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Inventar-Nr: 17486
Objekt: Handzettel


Flugblatt der Demokratie-Initiative 90 mit ergänzenden Bemerkungen zur Unterschriftensammlung für eine Aufnahme der Volksgesetzgebung in die Verfassung und für einen direktdemokratischen Weg zur Erarbeitung der Verfassung

Auf diesem Flugblatt informierte die "Demokratie-Initiative 90" - Sektion DDR über die Weiterführung ihrer von Leipzig aus am 15. Januar 1990 gestarteten landesweiten Unterschriftensammlung für eine Eingabe an die Volkskammer der DDR. Diese sollte ursprünglich bereits Ende März 1990 abgeschlossen sein. In ihrem Aufruf wurde zum 7. Oktober 1990 ein "Volksentscheid über die Aufnahme der Volksgesetzgebung in die Verfassung und das Recht des Volkes, seine neue Verfassung selbst zu erarbeiten und zu beschließen" gefordert. Aufgrund einschneidender politischer Ereignisse im Frühjahr 1990 und den sich nunmehr abzeichnenden Weg zur deutschen Einheit änderte sich der Aufruf aber hinsichtlich der genannten Termine - Abschluss der Unterschriftensammlung Ende März 1990 und Volksentscheid über die unterbreiteten Vorschläge für den 7. Oktober 1990 - sowie im zweiten Punkt der Forderung ("Der demokratische Weg zur neuen Verfassung"). Davon wurden die Bürger in diesem Flugblatt ebenfalls informiert. Ursprünglich sah der zweite Punkt vor, die Deutsche Demokratische Republik (DDR) auf dem Fundament der Volkssouveränität mit einer neuen Verfassung neu zu begründen. Nunmehr richtete sich die Forderung der Initiativbewegung aber auf die "Erarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung" (gemäß Grundgesetz der BRD Artikel 146) unter gesellschaftlicher Beteiligung. Am 31. Mai 1990 wurden die gesammelten Unterschriften der Volkskammer übergeben. Der von der Demokratie-Initiative 90 aus der Idee der "dreistufigen Volksgesetzgebung" entwickelte Vorschlag für ein entsprechendes Verfahren zur Erarbeitung einer neuen Verfassung und deren plebiszitären Beschluss fand jedoch vor den ersten gesamtdeutschen Wahlen (2. Dezember 1990) weder in der Volkskammer noch im Bundestag der BRD größere Beachtung.

Das überparteiliche Projekt "Demokratie-Initiative 90" entstand am 1. Januar 1990 während einer Konferenz um die Jahreswende 1989/90 im internationalen Kulturzentrum Achberg, an der Teilnehmer aus Ungarn, der DDR, der Schweiz, der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und Österreich teilnahmen. Deren DDR-Sektion startete von Leipzig aus mit der Unterschriftensammlung.

Im Frühjahr 1990 stand die Vollendung der Deutschen Einheit als politisches Ziel nicht mehr grundsätzlich in Frage. Offen war aber noch, auf welchem Weg und in welchem Zeitraum sie verwirklicht werden würde. Kritiker warnten wiederholt vor nationalem Überschwang und ungehemmten Sozialabbau. Auch die Bundesregierung hatte zunächst auf einen längeren Prozess der Annäherung gesetzt. Die wichtigsten Impulse für eine schnelle Wiedervereinigung gingen von den Straßen der DDR aus. Viele Menschen sahen die rasche Vereinigung als Weg zum Erlangen von schnellen Wohlstand und Demokratie an. Nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland konnte die Einheit einerseits durch die Verabschiedung einer neuen gemeinsamen Verfassung (Artikel 146) hergestellt werden. Andererseits konnte die DDR der Bundesrepublik beitreten (Artikel 23). Die Bundesregierung von Kanzler Helmut Kohl favorisierte schnell letztere Lösung. Mit dem Wahlsieg der "Allianz für Deutschland" bei den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 war deutlich geworden, dass auch die Mehrheit der Ostdeutschen diesen Weg bevorzugte.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 1990
Hersteller: Demokratie-Initiative 90
Maße: Breite: 14,8 cm; Länge: 21 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: beige,
Aufdruck: schwarz
Verwendung: Information, Protest und Demonstrationen





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ausgedruckt am 28.03.2024