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Inventar-Nr: 13761
Objekt: Aufnäher


Aufnäher "Schwerter zu Pflugscharen"

Diesen Aufnäher aus Vliessstoff trugen vor allem junge Christen und Friedensaktivisten in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an Jacken und Mänteln und setzten so ein deutliches Signal gegen die wachsende Militarisierung. Als Vorlage für den Aufdruck diente eine Plastik des sowjetischen Bildhauers Jewgenij Wutschetitsch, welche die Sowjetunion der UNO gestiftet hatte und die sich auf ein Bibelwort des Propheten Micha bezog. Allein das öffentliche Tragen dieses Symbols konnte das Ende des Abiturs oder des Studiums bedeuten. Die im kirchlichen Rahmen produzierten Aufnäher erlangten eine hohe Popularität. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil sie den Unwillen des SED-Regimes hervorriefen (vgl. einen weiteren Textildruck mit dem Friedenssymbol).

Auf das atomare Wettrüsten reagierte die Evangelische Kirche in der DDR ab 1980 mit jährlichen Friedensdekaden im November. Unter dem Symbol "Schwerter zu Pflugscharen" entwickelte sich eine unabhängige Friedensbewegung. Dies empfand der Staat als direkten Angriff und reagierte entsprechend darauf. Das Symbol dieser neuen Bewegung entwickelte der sächsische Landesjugendpfarrer Harald Bretschneider, der zur ersten Friedensdekade Lesezeichen mit dem Symbol drucken ließ. Nachdem das Zeichen "Schwerter zu Pflugscharen" 1982 von den Behörden verboten worden war, verbreiteten auf Initiative von Pfarrer Christoph Wonneberger junge Pazifisten im gleichen Jahr anlässlich der Friedensdekade einen neuen Aufnäher. Unter dem Motto "Hilfsbereit statt wehrbereit" forderten Friedensaktivisten in der DDR die Einführung eines sozialen Friedensdienstes als Alternative zum Wehrdienst. Zu den Friedensdekaden gab der Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR auch Materialien für die kirchliche Arbeit heraus.

Für viele DDR-Bürger wurde der Gegensatz zwischen der offiziellen Propaganda als "Friedensstaat" und der Militarisierung der Gesellschaft immer unerträglicher. Sichtbarer Ausdruck der Militarisierung war die Einführung eines obligatorischen Wehrkundeunterrichts für die 9. und 10. Klassen im Jahr 1978. Schon Kinder und Jugendliche erlernten in der DDR den Umgang mit Schutzmaske und Waffe. Im Rahmen der von der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) organisierten vormilitärischen Ausbildung bzw. im Lehrgang "Zivilverteidigung" (vorwiegend Mädchen nahmen daran teil) als Teil der allgemeinen Wehrerziehung, wurden sie mit den Schutzmöglichkeiten bei einem Einsatz von Massenvernichtungsmitteln vertraut gemacht. Auch später an den Berufsschulen, Hoch- und Fachschulen und Universitäten war Wehrertüchtigung weiterhin Pflicht. Auf dieser Militarisierung der Gesellschaft aufbauend, war es auch für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nicht schwierig geeigneten Nachwuchs für den dreijährigen Wehrdienst im MfS eigenen Wachregiment zu finden. Viele wechselten danach von dort als hauptamtliche Stasi-Offiziere auf Lebenszeit in das MfS.


Sammlung: Sonstiges
Datierung: 1980er Jahre
Hersteller: Harald Bretschneider, Druckerei Abraham Dürninger
Maße: Tuch: Breite: 73 mm; Länge: 82 mm;
Symbol: Durchmesser: 60 mm
Material: Vlies
Farbe: Aufdruck: braun, rot, blau,
Tuch: weiß
Verwendung: Protest und Demonstrationen, Kennzeichnung




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ausgedruckt am 16.04.2024