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Inventar-Nr: 17590
Objekt: Handzettel


Wahlflugblatt des Kandidaten der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands und Bewerbers für das Amt des Oberbürgermeisters in Leipzig Dr. Klaus-Ewald Holst "Leipzig braucht einen neuen Oberbürgermeister!!"

Mit diesem Flugblatt warb der Kreisverband Leipzig-Stadt der LDPD für ihren Kandidaten Dr. Klaus-Ewald Holst, der sich am 26. Januar 1990 für das Amt des Oberbürgermeisters von Leipzig zur Wahl stellen wollte. Die geplante Oberbürgermeisterwahl wurde aber auf Verlangen des Runden Tisches der Stadt Leipzig (RTSL) ausgesetzt, da die Stadtverordnetenversammlung (SVV) wegen der nachgewiesenen Wahlfälschung bei den Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht demokratisch legitimiert war. Als Konsequenz der Wahlfälschung löste sich die SVV Leipzigs nach einer kontroversen Debatte am 26. Januar 1990 selbst auf.

Im Januar 1990 zeichnete sich ab, dass die Stadtregierung nicht mehr ohne Hilfe funktionierte. Nachdem der Runde Tisch der Stadt nach mehreren Treffen im November 1989 durch die Bildung des Bürgerkomitees der Stadt Leipzig aufgelöst wurde, wurden Vertreter der neuen Parteien und Bürgerbewegungen vom Rat der Stadt erneut zu Gesprächen eingeladen. Superintendent Friedrich Magirius übernahm die Moderation der Runden Tische der Stadt Leipzig (RTSL), die ihre Aufgabe darin sahen, bis zu freien Wahlen "das alltägliche Leben abzusichern und die Lebensfähigkeit des Gemeinwesens zu gewährleisten." Am 3. Januar 1990 fand ein erstes Beratungsgespräch statt, bei dem auch zwei Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters vorgestellt wurden - Günter Hädrich von der SED-PDS und Dr. Holst von der LDPD. Am 17. Januar trat der RTSL zur nächsten Sitzung zusammen, an der 30 Parteien und Gruppierungen teilnahmen. Der Oberbürgermeister, 12 Parteien sowie der Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD) und die Fraueninitiative Leipzig erhielten Stimmrecht. Nachdem die Macht der SED erschüttert war, kam auch der Wahlbetrug offen zur Sprache. Der amtierende Bürgermeister Günter Hädrich informierte auf einer Sondersitzung den RTSL am 23. Januar über die Fälschung der Kommunalwahl im Vorjahr und die eingeleiteten Ermittlungsverfahren, u.a. gegen den in Untersuchungshaft sitzenden damaligen Oberbürgermeister Bernd Seidel. Einen Tag später wurde auch der 1. Sekretär der SED-Stadtleitung, Joachim Prag, verhaftet. Trotz der offiziell bestätigten Wahlfälschung sprachen sich die Mitglieder des RTSL im Interesse der Regierbarkeit der Stadt gegen eine Auflösung der Stadtverordnetenversammlung (SVV) aus. Hädrich trennte sich von der SED-PDS. Die Wahlbetrugsvorwürfe wurden aber innerhalb der nächsten Woche so bedrückend, dass sich die SVV am 26. Januar auflösen musste, da die Legitimation des Gremiums fehlte. Vertreter des RTSL übernahmen die Funktionen und der Runde Tisch war somit nicht nur Legislative sondern auch Exekutive der Stadt (auf kommunaler Ebene). Diese Funktion behielt er bis zu den Kommunalwahlen im Mai bei.

Die 1945 als vierte - und zunächst unabhängige - politische Kraft (neben KPD, SPD und CDU) in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) gegründete LDPD wurde - wie alle Parteien in der DDR - in die Nationale Front gezwungen und musste sich als Blockpartei der SED unterordnen. Mit Beginn der "Wende" versuchte sich die LDPD von der SED zu distanzieren und sich in der Rolle als Vorreiterin von Reformbestrebungen unter den Blockparteien und als neue liberal-demokratische Partei zu präsentieren. Eine grundlegende Erneuerung der Partei erfolgte aber erst ab Februar 1990, als sie sich in LDP umbenannte und vor den ersten freien Wahlen zur Volkskammer der DDR am 18. März 1990 dem Wahlbündnis "Bund Freier Demokraten" beitrat. Später ging sie in der gesamtdeutschen FDP auf.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 26.01.1990
Hersteller: Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD), Kreisverband Leipzig-Stadt
Maße: Breite: 14,9 cm; Länge: 20,9 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: gelb,
Aufdruck: dunkelblau
Verwendung: Information, Wahlwerbung




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ausgedruckt am 29.03.2024