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Inventar-Nr: 17085
Objekt: Transparent


Transparent "HELDENSTADT LEIPZIG"

Das weiße Stofftransparent mit der hellgrün gemalten zweizeiligen Aufschrift "HELDENSTADT LEIPZIG" - die Buchstaben sind violett umrandet - überreichte ein Ost-Berliner Ehepaar einem Leipziger während eines Studientreffens im November 1989 in Leipzig. Mit diesem Geschenk wurde die Rolle Leipzigs während der Friedlichen Revolution im Herbst ´89 gewürdigt. Insbesondere der Mut der Leipziger am "Tag der Entscheidung", am 9. Oktober 1989, als ein entscheidender Sieg über das SED-Regime errungen wurde, brachte Leipzig den Ruf der "Heldenstadt" ein. An diesem Tag wagten sich trotz der massiven Drohungen der SED-Führung mit einer "chinesischen Lösung" 70.000 Menschen nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche auf die Straße, um friedlich auf dem Leipziger Ring zu demonstrieren. Angesichts dieser friedfertig demonstrierenden Masse wagte es die SED-Spitze nicht Gewalt anzuwenden, die bereitstehenden Polizeikräfte und NVA-Einheiten sowie die mobilisierten Kampfgruppeneinheiten griffen nicht ein und mussten sich zurückziehen.

Die Bezeichnung "Heldenstadt" für Leipzig wurde vor allem auf Anregung des Schriftstellers Christoph Hein aufgegriffen. Dieser hielt am 4. November 1989 auf der Abschlussveranstaltung nach der bis dahin größten Massendemonstration in der Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz eine Rede, in der er vorschlug, Leipzig zur Heldenstadt zu ernennen. Die Großdemonstration an der mehr als eine halbe Million Menschen teilgenommen hatten, war von Künstlern initiiert, offiziell beantragt und genehmigt worden. Auch das DDR-Fernsehen berichtete live. Neben Hein sprachen auf der Abschlussveranstaltung u.a. auch die Schriftsteller/in Christa Wolf und Stefan Heym sowie die Schauspieler/in Steffi Spira und Ulrich Mühe. Weitere Redner wie der als "Wendehals" beschimpfte Vorsitzende der LDPD Manfred Gerlach oder der frühere Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) und stellvertretende Minister für Staatssicherheit Markus Wolf stießen auf starke Vorbehalte und Ablehnung. Vor allem der Berliner SED-Generalsekretär Günter Schabowski wurde während seiner Rede mehrfach ausgepfiffen.

Auszug aus der Rede von Christoph Hein:
"[...] Und noch ein Wort. Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter. Offenbar glauben viele, die Veränderungen in der DDR sind schon erfolgreich, denn es melden sich jetzt viele Väter dieses Erfolgs, merkwürdige Väter. Bis hoch in die Spitzen des Staates. Aber ich denke, unser Gedächtnis ist nicht so schlecht, dass wir nicht wissen, wer damit begann, die übermächtigen Strukturen aufzubrechen, wer den Schlaf der Vernunft beendete. Es war die Vernunft der Straße, die Demonstrationen des Volkes. Ohne diese Demonstrationen wäre die Regierung nicht verändert worden, könnte die Arbeit, die gerade beginnt, nicht erfolgen. Und da ist an erster Stelle Leipzig zu nennen. Ich meine, der Oberbürgermeister unserer Stadt sollte im Namen der Bürger Berlins, da wir alle mal hier zusammenstehen, dem Staatsrat und der Volkskammer vorschlagen, die Stadt Leipzig zur Heldenstadt der DDR zu ernennen. [...]"


Sammlung: Transparente
Datierung: 10.11.1989
Hersteller: unbekannt
Maße: Länge: 89 cm; Breite: 141 cm
Material: Baumwolle
Farbe: Aufschrift: violett, hellgrün,
Tuch: weiß
Verwendung: Erinnerung, Geschenk








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