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Inventar-Nr: 15437
Objekt: Aktenkoffer


Aktenkoffer mit versteckter Kleinbildkamera Robot Star 50

Der schwarze Aktenkoffer aus Kunstleder ist nur von außen gewöhnlich: Innen ist eine Kamera Robot Star 50 mit einem Infrarot-Blitzlichtgerät (IR-Blitz) vom Typ "elgapress" eingebaut, so dass der Koffer vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zum "konspirativen Fotografieren" genutzt werden konnte. Solch ein Koffer der als Tarnung diente wurde im Stasi-Jargon auch als "Fotomaske" bezeichnet. Die Kamera wie auch die anderen Bauteile sind an Einbauhalterungen angeschraubt - die innen am Kofferdeckel angebracht sind - oder, wie die Blitzlampe "G 22022" direkt am Kofferdeckel befestigt. Neben der Kamera, deren Objektiv hinter dem Schmuckaufsatz des Kofferverschlusses steckt, befindet sich ein elektrischer Auslöser. Die elektrische Verbindung mit der Kamera erfolgt mit Hilfe eines blauen Synchron- bzw. Blitzlichtkabels, dessen Stecker an der Kamera angesteckt wird. In dem Generatorteil des Elektronenblitzgerätes (das Batterieteil fehlt) befinden sich alle für die Energiespeicherung erforderlichen Bauelemente. Die Übertragung der für den Blitz notwendigen Energie erfolgt über eine schwarze Wendelschnur (Energiekabel) - die aus der Griff-Halterung der Blitzlampe herausführt - deren Stecker an der Buchse des Generatorteils angeschlossen wird. Über zwei Mikrotaster die unten links und rechts an der Schmalseite des Kofferbodens eingebaut sind wird das "Gerät" in Betrieb genommen. Zwei grüne Abdeckungen mit den Aufschriften "E" und "A" schützen die empfindlichen Schalter vor Beschädigungen. An der Kofferinnenseite verläuft ein Kabel bis zum Griff in dem sich ebenfalls zwei Mikrotaster befinden. Somit konnte je nach Trageweise der Fotografiervorgang mit der linken oder rechten Hand ausglöst werden (vgl. einen weiteren Aktenkoffer mit versteckter Robot-Kamera).

Die westdeutsche Robot Star 50, die ab 1969 gebaut wurde, konnte durch den Federmotor 50 Aufnahmen hintereinander machen. Das abgebildete Exemplar wurde vom "Operativ-technischen Sektor" (OTS) des MfS mit einem Fliehkraftregler aus einer Telefonwählscheibe umgebaut, um die beim Filmtransport entstehenden Geräusche zu mindern. Zwar setzte das MfS für die konspirative Fotografie auch andere Kameras wie z.B. die schweizer Tessina und die russische F 21 ein, doch am besten waren die Robot-Kameras geeignet. Da diese jedoch Devisen kosteten, versuchte das MfS in den 1970er Jahren mit den selbst entwickelten Halbformatkameras HFK einen Ersatz zu schaffen, der jedoch nie adäquat gelang.

Verantwortlich für den auftragsgebundenen konspirativen Einsatz operativ-technischer Mittel und Methoden im MfS war die Abteilung 26, in deren Zuständigkeitsbereich unter anderem auch die Telefonüberwachung, der Einbau von Abhörtechnik und "Wanzen" sowie die Videoüberwachung in Räumen fiel. "Ausstatter" für derartige technische Ausrüstung innerhalb des Ministeriums für Staatssicherheit war der OTS, der Kameras in die unterschiedlichsten Behältnisse einbaute, z.B. in Zigarettenetuis, Einkaufsbeutel und sogar in falsche Bäuche. In den meisten Fällen fertigte die Abteilung von den Masken und Modellen jedoch nur Einzelstücke - eine Serienproduktion hätte die Tarnung gefährdet. Eingesetzt wurden die Kameras vor allem von den Mitarbeitern der Abteilung VIII (Beobachtung / Ermittlung) bei der konspirativen Beobachtung.


Sammlung: Film und Fotografie
Datierung: 1970, 1970er/80er Jahre, 10.1970
Hersteller: Robot Foto & Electronic GmbH, Schneider-Werke Kreuznach, Ministerium für Staatssicherheit, VEB Elgawa Plauen
Maße: Koffer: Breite: 48 cm; Höhe: 10 cm; Tiefe: 35 cm
Material: Koffer: Kunstleder, Holz, Metall,
Kamera: Metall, Glas, Kunststoff,
Polster: Schaumstoff,
Blitzgerät: Kunststoff,
Lampe: Glas,
Koffer: Pappe
Farbe: Koffer: schwarz,
Kamera: schwarz, silber,
Polster: gelb, grau,
Lampe: rotbraun,
Blitzgerät: hellgrau
Verwendung: Konspiratives Fotografieren von Personen und Situationen





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ausgedruckt am 19.04.2024