleich, betonte der Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. „Ich wünsche mir, dass die Chance, die in dieser Auszeichnung liegt, sowohl im Landkreis als auch innerhalb der Gemeinde Machern, die das Museum im Stasi-Bunker beide unterstützen, wahrgenommen wird“, so Hollitzer weiter. Ein weiterer ebenso wichtiger Punkt sei die Vernetzung der insgesamt zwölf ausgezeichneten Stätten des „Eisernen Vorhangs“, um die Werte von Freiheit und Demokratie angesichts der tragischen Erfahrung von Mauer und Stacheldraht zu stärken. Im Netzwerk „Eiserner Vorhang“ ist Leipzig der einzige der ausgewählten Orte, der nicht an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze liegt. Hier manifestieren sich gleichermaßen die kommunistische Diktatur und deren friedliche Überwindung.

 

Das Museum im Stasi-Bunker ist heute die einzige erhaltene Ausweichführungsstelle der Stasi mit fast vollständig erhaltener Originaleinrichtung und befindet sich in Trägerschaft des Bürgerkomitee Leipzig e.V. Der gemeinnützige Verein betreibt mit den Einrichtungen in Leipzig – der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ - und in Machern – dem Museum im Stasi-Bunker - eine bundesweit einmalige Gedenkstättenkombination aus ehemaliger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit und der dazugehörigen Ausweichführungsstelle.

 

Bereits bei der Verleihung des europäischen Kulturerbesiegels an die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ in Leipzig konstatierte die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Sabine von Schorlemer, dass es in Zukunft mit derlei Initiativen wichtig sei, besonders der jungen Generation die Ereignisse des Herbstes ´89 näher zu bringen und die Erinnerung daran wach zu halten. Mit der Würdigung der einmaligen Gedenkstättenkombination aus ehemaliger Friedens- und Kriegsbezirksverwaltung wird so auch im europäischen Kontext deutlich gemacht, dass die Demokratisierung und der Kampf für Freiheit eine zentrale Voraussetzung für den friedlichen Fall der Mauer und die Deutsche Einheit waren.

 

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RÜCKBLICK

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11. JULI 2012, 19.00 UHR, STASI-KINOSAAL: „STADTFUNK LEIPZIG“, VON SYLVIA ROHR, EINE VERANSTALTUNG ZUM HÖRSPIELSOMMER - FEATURE UND GESPRÄCH

Mit dem Aufruf der Leipziger Sechs „zur Besonnenheit für einen friedlichen Dialog“, verlesen von Kurt Masur am 9. Oktober 1989, ist der Stadtfunk vielen Leipzigern bis heute in Erinnerung. Zu fast allen politischen und sportlichen Höhepunkten wurden Sondersendungen ausgestrahlt, aber auch die alltäglichen Informationen der Stadt Leipzig liefen über die Tonsäulen an den Straßenbahnhaltestellen. Im Rahmenprogramm des 10. Leipziger Hörspielsommers ging das Bürgerkomitee Leipzig e.V. mit dem Feature „Stadtfunk Leipzig“ von Sylvia Rohr dem letzten Medium seiner Art auf den Grund. Beim anschließenden Gespräch diskutierten die Autorin Sylvia Rohr und Reinhard Bohse, der nach 1990 Pressesprecher der Stadt Leipzig war und somit Verantwortlicher des Stadtfunkes.

 

Das Hörspiel lässt die Geschichte des Stadtfunkes mit Zeitzeugeninterviews und Originalaufnahmen Revue passieren. Ersonnen nach dem Zweiten Weltkrieg von der Sowjetischen Besatzungsmacht, „zum Zwecke einer rechtzeitigen und regelmäßigen Versorgung mit politischer Information“, war der Stadtfunk von Anfang an ein Propagandaorgan und blieb es auch bis zum Ende der DDR.

 

Über Tonsäulen, die im gesamten Stadtbereich installiert wurden, vornehmlich an Straßenbahnhaltestellen, wurden in regelmäßigen Abständen über die Geschehnisse der Stadt und der DDR berichtet. So auch über den als „faschistischen Putschversuch“ diffamierten Volksaufstand vom 17. Juni 1953 mit einem Bericht vom Schauprozess gegen Gerda Schiffel, eine friedliche Demonstrantin. Diese Dauerbeschallung stieß bei den meisten Leipzigern auf Ablehnung, einzige Ausnahme bildete die Live-Übertragung der Friedensfahrt in den 1950er Jahren, als sich die Leute zu Hunderten um die Tonsäulen drängten, und die Informationen zur Leipziger Frühjahrs- und Herbstmesse.

