Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 20000
Objekt: Kollermasse


Kollermasse aus vernichteten Akten

Diese erdähnlichen Klumpen sind alles, was von vielen hoch brisanten Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) übrig blieb. Es handelt sich um so genannte "Kollermasse" - einem Gemisch aus gemahlenem Papier und Wasser, das als "Sekundärrohstoff" weiter verwendet werden konnte.

Als sich im Oktober und November 1989 abzeichnete, dass sich der Volkszorn nicht nur gegen die Staats- und Parteiführung der DDR, sondern insbesondere auch gegen das Ministerium für Staatssicherheit richtete, begannen die Mitarbeiter des MfS umgehend mit der massenhaften Vernichtung des Aktenmaterials (in Leipzig nachweislich ab dem 17. November 1989). Einst gesammelt, um andere zu belasten, waren die Akten für die Stasi jetzt selbst zur Belastung geworden, weil sie detailliert festhielten, mit welchen Methoden und in welchem Ausmaß das Ministerium jahrelang gegen die eigene Bevölkerung gearbeitet hatte. Während einige Kreisdienststellen ihre Akten hastig auf öffentlichen Mülldeponien verbrannten, hatten die Mitarbeiter in der "Runden Ecke", der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS), die Möglichkeit, Akten direkt im Hof der Bezirksverwaltung zu vernichten, wo in einer der Garagen ein motorbetriebener Feuchtschredder ("Kollermaschine") stand. Die Akten wurden in einem Mahlwerk zerkleinert und mit Wasser vermischt, so dass am Ende nur Berge dieser "Kollermasse" übrig blieben. Diese Vernichtungsmethode reichte für die großen Aktenberge aber nicht aus, so dass weitere Schredder zum Einsatz kamen, oder das Papier einfach zerrissen wurde.

Die Aktenvernichtung, die letztendlich auch in Leipzig der Auslöser für die Besetzung der MfS-Bezirksverwaltung am 4. Dezember 1989 war, konnte erst durch den mutigen Einsatz von eilig gegründeten Bürgerkomitees gestoppt werden (z.B. dem Bürgerkomitee Leipzig). Zwar gelang es dem MfS, viele Akten der Öffentlichkeit für immer zu entziehen (z.B. fast sämtliche Akten der Hauptverwaltung Aufklärung), doch ein Großteil konnte "gerettet" werden: Nach Schätzungen der Bundesbeauftragen für die Stasiunterlagen beläuft sich das schriftliche "Erbe" des MfS heute auf 176 Kilometer Schriftgut, darunter 41 Mio. Karteikarten.


Sammlung: Verschiedenes
Datierung: 1989
Hersteller: Ministerium für Staatssicherheit
Material: Papier, Fett
Farbe: weiß, grau, braun
Verwendung: Vernichten von Akten





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ausgedruckt am 28.03.2024