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Inventar-Nr: 17470
Objekt: Handzettel


Wahlflugblatt des Bündnis 90 für die Kommunalwahlen 1990 in Leipzig "Was wird nach dem 6. Mai aus unserer Stadt?" (Kandidatenliste Leipzig-Grünau WK 3-8. Wahlkreis 10)

Das (kopierte) Flugblatt der Listenvereinigung "Bündnis 90" wurde vor den ersten freien und geheimen Kommunalwahlen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 6. Mai 1990 in Leipzig verteilt. Das Bündnis 90 existierte bereits seit Anfang Februar 1990 als Zusammenschluss der oppositionellen Bürgerrechtsgruppierungen Neues Forum, Demokratie Jetzt und Initiative Frieden und Menschenrechte, die gemeinsam zur Volkskammerwahl der DDR am 18. März 1990 antraten. Auf dem vorliegenden Wahlflugblatt stellte man die fünf zur Wahl stehenden Kandidaten des Bündnis 90 aus dem Wahlkreis 10 (Stadtbezirk West: Leipzig-Grünau) vor. Zwei von ihnen arbeiteten auch aktiv im Bürgerkomitee Leipzig zur Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) bzw. Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) mit. Das Bündnis 90 erreichte bei den Kommunalwahlen in Leipzig 7,51% und 10 Sitze in der Stadtverordnetenversammlung.

Nach den Wahlen zur Volkskammer am 18. März 1990 waren die oberste Volksvertretung und die Regierung der DDR hinreichend demokratisch legitimiert. Auf regionaler und kommunaler Ebene stand der Übergang zu demokratischen Strukturen, die den Bevölkerungswillen repräsentierten, noch aus. In vielen Orten der DDR hatten sich die aus der Friedlichen Revolution hervorgegangenen "Runden Tische" umfangreiche Mitspracherechte gesichert oder sogar wie in Leipzig legislative Funktionen erfüllt und damit direkt Macht ausgeübt. Nun sollten nur demokratisch gewählte Kommunalvertreter diese übernehmen. Die ein Jahr nach den gefälschten Kommunalwahlen abgehaltenen Wahlen am 6. Mai 1990 bestätigten DDR-weit weitestgehend die Ergebnisse der Volkskammerwahl. Mit etwa 80% war die Wahlbeteiligung auch wieder außerordentlich hoch (in Leipzig 70,33%). In Leipzig stellten sich dem Votum der Bürger 21 Parteien, politische Organisationen, Bürgerbewegungen und Listenvereinigungen sowie sechs Einzelkandidaten. Entgegen dem allgemeinen Trend in der DDR gewann in Leipzig der Kandidat der SPD die Abstimmung. Nach der Niederlage bei der Volkskammerwahl war die Leipziger SPD auf der Suche nach einem Hoffnungsträger. Hilfe kam aus der westdeutschen Partnerstadt Hannover. Deren langjähriger Oberstadtdirektor Dr. Hinrich Lehmann-Grube war, um kandidieren zu können, sogar kurzfristig DDR-Bürger geworden. Am 30. Mai 1990 konstituierte sich die neue Stadtverordnetenversammlung von Leipzig, Superintendent Friedrich Magirius wurde zum Stadtpräsidenten gewählt. Auf der zweiten Tagung der Stadtverordneten am 6. Juni 1990 wählte man Dr. Hinrich Lehmann-Grube mit 76% der abgegebenen Stimmen zum neuen Oberbürgermeister (vgl. unterschiedliche Wahlwerbung).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 06.05.1990
Hersteller: Bündnis 90
Maße: Breite: 21 cm; Länge: 29,7 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: schwarz
Verwendung: Information, Wahlwerbung









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