 

Aber vor allem für Personen, die direkt neben einer Säule wohnten, war der Stadtfunk ein Ärgernis. So ist ein Brief einer Pianistin an die Stadtverwaltung überliefert. Sie fordert darin das Einstellen des Stadtfunkes, da es zwar ganz richtig sei, dass politische Arbeit geleistet werden müsste, aber die Stadt das Maß verlieren und der Stadtfunk somit keinen erreichen würde. Solche kritischen Stimmen sind aber eher selten in den Archiven dokumentiert.

 

In die Geschichte ging der Stadtfunk mit dem Aufruf der „Leipziger Sechs“ verlesen von Kurt Masur im Vorfeld der Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 ein, in dem zur Besonnenheit aufgerufen wurde und der zu einem friedlichen Ausgang des Tages und damit der ganzen Revolution beigetragen hat. 70.000 Menschen waren damals auf der Straße und demonstrierten friedlich für Demokratie. In dem Feature nahm der 9. Oktober und die Friedliche Revolution selbst aber eine untergeordnete Rolle ein, da alle Aspekte des Stadtfunkes beleuchtet werden sollten, auch dessen Werdegang nach 1989. Zuerst wollte die Stadt den Stadtfunk einstellen, doch die Leipziger hatten inzwischen „die Tonsäulen in ihr Herz geschlossen“, nicht zuletzt wegen ihrer Einzigartigkeit. Bis 1998 wurde noch gesendet.

 

Nach dem Feature fanden Sylvia Rohr, die das Projekt als Teil ihrer Masterarbeit realisiert hat, und Reinhard Bohse, Nach 1990 Sprecher der Stadt und damit zeitweise Verantwortlicher des Stadtfunkes unter der Moderation von Radio Blau Redakteur Lars Tuncay zusammen.

 

Herr Bohse zeigte, dass er kein Fan des Stadtfunkes ist und schon zu DDR-Zeiten ziemlich genervt war, sowohl von der Lautstärke als auch vom Inhalt. Wäre es also in seiner Zeit als Pressesprecher der Stadt nach der Friedlichen Revolution nach ihm gegangen, hätte man den Betrieb sofort eingestellt. Von Kollegen und den Meinungen im Stadtrat ließ er sich jedoch überzeugen, es damit noch einmal zu versuchen. „Der Versuch zeigte letztlich jedoch, dass es eben kein modernes Medium mehr war“, so Bohse. Die Sendungen liefen bis Ende 1994 unter der Ägide der Stadt, danach übernahmen die Redakteure von Radio Leipzig das Mikrophon, weil die Stadtverwaltung aus Gründen der Neutralität kein Radio betreiben durfte. 1998 wurde der Betrieb eingestellt, auch weil niemand das Geld aufbringen, um die maroden Säulen zu renovieren.

 

Auf ihre Motivation für dieses doch ungewöhnliche Projekt angesprochen, entgegnete Frau Rohr, dass vor dem Haus ihrer Großeltern eine Stadtfunksäule gestanden hätte, und sie sich immer gefragt hat: „Was war dieser ‚Stadtfunk’ eigentlich?“ Im Zuge ihrer Masterarbeit kam sie so schnell auf die Idee sich dem Stadtfunk zu widmen. Da man im Internet sehr wenig über den Stadtfunk findet, recherchierte Silvia Rohr in Archiven, machte alte Mitarbeiter ausfindig, führte lange Interviews und profitierte von altem Sendungsmaterial.

 

Gelungen sei ihr ein facettenreiches Bild des Stadtfunks, so die einhellige Meinung von Podium und Publikum. Die Frage, ob das Feature noch woanders gesendet würde, musste Silvia Rohr verneinen. Da die Rechte zu einzelnen Tonaufnahmen nicht geklärt seien, bleibt es erst einmal „nur“ eine Masterarbeit, aber eine sehr hörenswerte.

 

 

17. JULI 2012, 20.00 UHR, STASI-KINOSAAL: „GELENKTER DDR-SPORT? LEIPZIGER FUSSBALL ZWISCHEN MEISTERSCHAFT UND SCHAND-ELFMETER“

PODIUMSDISKUSSION

Fußball war der Volksport Nummer Eins in der DDR und gab sich vermeintlich unpolitisch. Doch auch hier zeigte sich immer wieder das Primat der Politik. Wie und vor allem wie weit das SED-Regime auf den Fußball Einfluss nahm, wollte das Bürgerkomitee in Kooperation mit dem NETZwerk „blau-gelb“ e.V. und dem Fanprojekt Leipzig in einer Veranstaltung zum Leipziger Fußball klären. Auf dem Podium saßen Dr. Hanns Leske, Politikwissenschaftler, Frank Willmann, Journalist und Fußball-Fan, und Frank Baum, ehemaliger DDR-Nationalspieler. Dieses für die Runde Ecke ungewöhnliche Thema erfreute sich regen Interesses und zog ein junges Publikum größtenteils zum ersten Mal ins Stasi-Museum.

