Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 06853
Objekt: Transparent


Transparent "SIE lebt noch!"

Das weiße Stofftransparent mit der schwarz gemalten zweizeiligen Aufschrift "SIE lebt noch!" und der farbigen Zeichnung eines siebenköpfigen Ungeheuers, der das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit (MfS) - kurz "Stasi" - darstellen soll, wurde auf der Kundgebung am 29. März 1990 in Leipzig getragen. Die Teilnehmer bekundeten an diesem Tag ihren Willen für eine Volkskammer ohne Abgeordnete mit Stasi-Vergangenheit. Die Darstellung auf dem Transparent steht sinnbildlich für das Imperium Staatssicherheit - ein schreckliches Ungeheuer das seine Bevölkerung jahrelang einschüchterte, unterdrückte und überwachte. Die zahlreichen Köpfe stehen für einige der technischen Methoden, deren sich die Stasi dabei bediente - der Videoüberwachung, dem heimlichen Mithören von Telefongesprächen oder dem Belauschen durch den Einsatz von "Wanzen". Gleichzeitig drückt die Darstellung aber auch eine begründete Sorge vieler Bürger aus. Trotz einiger abgeschlagener Köpfe - die Stasi war immer noch allgegenwärtig. Auch wenn der Sicherheitsapparat zerschlagen war, viele der für das ehemalige MfS tätigen Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) hatten sich nach Überwindung des totalitären Systems in der neu gewonnenen Demokratie wichtige [politische] Positionen sichern können. Somit bestanden auch weiterhin die Möglichkeit und die Gefahr, dass Stasi-belastete Personen unbeaufsichtigten und unkontrollierten Zugang zu Akten und Unterlagen erhalten konnten.

Am 29. März 1990, einige Tage nach den ersten freien, demokratischen und geheimen Wahlen zur Volkskammer in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), fand wieder eine Sitzung des "Runden Tisches" des Bezirkes Leipzig statt. Auf dieser wurde am Anfang über die Volkskammerwahl berichtet. Im Anschluss daran brachte das Bürgerkomitee Leipzig einen Antrag ein, "dass der Runde Tisch sich mit dem Votum an die Volkskammer wenden solle, alle Abgeordneten mögen sich auf eine eventuelle Mitarbeit bei der Staatssicherheit hin überprüfen lassen." Dieser wurde dann auch einstimmig angenommen. Um diesem Anliegen noch einmal Nachdruck zu verleihen rief das Bürgerkomitee an diesem Tag zu einer Kundgebung auf dem Karl-Marx-Platz (heute Augustusplatz) auf. Etwa 10.000 Bürger folgten diesem Aufruf. Auf der Kundgebung und der anschließenden Demonstration um den Leipziger Ring forderten die Bürger eine politisch saubere Volkskammer ohne Volksvertreter mit Stasi-Vergangenheit. Sprecher des Neuen Forums, der Initiative Frieden und Menschenrechte sowie des Bürgerkomitees waren sich darin einig, das eine Überprüfung der Abgeordneten auf eine frühere MfS-Mit- bzw. Zusammenarbeit notwendig sei als Voraussetzung für das zukünftige Vertrauen in die neue Regierung. Während der Kundgebung wurde auch mit der Unterschriftensammlung "Keine Stasi in der Volkskammer!" begonnen, eine Forderung die 5.356 Bürger mit ihrer Unterschrift bis Ende April 1990 unterstützten.


Sammlung: Transparente
Datierung: ab 11.1989, 29.03.1990
Hersteller: Stefan Hüneburg
Maße: Länge: 124,5 cm; Breite: 142 cm
Material: Baumwolle
Farbe: Zeichnung: mehrfarbig,
Aufschrift: schwarz,
Tuch: weiß
Verwendung: Protest und Demonstrationen








IMPRESSUM   |   DRUCKEN