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Inventar-Nr: 06850
Objekt: Transparent


Transparent "Regierung Modrow! Wir fordern: Weg mit der ExStasi-Schweigepflicht!"

Das weiße Stofftransparent mit der schwarzen und teilweise rot unterstrichenen vierzeiligen Aufschrift "Regierung Modrow Wir fordern: Weg mit der ExStasi-Schweigepflicht!" wurde im Februar 1990 vom Bürgerkomitee Leipzig angefertigt. Es entstand nach Bekanntwerden des Ministerratsbeschlusses vom 8. Februar 1990, der die Bildung eines staatlichen Komitees zur Auflösung des ehemaligen Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) vorsah. Die auf dem Transparent gestellte Forderung des Bürgerkomitees richtete sich vor allem gegen die Anlage 4 dieses Beschlusses, welche die Frage der weiteren Schweigeverpflichtung der ehemaligen MfS-Mitarbeiter regelte. Diese, wie auch andere Passagen des Beschlusses, entsprachen in keiner Weise den Vorstellungen des Leipziger Bürgerkomitees. Daher reichte es einen Änderungsvorschlag ein - den man an den "Zentralen Runden Tisch" und den Ministerpräsidenten Hans Modrow schickte - der die weitere Beteiligung des Bürgerkomitees an der Auflösung und der Aufarbeitung der Strukturen und Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sicherstellen sollte. Auch wenn die Schweigepflicht der hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter nur im begrenzten Maße und gegenüber dem Bürgerkomitee überhaupt nicht aufgehoben wurde - der eingesetzte Militärstaatsanwalt legitimierte im Rahmen der bestehenden Sicherheitspartnerschaft die weiteren Untersuchungen des Bürgerkomitees. Es war damit berechtigt auch weiterhin Einsicht in Stasi-Unterlagen zu nehmen. Offizell von der Schweigepflicht entbunden wurden per Ministerratsbeschluss vom 8. März 1990 nur die ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) des MfS.

Auf Druck der Bürgerkomitees und des Widerstandes aus der Bevölkerung konnte der angestrebte Plan der Regierung Modrow, das AfNS aufzulösen und stattdessen ein Amt für Verfassungsschutz aufzubauen nicht mehr umgesetzt werden. Auf Drängen des "Runden Tisches" wird stattdessen auf Ministerratsbeschluss ein staatliches Auflösungskomitee gebildet, das als Nachlassverwalter die praktische Abwicklung des MfS/AfNS leiten sollte. Fast die Hälfte der Mitarbeiter des Komitees waren ehemalige MfS-Mitarbeiter, was zu Auseinandersetzungen führte, da die Bürgerkomitees die MfS-Auflösung nicht diesem selber überlassen wollten. In jedem Bezirk der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurden Bezirksarbeitsstäbe des Komitees gegründet. Unter deren Obhut sollte alles aufgefundene Stasi-Schriftgut unter Kontrolle der Bürgerkomitees in "Bezirksdepots" gesichert werden. Nach der ersten freien Volkskammerwahl in der DDR am 18. März 1990 wurde das Komitee dem neu gewählten Innenminister Peter-Michael Diestel unterstellt. Obwohl die Aktenvernichtung bereits seit Dezember 1989 durch den mutigen Einsatz der eilig gegründeten Bürgerkomitees größtenteils gestoppt werden konnte wurden mit Kenntnis von Diestel trotzdem auch weiterhin Stasi-Akten vernichtet. So wies z.B. der damalige Leiter des Komitees zur Auflösung des AfNS, Günter Eichhorn, den Bezirksarbeitsstab Leipzig an, Akten und Dokumente der Abteilung XV (Aufklärung) nach Berlin zu überführen, um sie dort zu vernichten. Das Bürgerkomitee Leipzig verweigerte jedoch die Herausgabe, unter anderem auch aufgrund fehlender rechtlicher Grundlage für diese Aktenvernichtung.


Sammlung: Transparente
Datierung: ab 08.02.1990
Hersteller: Bürgerkomitee Leipzig
Maße: Länge: 130 cm; Breite: 160 cm
Material: Baumwolle
Farbe: Aufschrift: rot, schwarz,
Tuch: weiß
Verwendung: Filmaufnahme, Protest und Demonstrationen




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ausgedruckt am 28.03.2024