 

In seinem Einführungsvortrag ging Leske auf die Geschichte des Fußballs in der DDR ein. Anfangs orientierte man sich strukturell an dem sowjetischen Modell mit an den Betrieben oder bewaffneten Organen angeschlossenen Mannschaften, (Betriebssportgemeinschaften, BSG). Als sich der erhoffte Erfolg aber nicht einstellte, gründete man in jedem Bezirk einen Sportclub (SC), der die besten Spieler des jeweiligen Bezirkes vereinen sollte.

 

Der letzte große Schnitt im Fußball war die Gründung der Fußballclubs (FCs) in der Saison 1965/66, sie sollten die Rolle der SCs übernehmen. Diese Mannschaften zeichneten sich durch Privilegien aus, so durften sie zwölf Jugendspieler verpflichten, doppelt so viele wie die BSGs. Auch musste man, um Nationalspieler zu werden, Angehöriger eines FCs sein, weswegen die Fußballclubs einen ganz klaren Verhandlungsvorteil hatten. Im Generellen blieben diese Strukturen bis zum Ende der DDR bestehen.

 

Der Spitzensport und das „internationale Geschäft“ stellte die SED vor massive Schwierigkeiten. Es kam bei den Spielen zu unerwünschten Westkontakten und es bestand auch immer die Gefahr, dass sich Spieler absetzten könnten. Um dies zu verhindern, wurden alle Spieler und Fans überprüft und auch immer wieder die Ausreise verhindert. Das sei sogar soweit gegangen, dass Sportärzte vorschlugen, Spieler krank zu spritzen, um deren Antreten zu verhindern, berichtete Hanns Leske aus seinen Aktenfunden. Als weitere Maßnahme spannte das MfS ein Netz von Inoffiziellen Mitarbeitern um die Vereine. Laut Leske waren mindestens ein Drittel der Spieler IMs. Beim Berliner Fußballclub (BFC) Dynamo, der Mannschaft der Staatssicherheit, hatten sich zwischenzeitlich sogar alle Spieler bis auf zwei dem MfS verpflichtet. Fußballer, die sich nicht auf dieses Spiel aus Misstrauen und Spitzeldiensten einlassen wollten, wurden mit Oberliga-Verboten, was das Karriereaus bedeutete, gefügig gemacht, führte Leske weiter aus.

 

Ein weiteres großes Thema waren die Spielmanipulationen zum Vorteil des übermächtigen BFC Dynamo, der als Stasi-Club über Jahrzehnte bevorzugt wurde. Es gab zwar keine direkten Anweisungen an die Schiedsrichter, die Spiele zugunsten des BFC zu pfeifen, trotzdem entschieden die Unparteiischen im vorauseilenden Gehorsam für den BFC Dynamo.

 

Indirekte Manipulationen bei den Spielertransfers hingegen traten gewollt auf. So gab es eine generelle drei monatige Sperre für Spieler nach Transfers, hiervon ausgenommen waren Transfers zu den Mannschaften der bewaffneten Organe. Dadurch kam es vor, dass Spieler in der Schlussphase der Saison noch schnell zum BFC Dynamo transferiert wurden, um für diesen die Meisterschaft zu sichern.

 

Nach dem Vortrag begann die eigentliche Diskussionsrunde. Frank Willmann, seit DDR-Zeiten ein glühender Fan des FC Carl Zeiss Jena, ergänzte zu den Manipulationen, dass der Schiedsrichter-Obmann der DDR eingetragenes Mitglied des BFC war und er so die Schiedsrichter im Sinne seines Vereins einsetzte. Diese Schiedsrichter seien noch jung und karrierehungrig gewesen und entschieden deswegen im Sinne des MfS, ergänzte Leske. Ein Beispiel sei der so genannte Schand-Elfmeter. In der Saison 1985/86 kam es zu einer meisterschaftsvorentscheidende Partie zwischen dem BFC Dynamo und Lok Leipzig. Lok führte in der kompletten regulären Spielzeit. Doch in der fünften Minute der Nachspielzeit entschied der Schiedsrichter Bernd Stumpf auf Elfmeter für die Berliner und sicherte ihnen so die Meisterschaft. Die Empörung war so groß, dass selbst die SED-Funktionäre des Bezirkes offen von „Schiebung“ sprachen.

