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Inventar-Nr: 17834
Objekt: Schablone


Pelikan spirit carbon sets U 21 S

Originalkarton mit unbenutzten Spirit-Carbon-Sätzen der Marke Pelikan zur Herstellung einfacher Druckerzeugnisse im "Spiritus-Umdruck-Verfahren" (Ormig-Vervielfältigung). Die einzelnen Sets, die der Herstellung einer abfärbenden Umdruckvorlage - der Matrize - dienen, bestehen aus drei Lagen: einem mit einer Gelatinemischung beschichteten Kunstdruckpapier, einer speziell beschichteten Folie - dem Spirit-Carbon Papier (Farbpapier) - und einer Zwischenlage die vor dem Beschriften der Matrize herausgetrennt wird. Im Gegensatz zum verwandten Vervielfältigungsverfahren auf Schablonenbasis wird bei diesem, auch als Hektographie bezeichneten Umdruckverfahren, keine zusätzliche Druckfarbe benötigt. Die beschriftete Matrize, die auf die Trommel von zumeist kurbelbetriebenen "Spritumdruckern" aufgespannt werden muss, verliert aber sehr schnell an Farbe, so dass nur sehr wenige Kopien (50 bis 200) angefertigt werden können, die sich allerdings durch ein minderwertiges und meist violettes Druckbild auszeichnen. Vor allem kleinere oppositionelle Gruppen griffen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auf die Ormig-Vervielfältigung zurück.

In der DDR waren Vervielfältigungsgeräte äußerst selten, der private und unkontrollierte Besitz einer solchen Maschine daher fast unmöglich und verboten. Jegliches Drucken, selbst von persönlichem Briefpapier, war in der DDR nur mit einer staatlichen Druckgenehmigung erlaubt. Neben der staatlichen Verwaltung und einigen Betrieben durften lediglich kirchliche Einrichtungen für den "innerkirchlichen Dienstgebrauch" eigene "Druckmaschinen" besitzen. Zum Teil stellten sie diese den Bürgerrechtlern für ihre Arbeit zur Verfügung. Zahlreiche Schriften der oppositionellen Untergrundliteratur - der Samisdat - entstanden daher unter dem Dach der Kirche. Es existierten daneben aber auch einige wenige nicht registrierte, also illegale Geräte, auf denen u.a. auch Flugblätter, Aufrufe und Handzettel kopiert wurden. Weiterhin war man aber auch auf Schreibmaschinen-Durchschläge, Fotoabzüge oder Siebdruck angewiesen. Das benötigte Material (Druckfarbe sowie Schablonen und Matrizen) musste überwiegend aus dem "Westen" organisiert werden. Auch die Beschaffung des Papiers war in der Mangelwirtschaft der DDR ein Problem. Für die Druckvorlagen wurden die Texte mit Schreibmaschine oder von Hand auf die Schablonen und Matrizen geschrieben. Die Vervielfältigungsgeräte waren meist mit einer Handkurbel zu bedienen, modernere Geräte verfügten über einen Elektroantrieb.

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beobachtete und verfolgte intensiv die Herstellung und Verbreitung der im Selbstverlag und an der staatlichen Zensur vorbei erschienenen Schriften (vgl. Linie XX). Durch massiven Druck auf die Kirche und durch eingeschleuste Inoffizielle Mitarbeiter (IM) in den Oppositionsgruppen versuchte sie das Erscheinen von unliebsamen Publikationen zu verhindern oder aber den Inhalt weitestgehend politisch zu "entschärfen". Brachte dies keinen Erfolg wurden auch Ordnungsstrafverfahren oder "Zersetzungsmaßnahmen" gegen Redaktionsmitarbeiter eingeleitet. Oft, so z.B. im Fall der Durchsuchung der Umwelt-Bibliothek im November 1987 durch die Staatssicherheit, kam es auch zu Verhaftungen und zur Beschlagnahmung der Druckmaschinen und Druckmaterialien. Gleiches geschah auch, wenn die Stasi der Hersteller und Verteiler illegaler Flugblätter habhaft wurde.


Sammlung: Technisches Gerät
Datierung: 1980er Jahre
Hersteller: Pelikan AG
Maße: Schachtel: Höhe: 1,5 cm; Breite: 22,5 cm; Länge: 34 cm
Material: Schachtel: Pappe,
Schablone: Papier, Kunststoff
Farbe: Schachtel: weiß,
Aufdruck: grün, violett
Verwendung: Vervielfältigen von Schriftstücken und Flugblättern





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ausgedruckt am 29.03.2024