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Inventar-Nr: 17603
Objekt: Plakat


Protestplakat "Freiheit für die 10 Inhaftierten"

Das handgemalte Plakat mit der dreizeilige Aufschrift "FREIHEIT / FÜR DIE 10 / INHAFTIERTEN" hing an einem Fenster der Leipziger Nikolaikirche zur mahnenden Erinnerung an die Inhaftierten vom 11. September 1989. Gemalt auf dünnem Karton zeigt es eine Taube hinter Gittern. Nach den Verhaftungen im September 1989 schmückten Bürger jeden Tag die Fenster der Kirche mit Blumen, kleinen Plakaten und Solidaritätsbekundungen und zeigten damit ihre Sympathie mit den Inhaftierten. Am nächsten Morgen waren sie immer wieder von Mitarbeitern der Leipziger Staatssicherheit abgerissen.

Im September 1989 wuchs in der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die Bereitschaft zum offenen Widerspruch gegen das SED-Regime. Leipzig und seine montäglichen Friedensgebete wurden zum Zentrum des Protestes. Während die Staatsmacht am Messemontag, dem 4. September 1989 noch zurückhaltend reagierte, machte sie danach unmissverständlich klar, dass für sie die Grenze der Toleranz erreicht sei. Auf eine erneute "Provokation" sollte mit Härte reagiert werden. Entsprechend massiv war das Vorgehen von Volkspolizei (VP) und Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gegen die etwa 1.000 Friedensgebetbesucher am 11. September 1989. Polizeiketten räumten nach dem Friedensgebet den Nikolaikirchhof und verhafteten Personen, die den Vorplatz der Kirche nicht umgehend verlassen hatten. Unter Gewalteinsatz wurden 89 Personen festgenommen. 22 von Ihnen erhielten empfindliche Geldstrafen zwischen 1.000 und 5.000 (DDR-)Mark, gegen 19 wurde Haftbefehl erlassen. Sie kamen erst nach dem 13. Oktober 1989 wieder frei. Über innerkirchliche Samisdatschriften wurden Informationen zu den Verhaftungen verbreitet. Sie lösten DDR-weit Solidaritätsaktionen aus. Auch in Leipziger Kirchen fanden täglich Fürbittandachten statt. Eine Koordinierungsgruppe (in der sich beispielsweise auch Gesine Oltmanns engagierte) verteilte Informationen, machte die Verhaftungen öffentlich und berichtete über die aktuelle Entwicklung. So wuchs in der Bevölkerung zunehmend die Solidarität mit den Protestierenden in Leipzig. Dies motivierte in der Folgezeit auch Menschen in anderen Orten zu eigenen Aktionen. Von Bürgerrechtlern informiert, berichteten auch die Medien in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) über die Verhaftungen in Leipzig und die Solidarität in der DDR. Das massive Vorgehen gegen die Friedensgebetbesucher am 11. September 1989 bewirkte das Gegenteil dessen, was sich die SED-Führung erhofft hatte. In der nächsten Woche kamen bereits mehr als 1.500 Menschen in die Nikolaikirche.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: ab 12.09.1989, 11.09.1989
Hersteller: unbekannt
Maße: Breite: 29,6 cm; Länge: 41,8 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Zeichnung: schwarz,
Aufschrift: rot
Verwendung: Protest und Demonstrationen




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ausgedruckt am 28.03.2024