 

Frank Baum, ehemaliger Spieler des 1. FC Lok Leipzig, störte sich an den Eingriffen des Verbandes in Transfers. Er wollte selbst einmal nach Jena wechseln, was dann aber in letzter Minute verhindert wurde. Auch als sich der 1. FC Lok Leipzig die Dienste von Thomas Doll, zu diesem Zeitpunkt der vielversprechenste Stürmer der DDR-Oberliga, sichern wollte, griff die Staatsführung ein. Doll ging dann zum BFC Dynamo. Letztlich war es für ihn aber eine Genugtuung zu sehen, dass dieser BFC, der von den Schiedsrichtern bevorzugt wurde und der die besten Transfers tätigen konnte, international nur „durchgereicht“ wurde, während er lediglich nationale Erfolge feiern konnte.

 

Frank Willmann berichtete von den Gängelung und der Bevormundung durch den Staat, die er am eigenen Leib erfahren musste, aus der Fan-Perspektive. So durfte er nicht zu Spielen nach Westdeutschland reisen, da er von der SED-Führung nur als „junger Rabauke“ und damit nicht als linientreu betrachtet wurde. Aber auch bei Spielen mit internationalen Gegnern innerhalb der DDR, trug der paranoide Wahn der Staatssicherheit seine Blüten, warf Leske ein. Karten für diese Spiele wurden nicht in den freien Verkauf gegeben, sondern über die FDJ verteilt um Kontrolle über Besucher und Fans zu haben.

 

Fußball in der DDR war geprägt von Spielmanipulation, panischer Überwachung durch die Stasi und der starken Bevormundung durch die SED. Jedoch, wirft Leske am Schluss ein, habe es in den unteren Ligen einen Fußball und eine Fankultur gegeben, die durchaus mit Westdeutschland vergleichbar war. „Fußball sei manchmal auch ein schmutziges Geschäft, aber eben auch ein schönes“. Hier waren sich der Fußballspieler Baum und der Fußballfan Willmann letztlich einig.

 

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AUS DEM GÄSTEBUCH

 

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Mehrere tausend Menschen besuchen monatlich die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker. Manche leben in Leipzig und kommen – häufig mit Gästen – immer wieder in die Ausstellung. Andere kommen von weit her zu Besuch in die Stadt und wollen hier sehen, wo und wie vormals das berüchtigte Ministerium für Staatssicherheit arbeitete.

Viele unserer Besucher hinterlassen eine Notiz im Gästebuch und schreiben hier ihre Eindrücke nieder, die sie in der Gedenkstätte gesammelt haben. Unter dieser Rubrik wollen wir monatlich einige dieser Einträge an Sie weitergeben.

 

EINTRÄGE AUS DER DAUERAUSSTELLUNG „STASI - MACHT UND BANALITÄT“

„Wir sind froh, dass es diesen Schrecken nun nur noch im Museum zu sehen gibt. Ergreifende Ausstellung!“

(Besucher am 07.07.2012)

 

„Super Ausstellung – bitte noch mehr in die Schulen bringen, um die widerwärtige ‚Ostalgie’ zu bekämpfen!“

(Besucher am 29.06.2012)

 

„Das Museum war super! Ich fand es interessant wie die Menschen damals gelebt haben, wie die Uniform und die Büros waren. Hier in dem Stasi-Museum habe ich was gelernt und das werde ich auch nicht so schnell vergessen! P.S. Das interessanteste war die Geschichte mit dem Postgeheimnis!“

(Jugendliche Besucher am 14.07.2012)

 

„It is so important not to forget! Thanks a lot!!!“

(Besucher aus Dublin am 22.07.2012)

 

 

EINTRÄGE AUS DER SONDERAUSSTELLUNG „LEIPZIG AUF DEM WEG ZUR FRIEDLICHEN REVOLUTION“

„Sehr gute Ausstellung! Sehr bewegend und informativ!“

(Besucher im Juli 2012)

 

„Als eine Lehrerin, dieses Museum ist mir besonders sinnvoll und interessant!“

(Besucher am 25.07.2012)

 

„Bravo! Freedom earned the hard way – by yourselves.“

(Besucher aus San Diego, Kalifornien, im Juli 2012)

 

„Eigentlich ein Muss für jeden Schüler/ jede Schülerin!“

(Besucher im Juli 2012)

 

„Die Ausstellung hat sehr gut informiert und mich tief getroffen.“

(Besucher im Juli 2012)

 

 


 



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Die Arbeit des Bürgerkomitees wird gefördert durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien auf der Grundlage eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst sowie durch die Stadt Leipzig und den Kulturraums Leipziger Raum.

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Bürgerkomitee Leipzig e.V.
für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS)
Träger der Gedenkstätte
Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker
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