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Inventar-Nr: 11825
Objekt: Shirt


T-Shirt "Verdienter Aktivist"

Bei dem schwarzen T-Shirt mit der gelben Aufschrift "VERDIENTER AKTIVIST" handelt es sich um ein Produkt, das im Zuge der so genannten "Ostalgie-Welle" hergestellt wurde. In ironischer Weise wird auf den Ehrentitel "Verdienter Aktivist" Bezug genommen, mit dem in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Werktätige ausgezeichnet wurden, "die über einen längeren Zeitraum durch ihre hervorragende Tätigkeit in sozialistischen Betrieben die Einführung und Ausnutzung der modernen Technik und Technologie und die Durchsetzung der sozialistischen Arbeitsorganisation förderten, erprobte Neuerermethoden anwandten und im sozialistischen Wettbewerb hohe Leistungen erzielten, die zu einem schnelleren Wachstum der Arbeitsproduktivität beitrugen." Zum Titel gehörten eine Medaille, eine Urkunde und eine Prämie. Die gelb und rot dargestellten Symbole auf dem Shirt stehen in dieser Zusammenstellung hingegen in keiner direkten Verbindung zu dem Ehrentitel - sie sind in dieser Form auch nicht auf der Medaille abgebildet. Jedoch gehörten sie zum umfangreichen Bilderkanon der sozialistischen Heilslehre. So steht der fünfstrahlige, rote Stern für die Oktoberrevolution und die daraus entstandene Sowjetunion, Hammer und Sichel als Bestandteile des DDR-Staatswappens symbolisieren die Arbeiterschaft und die Intelligenz, der Zahnkranz steht sinnbildlich für die Werktätigen und die voll entwickelte Industrie - sozialistischer Prägung. In der DDR sollte mit der Verleihung derartiger Auszeichnungen die Legitimität des Staates befördert werden. Die von der SED und dem FDGB propagandistisch initiierte Aktivisten- und Wettbewerbsbewegung diente dazu, die Arbeitsleistung einzelner Werktätiger zur Norm werden zu lassen und somit die Arbeitsproduktivität zu erhöhen. Gleichzeitig beabsichtigte die SED mit der Aktivistenbewegung aber auch, die Gleichschaltung der Gewerkschaften voranzutreiben. Vergleichbare Ehrentitel für Verdienste in der Volkswirtschaft und der Anerkennung hoher Arbeitsergebnisse waren beispielsweise die Auszeichnungen "Aktivist der sozialistischen Arbeit" und "Kollektiv der sozialistischen Arbeit", die Ehrentafel "Betrieb der ausgezeichneten Qualitätsarbeit" oder als besonders hohe Auszeichnung der Orden "Banner der Arbeit". Indem die Arbeitskraft und Leistung des Einzelnen in speziellen Zeremonien geehrt wurden, verstärkte sich der Mythos vom "besseren Deutschland", für das es sich zu engagieren lohne. Die heutige Verwendung des Ehrentitels "Verdienter Aktivist" erhöht aber die Gefahr einer bewussten Verdrängung des hierarchisch und autoritär agierenden "Wohlfahrtsstaates" DDR und verstärkt die sozialromantisierende Sichtweise auf die Arbeitswelt der DDR.

Der Trend zur Verklärung der DDR hat seit den 1990er Jahren inzwischen fast alle Bereiche des Alltags erreicht: FDJ-Blusen und sonstige Kleidungsstücke sowie unzählige verschiedene Gegenstände mit DDR-Emblemen sind groß in Mode, das MfS-Emblem prangt auf Zollstöcken und Feuerzeugen, einstige Lieder der Pioniere und der Kampfgruppen werden neu aufgenommen und auf CD gebrannt. Es scheint fast so, als sei die DDR heute zum Kultobjekt geworden. Völlig unreflektiert werden in Geschäften und Online-Läden außer den "typischen" Ostprodukten - die im real existierenden Sozialismus zumeist eigentlich keiner kaufen wollte - auch DDR-Symbole angeboten, deren Bedeutung für die Machtausübung des SED-Staates standen (vgl. alle "Ostalgie-Produkte").


Sammlung: Bekleidung und Accessoires
Datierung: 2000er Jahre
Hersteller: unbekannt
Maße: Breite: 50 cm; Länge: 73 cm
Material: Baumwolle
Farbe: Tuch: schwarz,
Aufdruck: gelb, rot
Verwendung: Bekleidung, Ostalgie




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ausgedruckt am 28.03.2024