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Inventar-Nr: 17487
Objekt: Handzettel


Wahlflugblatt des Demokratischen Aufbruch für die Wahlen zur Volkskammer 1990 "Demokratischer Aufbruch. sozial und ökologisch"

Mit diesem Flugblatt warb der Demokratische Aufbruch (DA) vor den ersten freien Wahlen zur Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 18. März 1990 für Stimmen. Anfangs noch als oppositionelle Interessenvertretung verstandene Gruppierung (vgl. dazu die Vorläufige Grundsatzerklärung), gründete sich der DA am 16./17. Dezember 1989 in Leipzig, der Stadt der Friedlichen Revolution, als Partei. Mit der Verabschiedung seines Programms wandte sich der DA entschieden gegen weitere Sozialismusexperimente und vollzog den programmatischen Wandel zu sozialer Marktwirtschaft und deutscher Einheit. Aus pragmatischen Gründen schloss sich der DA im Februar 1990 dem bürgerlich-konservativen Wahlbündnis "Allianz für Deutschland" an. Bis zur Enttarnung seines Vorsitzenden Wolfgang Schnur als Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) galt der DA als aussichtreichste Partei aus der Bürgerbewegung. Nach der Enttarnung konnte sie jedoch kaum noch als unbelastete und neue Partei bei den Wählern punkten, so das sie bei den Wahlen DDR-weit nur 0,92% und in Leipzig-Stadt gerade einmal 0,87% erreichte (vgl. auch Wahlwerbung für die Kommunalwahlen 1990).

Seit Anfang 1990 wurden die Montagsdemonstrationen vermehrt als Wahlkampfbühne genutzt, wodurch sich deren Charakter veränderte. Zahlreiche bundesdeutsche Politiker traten im Wahlkampf auf und sprachen in Leipzig vor Zehntausenden (Willy Brandt (SPD) am 25. Februar, Helmut Schmidt (SPD) am 13. März, Helmut Kohl (CDU) am 14. März und Hans-Dietrich Genscher (FDP) am 16. März). Die bundesdeutschen Parteien unterstützten ihre Partner in der DDR massiv mit Geld und Materialien. Am 5. Februar 1990 forderten erneut ca. 100.000 Montagsdemonstranten die Deutsche Einheit und die Auflösung der ehemaligen SED, die sich nun nur noch PDS nannte (vgl. auch die Protestschilder gegen eine Wahl der SED-PDS). In den folgenden Wochen gingen die Teilnehmerzahlen an den Montagsdemonstrationen zurück. Am 12. und 19. Februar 1990 beteiligten sich jeweils etwa 50.000 Personen. Am 26. Februar und 5. März 1990 sank die Teilnehmerzahl auf 10.000 bis 15.000. Die Anhänger der in der Allianz für Deutschland zusammengeschlossenen Parteien bestimmten dabei zunehmend das Bild. Die Demokratisierung der Gesellschaft wurde in diesen Wochen von den Menschen in der DDR konsequent vorangetrieben. "Runde Tische" und Bürgerkomitees kontrollierten die nicht durch Wahlen legitimierte Macht und übernahmen diese teilweise selbst. Die Aufarbeitung ging unterdessen weiter. Vertreter des Bürgerkomitees sicherten zum Beispiel Akten der Abteilung Inneres des Rates des Bezirks Leipzig, um dessen Verflechtung mit der Stasi aufzudecken. Einen großen Stellenwert nahm die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ein. Es wurde öffentlich die Überprüfung der Wahlkandidaten auf Stasi-Mitarbeit gefordert. Die Arbeit des Leipziger Bürgerkomitees zur Auflösung der Staatssicherheit erhielt eine große Unterstützung aus der Bevölkerung. An der vorerst letzten Montagsdemonstration am 12. März 1990, sechs Tage vor der Volkskammerwahl, nahmen dann noch einmal rund 50.000 Personen teil. Zur Wahl waren 24 Parteien und Listenverbände zugelassen worden. Die Allianz für Deutschland gewann die Wahl mit über 48% überraschend deutlich (in Leipzig-Stadt 42,07%). Die Hauptinitiatoren der friedlichen Revolution, die Bürgerrechtsgruppierungen, gingen dagegen weitestgehend leer aus (vgl. unterschiedliche Wahlwerbung).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 18.03.1990
Hersteller: Demokratischer Aufbruch
Maße: Breite: 14,8 cm; Länge: 20,9 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: schwarz
Verwendung: Information, Wahlwerbung









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